Haltung junger Menschen zu Klimaschutz: Engagement trotz Pessimismus
Eine Umfrage zeigt, dass Klimaschutz jungen Menschen wichtig ist. Über die Klimabewegung sind sie sich jedoch uneinig.
Klima- und Umweltschutz finden junge Menschen zwar weniger relevant als soziale Gerechtigkeit und den Zustand des Bildungswesens; er landet aber immerhin auf Rang drei der Themen, die sie beschäftigen. Die Hälfte der Befragten hält Umwelt- und Klimaschutz für sehr wichtig, weitere 35 Prozent für eher wichtig. Die Umfrage fand allerdings im Sommer 2021 statt, Krieg und öffentliche Sicherheit dürften seitdem eine stärkere Rolle spielen.
Steffi Lemke, Bundesumweltministerin
Eigene Handlungsmöglichkeiten sehen die jungen Menschen neben der Plastik- und Autovermeidung, die etwa die Hälfte oft oder sehr oft praktiziert, im Kauf von Produkten aus biologischem Anbau oder aus fairem Handel. Etwa ein Drittel verzichtet oft oder sehr oft auf die Anschaffung neuer Konsumgüter, 30 Prozent essen oft oder sehr oft vegetarisch. Hier ist der Unterschied zwischen Frauen und Männern – nonbinäre Personen machten ein Prozent der Befragten aus – besonders auffällig: Während 39 Prozent der Teilnehmerinnen häufig auf tierische Produkte verzichten, sind es nur 21 Prozent der Teilnehmer. Nur ein Viertel der Befragten verzichtet oft aufs Fliegen, obwohl sie diese Maßnahme für die drittwichtigste zum Schutz des Klimas halten.
Ihr zivilgesellschaftliches Engagement beschränkt sich in vielen Fällen darauf, Onlinepetitionen zu unterschreiben und Beiträge auf den sozialen Medien zu teilen. Jede*r Vierte gibt an, schon einmal bei Blockaden oder Besetzungen mitgemacht zu haben. Beim Klimastreik haben sich 26 Prozent mindestens gelegentlich beteiligt, 59 Prozent dagegen noch nie.
Viele finden, das Engagement bringe nichts
Das ist vor allem aufgrund eines anderen Ergebnisses der Umfrage bemerkenswert: 80 Prozent der Befragten glauben, dass „junge Menschen viel erreichen können, wenn sie sich gemeinsam für Klimaschutz einsetzen“. Warum geht dann nur jede*r Siebte regelmäßig für Klima- und Umweltschutz auf die Straße? Nun, 41 Prozent ärgern sich darüber, dass Klimaschützer*innen ihnen vorschreiben wollen, wie sie zu leben haben. Ein Drittel meint, Klimaaktivist*innen verbreiteten vor allem übertriebene Panik. Und der womöglich wichtigste Grund: 41 Prozent finden, das Engagement junger Menschen habe dem Klimaschutz wenig gebracht. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sieht die Politik in der Pflicht, das zu ändern. „Die Jugend muss noch stärkeres Gehör bekommen“, sagte sie der taz. „Das verlangt die Generationengerechtigkeit.“
Besonderes Augenmerk legt die Studie darauf, wie junge Menschen die sozialen Medien nutzen. Dort sieht jede*r Vierte häufig Inhalte zu Umwelt, Klima oder Natur, seltener als Kultur, Fitness, Ernährung, Mode, Gleichberechtigung und Antirassismus. Das unterscheidet sich jedoch stark von Nutzer*in zu Nutzer*in: In ihrer Studie hat das Umweltbundesamt zwischen Idealist*innen, Pragmatiker*innen und Distanzierten unterschieden. Und die Idealist*innen, die sich stark über Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein definieren, sehen fast doppelt so oft Umwelt- und Klimaschutzthemen in ihren Feeds wie der Rest.
Obwohl sie so selten darüber lesen, gaben drei von vier Befragten an, ihre Informationen zu Umwelt und Klima vorrangig aus den sozialen Medien zu erhalten. Die Informationen stammen eher von Freund*innen, Blogger*innen und Influencer*innen als von Unternehmen, Medien oder Umweltschutzorganisationen. 23 Prozent bekommen dadurch den Eindruck, Klima und Umwelt seien keine großen Probleme.
Allerdings sagen genauso viele, dass Klimakrise und Umweltzerstörung ihnen Schlaf rauben und Schwierigkeiten dabei bereiten, ihr Leben zu genießen. 37 Prozent sorgen sich wegen Klimawandel und Umweltzerstörung um die Zukunft. 15 Prozent sagen sogar, sie hätten wegen des anscheinend fruchtlosen Engagements junger Menschen für das Klima weniger Hoffnung auf Erfolge in der Umwelt- und Klimapolitik. Es überrascht deshalb nicht, dass über 80 Prozent der Befragten Trauer und Wut über Naturzerstörung empfinden. Genug tut ihrer Meinung nach niemand: 21 Prozent finden, dass die Maßnahmen der Bundesregierung ausreichen, und noch weniger denken, dass jede*r Einzelne genug tue.
Ihrer eigenen Zukunft gegenüber sehen die Befragten weit zuversichtlicher entgegen als der des Planeten: Drei von vier sind dahingehend eher optimistisch, wohingegen nur eine*r von vier eine positive Zukunft für Umwelt und Klima erwartet. Besonders pessimistisch sind übrigens die Idealist*innen.
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