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„Hamburger Abendblatt“ korrigiert sichTschüß, wachsende Stadt!

Der Vize-Chefredakteur des „Hamburger Abendblatts „ hatte behauptet, die Wohnungsnot habe „fast nur“ mit der Zuwanderung zu tun. Jetzt hat er sich korrigiert.

Schuld an den hohen Mieten? Flüchtlinge leben in Containern in Bahrenfeld. Foto: dpa

Das Mantra von der „wachsenden Stadt“, geprägt vom CDU-Senat unter Ole von Beust, war in Hamburg lange unumstritten. Die SPD hatte es übernommen. Und nicht zuletzt das Hamburger Abendblatt hatte jeden Zuwachs bejubelt und nach dem baldigen Erreichen der Zwei-Millionen-Marke gelechzt. Endlich Weltstadt!

Doch nun ist Schluss mit lustig. Seit wieder Flüchtlinge in substanzieller Zahl kommen, ist das Boot wieder voll. Die waren nämlich nicht gemeint mit „wachsender Stadt“. Die neue Richtung hat der stellvertretende Chefredakteur Matthias Iken in seiner Kolumne über das „Ärgernis der Woche“ vorgegeben: Anlässlich der Demonstration „Mietenmove“ am vergangenen Samstag hatte er über den Hamburger Wohnungsmarkt geschrieben: „Die große Not (…) hat fast nur mit der Zuwanderung aus dem Ausland zu tun.“ Die Veranstalter der Demo zögen „heute gegen hohe Mieten zu Felde und sonst regelmäßig für offene Grenzen“.

Flüchtlingsfreunde mitschuldig an der Wohnungsnot?

Der Demo-Aufruf „Es ist unsere Stadt, und es muss etwas passieren“ sei „zugleich auf Arabisch, Bulgarisch, Dari, Englisch, Farsi, Französisch, Kurdisch, Russisch, Spanisch und Türkisch veröffentlicht“ mokierte sich Iken. „Unsere Stadt?“, fragte er. „Mit diesem Verständnis wird die Wohnungsnot weiter wachsen.“ „Unsere Stadt“ kann man eben nur auf Deutsch sagen, schwingt da mit. Wer das anders sieht, macht sich mitschuldig an der Wohnungsnot und hat zumindest das Recht verwirkt, dagegen auf die Straße zu gehen.

Nachdem die taz über die Passage berichtete, hat Iken einen halben Rückzieher gemacht: Statt den „Ausländern“ die ganze Schuld an steigenden Mieten in die Schuhe zu schieben, steht in der Online-Fassung nun nur noch, die Wohnungsnot habe „eben auch mit der Zuwanderung aus dem Ausland zu tun“. So gemeinplatzig wie unbestritten. Müssten wir nur noch klären, ob das mit der Idee von der wachsenden Stadt vereinbar ist.

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6 Kommentare

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  • Da könnte man ja schon fast von Lügenpresse schreiben, bei solch einem großen Schwachsinn. Nein, ich mache es trotzdem nicht. Es handelt sich halt nur um die ganz gewöhnliche Springer Hetze. Mal besonders niveaulos.

    Jeder der in Hamburg wohnt weiß wie lange das Wohnungsproblem da schon besteht und wie groß das Versagen der Politik dort diesbezüglich ist.

    Wenn da jetzt die rechten Springer Schreiber versuchen neueste Stadtgeschichte zu verfälschen, dürfte denen das wohl nicht gelingen. Zu dumm und offensichtlich ist der Versuch.

    • @Holger P:

      Ihre Mottenkiste in allen Ehren, aber das Abendblatt gehört jetzt schon seit vier Jahren nicht mehr dem geliebten Feind Springer-Verlag. Das Phänomen, das Iken beschreibt, hat Berlins Linke Bausenatorin Kathrin Lompscher für Berlin ganz ähnlich geschildert; Die Stadt wächst weiter. Aber fast vollständig nur durch Zuzug aus dem Ausland - Spanische Hipster inklusive. Für fast jeden Deutschen, der aus Schwaben zuzieht, wandert ein Berliner nach Brandenburg ab. Ob die Zahlen in HH in die gleiche Richtung gehen, oder Iken ein fieser Hetzer ist (wie Sie sagen), weiß ich nicht.

      • @AlexA:

        Das mit nicht mehr Springer stimmt natürlich, aber das Geschreibsel und die Ausrichtung sind die gleiche geblieben. Ist auch nicht verwunderlich, da die Personen ja die gleichen geblieben sind.

  • Herr Iken schreibt derzeit viel Unsinn.

    Ein weiteres Beispiel: https://www.abendblatt.de/meinung/article214527943/Die-Grosse-Freiheit-der-Gruenen-im-Rathaus.html

    Als ob das Fahrverbot in den zwei Strassen in der Ausgestaltung von Herrn Kerstan kommt und nicht vom Fahrverbotsgegner Olaf Scholz.Warum sollen den noch Fernwärmeleitungen nach Moorburg gebaut werden, wo es einen entsprechenden Volksentscheid gibt und Kohlekraftwerke in wenigen Jahren eh stillgelegt werden. Studenten WG's in Blankenese und vermögend ?

     

    Na ja, was will man vom Parteiorgan der HH CDU und rechter Sozis verlangen.

  • Das Hamburger Abendblatt hat seit 1998 ungefähr 130 tsd Leser verloren. Geht es in diesem Tempo so weiter ist die Auflage bald halbiert - und das ist gut so. Ist schon lustig zu sehen wie das Blatt mit jedem Jahr schlechter wird, eigentlich große Kunst...tja, alles endet mal, sh. Deutsche Bank.

    • @Hildebrand Felixflash:

      Jedes Printmedium hat in aehnlichem Umfang verloren.