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Grüne Klimaziele und der UkrainekriegKlimaschutz nach Kriegsbeginn

Die Energieversorgung in Zeiten des Krieges stellt die Grünen vor ein Dilemma: LNG-Terminals zur Anlandung von Flüssiggas doch zustimmen?

Protest im Juli 2021 gegen den Chemo-Park und das geplante LNG-Terminal in Brunsbüttel Foto: Fabian Steffens/imago

Berlin taz | Hätte der Parteitag nicht am letzten Sonntag stattgefunden, sondern vier Tage später, hätte Kerstin Hansen nicht anders entschieden. „Dieser Angriff auf die Ukraine ist unfassbar und zu verurteilen“, sagt die Vorsitzende des Grünen-Kreisverbandes Dithmarschen, der an der Mündung der Elbe in die Nordsee liegt. Aber auch nach Kriegsbeginn bleibt sie dabei: „Ein LNG-Terminal in Brunsbüttel ist nicht die Lösung.“ Bewältigung der Klimakrise und Kriegsgefahr dürften nicht gegeneinander abgewogen werden.

Das sehen bei den Grünen allerdings nicht alle so – und damit sind wir schon mitten in dem Dilemma, in das die Partei angesichts der russischen Aggressionen in den letzten Wochen immer weiter geraten ist. LNG-Terminals, das sind Hafenanlagen, an denen mit Flüssiggas geladene Tanker ihre Fracht abladen können.

Für Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen sind sie eigentlich ein No-Go: Die Klimabilanz von Flüssiggas ist schlechter als die von Erdgas aus der Pipeline, zumal dann, wenn es zuvor wie in den USA durch die Fracking-Methode gewonnen wurde. „Neue Hafenterminals zur Anlandung von Flüssigerdgas sollen nicht mehr genehmigt werden“, hieß es im Bundestagswahlprogramm der Grünen.

Im Wahlkampf hatte aber noch kaum jemand damit gerechnet, dass Russland wenige Monate später Krieg führen werde. Dass Deutschland sein Gas zu 55 Prozent aus Russland bezieht, stellt sich in der neuen geopolitischen Lage als ungünstig heraus. Angesichts des Kriegsbeginns kündigte Wirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstag an, dass beim Gas die „Einkaufswege vielfältiger“ werden müssen. „Dazu gehört, auch wenn es manche nicht wahrnehmen wollen, der Aufbau von LNG-Terminals.“

Schleswig-Holsteins Grüne blieben beim Nein zum Terminal

Ende Januar hatte Habeck bereits im Bundestag vorsichtige Überlegungen in diese Richtung angestellt. Das Problem bei der Infrastruktur: Europaweit gibt es für Flüssiggas 36 Häfen, aber keinen in Deutschland. „Die beiden Terminals, die Deutschland mal angedacht hat – Brunsbüttel und Stade –, sind bisher nicht privat finanzierbar. Dieser Frage werden wir uns jetzt energisch zuwenden“, sagte Habeck im Parlament.

Bei den Koalitionspartnern ist das weitgehend unumstritten, für die Grünen wird das Thema aber zunehmend zum Problem. Ein häufiges Gegenargument: Der Bau eines solchen Terminals dauere Jahre, helfe also in der aktuellen Krise nicht. Vielmehr bremse es die Energiewende aus, wenn man jetzt noch Geld in fossile Infrastruktur stecke, die bei ihrer Fertigstellung doch bestenfalls schon überflüssig sein sollte.

In Schleswig-Holstein stellte der Grünen-Landesverband am Sonntag sein Wahlprogramm für die Landtagswahl im Mai auf. Die Landesspitze warb zum Thema Flüssiggas für eine Position im Sinne Habecks, die Abstimmung gewonnen hat aber die Gegenseite um Basismitglieder wie Kerstin Hansen. Im Programm heißt es jetzt: „Schleswig-Holstein braucht kein LNG-Terminal.“

Den Beschluss hatte neben anderen Teilen der Parteibasis vor allem die Grüne Jugend vorangetrieben. „Die Bundesregierung muss sehen, dass es erheblichen lokalen Widerstand gibt. Die Leute vor Ort wollen das nicht. Wir stehen auf der Seite dieses Protests“, sagte Timon Dzienus, Bundessprecher der Grünen Jugend, noch am Mittwoch der taz.

