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Greenwashing im FinanzsektorFür grün verkauft

Angeblich nachhaltige Fonds investieren seit dem Ukraine-Krieg zunehmend in fossile Energien. Das zeigt eine Studie der Bürgerinitiative Finanzwende.

Nicht nachhaltig: der fossile Energieträger Kohle Foto: Daniel Becerril/reuters

Berlin taz | Fonds, die als „nachhaltig“ vermarktet werden, investieren seit Kriegsbeginn mehr in fossile Energien. Das zeigt eine Studie der Bürgerinitiative Finanzwende, die am Dienstag erschienen ist. Zusätzliche 940 Millionen US-Dollar flossen demnach in Öl-, Kohle- und Gasunternehmen. Nur 138 Millionen wurden hingegen in Unternehmen in erneuerbare Energien investiert. Die Au­to­rin­nen untersuchten für die Studie den Aktienbesitz von über 2400 Fonds kurz vor und nach dem Kriegsbeginn im Februar 2022.

Es sei sicher ein „schwieriges Jahr für die Fonds gewesen“, aber keine Fondsgesellschaft sei gezwungen, Investitionen in fossile Energie als „grün“ zu bewerben, so die Au­to­rin­nen der Studie. Sie sehen einen Anstieg des Greenwashings durch vermehrte Investitionen in fossile Energien bei zeitgleicher Vermarktung der Fonds als „nachhaltig“.

Der Krieg hat im letzten Jahr für Unsicherheiten auf den Finanzmärkten gesorgt. Gleichzeitig profitierten Öl- und Gaskonzerne von hohen Gewinnen. Den fossilen Boom nahmen auch Portfoliomanager wahr – und schichteten Investitionen um. Die Finanzwende-Studie zeigt auf, wie Fonds mehr Geld in Aktien von großen Ölkonzernen steckten. Unter den untersuchten Fonds war der Anteil der Investitionen in fossile Energien verglichen zu erneuerbaren Energien vor dem Krieg drei Mal so groß – und wuchs bis Ende 2022 sogar auf das Zehnfache.

Die Fonds, so urteilen die Au­to­rin­nen der Studie, finanzierten damit eine „Verschärfung der Klimakrise“. Während mehr in Ölkonzerne investiert wurde, verkauften die Manager weniger Aktien in den Bereichen Technologie (16,1 Milliarden US-Dollar) und Finanzen (9,9 Milliarden US-Dollar). Diese Sparten gelten im Vergleich als emissionsarm. So kommt es, dass das untersuchte Gesamtportfolio der Fonds um knapp 8 Prozent CO2-intensiver wurde.

Schon eine Studie von 2021 zum Thema Greenwashing zeigte, dass sich herkömmliche Fonds nicht stark von angeblich nachhaltigen unterscheiden. Die Bürgerinitiative fordert deswegen eindeutigere Regeln dazu, was „nachhaltig“ ist.

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1 Kommentar

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  • Manchmal erschreckend, dass selbst - oder vielleicht gerade - die Bürgerinitiative Finanzwende wenig Ahnung und viel Meinung zu Börsen offenbart. Unabhängig wie man zu Themen wie Taxonomie und Nachhaltigkeitsfonds im Detail steht, aber einige Aussagen sind einfach nicht haltbar oder im besten Fall schlecht begründet.

    "Die Finanzwende-Studie zeigt auf, wie Fonds mehr Geld in Aktien von großen Ölkonzernen steckten. Unter den untersuchten Fonds war der Anteil der Investitionen in fossile Energien verglichen zu erneuerbaren Energien vor dem Krieg drei Mal so groß – und wuchs bis Ende 2022 sogar auf das Zehnfache. Die Fonds, so urteilen die Au­to­rin­nen der Studie, finanzierten damit eine „Verschärfung der Klimakrise“. "

    Wenn ich mir, oder ein Fondsmanager eine Aktie kauft, kaufe ich sie nicht dem Unternehmen ab (ausgenommen IPO oder Kapitalerhöhung), sondern einem Händler, welcher diese von einem Marktteilnehmer hat, der sie verkauft. Das ist bis auf die genannten Ausnahmen ein reiner Sekundärmarkt. Es gibt keine neuen Finanzströme für das Unternehmen, das es einst emittiert hat und sind damit keine neuen Investitionen/frische Gelder.

    Die Schlussfolgerung, dass diese in die "Verschärfung der Klimakrise“ investieren, ist hier echt nicht zulässig und zu kurz gedacht.

    Lieber einen Aktionär, der das Unternehmen an der kurzen Leine hält und Nachhaltigkeitsanforderungen einfordert als die Aktien einem Investor zu überlassen, dem das völlig wurscht ist.

    Daher verwundern mich immer die Plakate bei FFF oder LG mit "Divestment Coal/Oil". Eigentlich sollte es genau das Gegenteil sein. Selber als Aktionär Verwantwortung übernehmen und sie nicht an andere abgeben.