Grünflächen in Berlin: Schleichender Niedergang
Schon jetzt reiche das Geld nicht für saubere und klimaresiliente Parks und Grünanlagen, sagt eine Berliner Umweltstadträtin und warnt vor Kürzungen.
Die Umweltstadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg, Annika Gerold (Grüne), schlägt nun Alarm: Schon jetzt fehle das Geld für die Grünflächenpflege, und sollte es im nächsten Haushalt zu weiteren Kürzungen kommen, werde sich das Erscheinungsbild und die Nutzbarkeit weiter verschlechtern: „Dann droht ein schleichender Verfall unserer bezirklichen Grünanlagen“, warnt Gerold. Die seien aber nicht nur nettes Beiwerk, sondern „Erholungsraum, Klimaanlage, Lebensraum und sozialer Begegnungsort zugleich“.
Der Haushaltstitel „Grün- und Freiflächen“ liegt in Gerolds Bezirk in laufenden Jahr bei rund 12 Millionen Euro – davon werden auch die Gehälter von Angestellten, Gebäudemieten und vieles andere bezahlt. Für den Posten „Unterhaltung der Grünanlagen“ sind rund 3,8 Millionen Euro eingestellt. Klingt nach viel Geld, ist aber laut dem Bezirksamt längst nicht ausreichend. Beispiel Volkspark Friedrichshain: In der größten bezirklichen Grünanlage verschlingen allein die Reinigungskosten 107.000 Euro. Für das komplette Paket aus Pflege, Bestandserhalt und Reinigung bräuchte es aber einen „mittleren sechsstelligen Betrag, weit mehr, als aktuell bereitsteht“.
Zwar hat die BSR die Reinigung von aktuell 12 Grünanlagen und Parks (der größte darunter ist der Görlitzer Park) sowie 17 Spielplätzen übernommen, und für den Park am Gleisdreieck ist die landeseigene Grün Berlin GmbH zuständig. Laut Gerold bleibt aber mehr als genug übrig, was den Bezirk finanziell deutlich überfordert. Zumal seit dem heftigen Personalabbau in den Nullerjahren unter SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin viele Arbeiten nicht mehr von Bezirkspersonal verrichtet werden könnten, sondern teuer an Fremdfirmen vergeben werden müssten.
Wegen hoher Kostensteigerungen würde sich der Zustand der Grünflächen selbst dann verschlechtern, wenn Schwarz-Rot den Bezirken nicht noch mehr Geld wegnehme, so die Stadträtin. Im Übrigen trüge der Schein, wenn die Koalition darauf verweise, dass die Zuweisung im aktuellen Doppelhaushalt nicht gesunken ist. Denn das Bezirksamt müsse dieses Geld mit Zuschüssen aus anderen Förderprogrammen für Nachhaltigkeit kombinieren, die nun zum Teil ausliefen.
Sicherheit geht immer vor
Woran laut Gerold nie gespart werden kann, ist die sogenannte Verkehrssicherheit, also etwa Kontrolle von Bäumen und Schnitte oder schlimmstenfalls Fällungen, um auszuschließen, dass Menschen zu Schaden kommen – ein Thema, dass durch Dürren und Stürme immer mehr Aufmerksamkeit benötigt. Dasselbe gilt für Spielgeräte, auf oder an denen sich schließlich niemand verletzen soll. „Die Herstellung von Verkehrssicherheit hat immer oberste Priorität – vor Reinigung, aber auch Neupflanzung oder Qualitätssteigerung“, sagt Gerold. „Dabei müssten wir uns auf die im Sinne der Klimaresilienz viel stärker fokussieren.“
Das Problem wird in den kommenden Jahren so oder so immer sichtbarer werden. Schon jetzt bekommt Gerold immer wieder Beschwerden, aber auch Anfragen, ob nicht beispielsweise Geräte auf öffentlichen Spielplätzen privat gesponsert werden könnten. „Das ist zwar lobenswert, aber es gibt hierfür ganz klar einen öffentlichen Auftrag“, wendet sie gegenüber der taz ein. Und Friedrichshain-Kreuzberg sei nicht alleine mit diesen Problemen: „Ich stehe im Austausch mit vielen Kolleg*innen, und die sind genau so alarmiert wie ich.“
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