Entscheidend wird sein, ob der Bund Geld gibt

Mit dem Kriegsbeginn könnten allerdings die Chancen gestiegen sein, dass sich jetzt doch Habeck durchsetzt. Aus der Grünen-Spitze heißt es am Donnerstag: Mit den neuen Realitäten müsse man umgehen.

Finanzielle Unterstützung für Bauvorhaben sind der entscheidende Hebel, den die Politik am Ende hat. Privaten Investoren erscheint der Terminalbau auf eigene Faust bisher nämlich nicht als wirtschaftlich. Sollten die Grünen in Schleswig-Holstein auch an der nächsten Landesregierung beteiligt sein, den Parteitagsbeschluss umsetzen und nicht zahlen, käme es also vor allem darauf an, ob der Bund Geld gibt. Die Hoheit darüber hat letztlich der Bundestag.

Ob Habeck seine Fraktion dort schon auf seiner Seite hat? Fraktionsvize Julia Verlinden, selbst Klimapolitikerin, äußert sich verhalten – schließt aber auch nichts aus. „Priorität hat, dass wir uns von den fossilen Energien unabhängig machen. Also: Ausbau der Erneuerbaren und Energieeffizienzpotentiale nutzen. Außerdem müssen die Gasspeicher in den kommenden Monaten gefüllt werden“, sagt sie. „Eine ganz andere Frage ist, ob neue LNG-Terminals aus geopolitischen Gründen notwendig sein könnten. Das müsste man dann prüfen.“

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5 Kommentare

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  • Wieder einmal keine Wort darüber, dass wir in unserem von den Konzernen aufgezwungenen Lebenswandel grosse Einschnitte machen MÜSSEN. Nein, wieder keine Debatte darüber aus Angst vor dem Demagogen Lindner und einer Generation, die nach dem Motto handelt: NACH UNS DIE SINTFLUT. Nach Habeck das Klimachaos !



    P.S. LNG ist auch nur ein Sommerrmärchen: Die Bauzeit für die Terminals beträgt mindestens 4 Jahre, Jahre, die wir gar nicht mehr haben, wenn wir es mit der CO²-Einsparung wirklich ernst meinen sollten. Wir müssen HEUTE auf Urlaubsflüge, Kreuzfahrten, unnötige PKW-Nutzung verzichten lernen. Es wird nie soviel Elektrizität geben, das wir diese Mobilität beibehalten können, zumal wir in Mitteleuropa nicht die Einzigen sind, die sich derartige Privilegien gönnen wollten ! Wann werden wir endlich ehrlich ?

  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    "Ende Januar hatte Habeck bereits im Bundestag vorsichtige Überlegungen in diese Richtung angestellt."

    Hier wird Legendenbildung betrieben.



    Die Grünen haben das LNG Terminal in Brunsbüttel bereits 2019 beführwortet, in dem sie auf ein Gegenteiliges Votum verzichtet haben (was idR dann zur Enthaltung des Bundeslandes bei der Stimmabgabe führt).



    "Klimaminister" Albrecht (Nachfolger von R. Harbeck) hat diesen ökologischen und wirtschaftlichen Irrsinn aktiv unterstützt.



    Auch wenn sich durch den Krieg gerade neue Notwendigkeiten ergeben, ändert das doch garnichts daran, das die Grünen sich kaum um Klimawandel oder eine Wärmewende scheren.



    War alles nur Mittel zum Zwecke des Stimmenfangs.

  • Die Lehre aus Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine: Energie sparen, wo es nur geht, und so schnell wie möglich auf Erneuerbare Energien umsteigen: Windkraft, Photovoltaik, Wasserkraft, Erdwärme usw.



    Weg vom fossilen Gas aus Russland und sonstwoher.



    Statt neuer LNG-Terminals lieber Anlagen der Erneuerbaren Energien bauen. Das geht auch schneller.

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @steschlieb:

      An @STESCHLIEB



      Es geht auch um das Öl aus anderen Verbrecher-Staaten.

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @steschlieb:

      "Statt neuer LNG-Terminals lieber Anlagen der Erneuerbaren Energien bauen. Das geht auch schneller."



      Sie haben recht.



      Leider hinken wir durch mindestens 10 Schlafwagen-Jahre dem Möglichen hinterher.



      Ich warte eigentlich stündlich auf die Nachricht, dass der Gas-Transit über die Ukraine unterbrochen ist.



      Mal' gugg, sagt der Unterfranke.