Hamburger Mietenspiegel 2017: Mieten steigen langsam, aber sicher
Der neue Hamburger Mietenspiegel weist unverändert enorme Mietssteigerungen nach. Senat will Wohnungen bauen, Mietervereine fürchten Verdrängung.
Stapelfeldt hingegen verweist darauf, dass der Preisanstieg sich verlangsamt habe. Gegenüber dem Mietenspiegel 2015 seien die Mieten nur um 5,2 Prozent auf durchschnittlich 8,44 Euro pro Quadratmeter gestiegen, in den beiden Jahren davor habe der Anstieg noch 6,1 Prozent betragen. Das verstärkte Wohnungsbauprogramm des Senats seit 2011 habe zu dieser Abmilderung beigetragen, ist Stapelfeldt überzeugt, dennoch gebe es „eine anhaltend hohe Nachfrage und einen weiterhin dynamischen Wohnungsmarkt“.
Die Attraktivität Hamburgs sorge eben für einen ungebremsten Zuzug in die wachsende Stadt an der Elbe: „Es wird auch zukünftig unsere Aufgabe sein, für mehr bezahlbaren Wohnraum zu sorgen“, so die Senatorin: „Wir müssen unablässig bauen, damit Hamburg eine Stadt für alle bleiben kann.“
Denn eben daran zweifeln vor allem die beiden Hamburger Mietervereine. „Völlig losgelöst von den sonstigen Lebenshaltungskosten gestiegen“ seien die Mieten in den vergangenen Jahren, kritisiert Sylvia Sonnemann, Geschäftsführerin von Mieter helfen Mietern. „Keine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt“ sieht Cychla vom Mieterverein. Zwei bis drei Mal höher als der Verbraucherindex stiegen die Mieten in Hamburg unvermindert an; der Erhöhung um 5,2 Prozent seit 2015 steht eine allgemeine Inflationsrate von lediglich 1,7 Prozent gegenüber.
Mietervereine fordern 10.000 neue Wohnungen pro Jahr
Lediglich in Altbauten vor 1918 gibt es eine Konsolidierung der Preise, bisweilen gar einen leichten Rückgang, ebenso in den 80er-Jahre-Bauten. Vor allem in den Neubauten seit 2011 hingegen explodieren die Preise: Den höchsten Mittelwert weisen hier Singlewohnungen bis 40 Quadratmeter mit 17,08 Euro auf, den absoluten Höchstwert Luxusappartments über 130 Quadratmeter mit 20,69 Euro. Wer hier wohnen will, muss also mehr als 2.600 Euro im Monat zahlen können – ohne Nebenkosten.
Beide Mietervereine fordern deshalb vom rot-grünen Senat, mindestens 10.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen und dies „über Jahre zu verstetigen“. Zudem müsste die Mietpreisbremse weiter verschärft werden, im Mietenspiegel auch die geringeren Mieten der geförderten Genossenschaftswohnungen eingerechnet und die Verdrängung von Menschen aus günstigen Wohnungen durch soziale Erhaltungssatzungen für weitere Quartiere verhindert werden.
Der Hamburger Mietenspiegel wird alle zwei Jahre im Auftrag der Baubehörde erstellt.
Er dokumentiert die zum Stichtag 1. April tatsächlich gezahlten Mieten im freifinanzierten Wohnungsbestand.
Der Mietenspiegel mit Tiefst-, Mittel- und Höchstwerten für jede Bauklasse ist Grundlage und Rahmen für die Mietzahlungen.
Der aktuelle Mietenspiegel samt Onlinerechner ist zu finden auf www.hamburg.de/mietenspiegel.
Zudem befürchten sie unschöne Post zu Weihnachten. Ein Viertel der Hamburger Haushalte müsse jetzt mit einer Mieterhöhung unter Berufung auf den neuen Mietenspiegel rechnen. Ohne Rechtsberatung solle man diese aber nicht akzeptieren, raten die Mietervereine.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge