Grundwasserknappheit in Deutschland: „Reserven systematisch übernutzt“
Bergbau, Hitze, Landwirtschaft und Verschmutzungen belasten das Grundwasser in Deutschland. Laut neuer Studie wurden neue Tiefststände erreicht.

Die Studie zeigt: Rund die Hälfte aller Landkreise in Deutschland entnimmt mehr Grundwasser, als durch Niederschlag nachgebildet werden kann. Und: Bundesweit wurden noch nie so geringe Grundwasserstände gemessen wie aktuell. Besonders hart trifft es Regionen in Niedersachsen, die Rheinschiene und Teile Ostdeutschlands.
In fast 100 Landkreisen und kreisfreien Städten sprechen die Autor:innen von akutem Grundwasserstress, der vor allem – aber nicht nur – dem Klimawandel geschuldet sei.
Obwohl Deutschland ein vergleichsweise wasserreiches Land ist, ist die Wasserverfügbarkeit schon länger ein Problem. Sichtbare Folgen sind Ernteausfälle, großflächiges Waldsterben und eine immer öfter eingeschränkte Schiffbarkeit auf den großen Flüssen. Auch Bäche, Flüsse, Böden und Pflanzen leiden unter dem Mangel. Nicht zu vergessen die Kleinsttiere und Mikroorganismen, die im Grundwasser selbst leben und es beispielsweise reinigen.
Der Wasserspiegel sinkt
Grundwasserstress sei nun kein Randphänomen von einzelnen Landkreisen mehr, sagt Verena Graichen, Geschäftsführerin des BUND. „Unsere Grundwasserreserven werden systematisch übernutzt. Dürreperioden und Extremwetterlagen, die eine Folge der Klimakrise sind, verschärfen die Lage.“
Darüber hinaus werde die Situation in Deutschland vor allem von Braunkohletagebau, Industrie und Landwirtschaft beeinflusst. Beim Abbau von Braunkohle müssen große Wassermengen abgepumpt werden – das senkt den Grundwasserspiegel spürbar. Auch die chemische Industrie, etwa in Ludwigshafen, zählt zu den Großverbrauchern.
Zur Belastung durch die alte Industrie hinzu kommt die durch ökonomische Transformation – wie etwa die Ansiedlung wasserintensiver Rechenzentren, Batterie- oder Halbleiterfabriken. Vor allem in Gegenden mit vielen Hitzetagen wird auch der wachsende Wasserverbrauch in privaten Haushalten und öffentlichen Kühlungs- und Bewässerungsanlagen zum Problemfaktor.
Ebenso wie in landwirtschaftlich intensiv genutzten Regionen wie dem Heidekreis. Zwar liegt der Anteil der Landwirtschaft am gesamten Wasserverbrauch bislang noch im unteren Bereich, doch in den vergangenen Dürrejahren ist der Bedarf deutlich gestiegen. Verschmutzungen durch beispielsweise Nitrat, Phosphat oder die sogenannten PFAS-Ewigkeitschemikalien stellen eine zusätzliche Herausforderung dar.
Verbrauch drosseln könnte helfen
Sinnvolle Lösungsansätze sieht der BUND etwa in der konsequenten Umsetzung der nationalen Wasserstrategie der Bundesregierung. Zusätzlich fordert der Umweltverband einen gerechteren Zugang zum Wasser. Die Großnutzung von Grundwasser durch beispielsweise Konzerne sollte nicht kostenfrei bleiben. Bisher gibt es hierzu keine bundeseinheitliche Lösung.
Man komme langfristig auch nicht daran vorbei, den Verbrauch zu drosseln – ebenso wenig wie daran, die Herstellung von Arzneimitteln, Pestiziden oder bestimmten Chemikalien einzuschränken. „Wasser ist unsere Lebensgrundlage. Es wird verschmutzt und ist knapp. Höchste Zeit, dass die Regierung aktiv wird und unser Grundwasser schützt“, so Graichen.
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