Hamburger Flughafen: Freiflugschein für Klimakiller
Hamburgs rot-grüner Senat weigert sich, den Luftverkehr in die Klimaschutzmaßnahmen der Stadt einzubeziehen.
Das passt. Obwohl der Flugverkehr einer der größten Verursacher von Klimagasen ist, ist dieser Zusammenhang auf der lokalen und politischen Agenda kein Thema. Das Luftverkehrskonzept der drei norddeutschen Flächenländer und der Hansestädte Bremen und Hamburg setzt auf ehrgeizige Wachstumsziele, das Wort „Klima“ aber taucht in dem Papier allerdings nur ein einziges Mal auf – in Bezug auf einen Forschungsauftrag.
Im Hamburger rot-grünen Koalitionsvertrag existiert zwar eine Passage zum Komplex Flughafen und Lärmschutz, auch darin aber findet sich kein einziger Satz zum Thema Flugverkehr und Klimaschutz. Und wer im Netz nach Initiativen des grünen Umweltsenators Jens Kerstan in Bezug auf den Flugverkehr sucht, findet nur das Bekenntnis des Politikers, dass er gerne und regelmäßig nach Mallorca fliege. „Der Luftverkehr wurde bislang von allen klimapolitischen Anstrengungen ausgenommen“, kritisiert der umweltpolitische Sprecher der Linken, Stephan Jersch.
„Wir haben als Landesparlament kaum Einflussmöglichkeiten, da sind der Bund und Europa gefragt“, begründet die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Sparr, das Fehlen des Themas in der politischen Debatte. Auch der Antrag der Linken biete „keine wirklich effektiven Maßnahmen“ zur Begrenzung des Flugverkehrs an. Die Linke hatte gefordert, den Klimaschutz zum „verbindlichen Bestandteil des Norddeutschen Luftverkehrskonzepts“ zu machen und gemäß der Hamburger Klimaziele die Emissionen des Luftverkehrs auf das Niveau von 1990 zurückzuführen.
Der Luftverkehr ist der Industriezweig mit dem am schnellsten wachsenden Schadstoffausstoß.
Der weltweite Kerosinverbrauch ist zwischen 2005 und 2018 um insgesamt 38,5 Prozent gestiegen – von 257 Milliarden auf 356 Milliarden Liter.
Auch wenn die Vorschläge der Linken aus Sicht der Grünen etwas wolkig bleiben, hätte die Partei den Antrag gern in den Umweltausschuss zur weiteren Diskussion überwiesen – scheiterte damit aber am Veto der SPD. Die sah den Antrag der Linken als „nicht zielführend an“. Sind aber nicht beide Regierungspartner für eine Überweisung, findet sie nicht statt.
Dass Hamburg nichts tun könne zur Reduktion der Flugverkehr-Emissionen, glauben die Umweltverbände nicht. „Die Bigotterie des Senats in dieser wichtigen Frage ist frappierend“, kommentiert der Sprecher des BUND-Arbeitskreises Luftverkehr, Martin Mosel, die rot-grüne Antragsblockade. Die Koalition habe „dem Hamburger Flughafen einen unbegrenzten Freiflugschein für den Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid“ gegeben.
Auch der BUND fordert eine schnelle Einbindung des Klimaschutzes in das Norddeutsche Luftverkehrskonzept. Laut dem Verband verursacht der Helmut-Schmidt-Airport jährlich zwei Millionen Tonnen CO2. Seit 2005 wuchs der luftverkehrsbedingte Treibhausgasausstoß in Hamburg um 16 Prozent – Tendenz steigend. Mosel wirft dem Senat vor, er befeuere „das Umherfliegen von und zum Helmut-Schmidt-Airport mit zahlreichen Wachstums- und Rabattprogrammen“ und habe seine Klimaziele dabei völlig aus dem Blick verloren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden