Grüne über Elke Twestens Parteiwechsel: „Ich habe das nicht ernst genommen“
Die Abgeordnete Twesten habe ihre Unzufriedenheit nur angedeutet, sagt Fraktionschefin Anja Piel. Beim Parteiwechsel sei es um persönliche Gründe gegangen.
taz: Frau Piel, hatten Sie wirklich keine Ahnung davon, dass ihre Fraktionskollegin Elke Twesten zur CDU überlaufen wollte?
Anja Piel: Dass es eine diffuse Unzufriedenheit bei Frau Twesten gibt, war uns bekannt. Wir haben darüber gesprochen und geguckt, wo wir sie unterstützen konnten.
Worum ging es denn?
Sie hat sich Unterstützung gewünscht, etwa wenn es darum ging, Regierungshandeln in den Wahlkreis zu vermitteln. Christian Meyer, Stefan Wenzel …
… die grünen Landesminister für Ernährung beziehungsweise Umwelt …
… und ich haben deshalb Termine im Wahlkreis mit ihr zusammen gemacht.
Gab es inhaltliche Konflikte?
Nein. Wir haben alle Abstimmungen im Parlament gewonnen, und es hat an keiner Stelle von Frau Twesten die Ansage gegeben, sie wolle nicht mitstimmen. Aber natürlich haben wir mitbekommen, dass sie im Mai ihrer Wahlkreiskonkurrentin unterlegen ist.
Die 51-Jährige ist seit 2013 Fraktionsvorsitzende der Grünen im Niedersächsischen Landtag. Zuvor war sie drei Jahre lang Landesvorsitzende und dann Spitzenkandidatin ihrer Partei.
Was hat sie darüber gesagt?
Sie hat das sehr persönlich genommen und das Gefühl gehabt, dass es eine Front gegen sie gab.
Frau Twesten hat im Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung gesagt, Sie hätten ihre Signale nicht gehört.
Es war am vergangenen Dienstag kein außergewöhnlicher Umstand, dass Elke Twesten in meinem Büro stand und mit mir sprechen wollte. Das war eines dieser vielen Gespräche, in dem sie mir gesagt hat, es ginge ihr im Moment nicht gut mit der Gesamtsituation.
Wie haben Sie darauf reagiert?
Ich habe versucht, ihr Ratschläge zu geben, weil sie das Gefühl hatte, dass die Stimmung im Kreisverband schwierig sei. Es gab keinen Anlass für mich anzunehmen, dass sie ihre grünen Projekte im Landtag nicht beenden will.
Frau Twesten hat zudem gesagt, dass sie sich als „interner Störfaktor“ gefühlt habe.
Wir haben in der grünen Landtagsfraktion eine ausgesprochen positive Zusammenarbeit, in die auch Elke Twesten einbezogen war. Eine isolierte Abgeordnete ist sie nie gewesen. Den Vorwurf, der sich ja an alle Mitglieder der Fraktion richtet, weise ich zurück.
Wie beurteilen Sie Twestens Schritt?
Ich bin sehr enttäuscht und ich bekomme die beiden Personen nicht mehr zusammen. Ich habe hier eine Abgeordnete, die mir immer erzählt hat, Frauenpolitik sei ihre Herzensanliegen, und jetzt wechselt sie zur CDU, die nicht mal eine Quote hat.
Haben Sie ihre CDU-Affinität bemerkt?
Dass sie bei parlamentarischen Abenden die Nähe zur CDU gesucht hat, war zu sehen.
Jürgen Trittin spricht von einem „Instrument des Stimmenkaufs“. Haben Sie Belege dafür, dass es sich um eine Intrige der CDU handelt?
Das Wort „Stimmenkauf“ ist immer schwierig. Es mehren sich nun aber Stimmen, dass Elke Twesten verschiedenen Leuten erzählt hat, dass sie Angebote bekommen hat.
Wussten Sie das auch?
Sie hat schon vor Jahren gesagt, dass sie auch von anderer Stelle Perspektiven aufgezeigt kriegt. Und in diesem vagen Bereich hat sie immer mal Andeutungen gemacht.
Wie haben Sie reagiert?
Ich habe das ehrlich gesagt nicht wirklich ernst genommen, weil es hin und wieder mal vorkam und auch schon sehr früh in der Legislaturperiode. In solchen Situationen habe ich sie gefragt, ob sie unzufrieden ist, aber wenn dann nichts kommt und sie nichts Konkretes sagt, was soll ich da machen?
Nach außen wirken die Grünen nun, als hätten sie ihre Fraktion nicht im Griff.
Der Satz ignoriert, dass ein Abgeordneter Mensch bleibt. Hier ging es um persönliche Gründe von Elke Twesten. Wenn der Wahlkreis sagt, wir wollen sie nicht als Kandidatin, können wir als Fraktion daran nichts ändern. Das entspräche auch nicht unserem Demokratieverständnis.
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