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Greenpeace-Aktivisten in RusslandNoch länger in Untersuchungshaft

In St. Petersburg gibt es ein weiteres Verfahren gegen Greenpeace-Aktivisten. Eine Ärztin kommt gegen Kaution frei. Andere erfahren keine Gnade.

Kommt vorerst frei: Ärztin Elena Zaspa Bild: reuters/Igor Podgorny/Greenpeace/Handout

BERLIN taz | Elena Zaspa, russische Ärztin der 30-köpfigen Crew des Greenpeace-Schiffes „Arctic Sunrise“, konnte am Montag den Gerichtssaal des Kalininski-Gerichts von St. Petersburg als freie Frau verlassen. Obwohl auch bei ihr Fluchtgefahr bestehe, so der Staatsanwalt, habe er gegen eine Freilassung auf Kaution nichts einzuwenden.

Die 37-Jährige war im September mit den anderen Crew-Mitgliedern der „Arctic Sunrise“ von der russischen Küstenwache in der Barentssee verhaftet worden. Eine Gruppe der Aktivisten hatte versucht, eine Ölplattform des Energiekonzerns Gazprom zu erklimmen, um so gegen den nach Auffassung von Greenpeace ökologisch bedenklichen Abbau von Bodenschätzen in der Arktis zu protestieren.

Am Montag standen sieben Aktivisten in St. Petersburg erneut vor Gericht, wo die Richter über eine Verlängerung der am 24. November auslaufenden zweimonatigen Untersuchungshaft befanden.

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Keine Gnade hingegen erfuhr der Bordfunker des Greenpeace-Schiffes, Colin Russel. Der 59-jährige Australier muss zwei weitere Monate, bis zum 24. Februar, in Untersuchungshaft bleiben. Den Antrag auf Verlängerung der Untersuchungshaft hatte die Staatsanwaltschaft unter anderem mit Fluchtgefahr des angeklagten Australiers begründet. „Ich habe nichts Verwerfliches getan, seit zwei Monaten sitze ich im Gefängnis, ohne zu wissen, warum“, zitierte Greenpeace Russland den Australier kurz vor der Urteilsverkündung. Russels Einspruch, die Dolmetscherin habe den Anklagetext nicht übersetzt, ließ die Richterin nicht gelten.

David John Haussmann, Elektriker aus Neuseeland, wird auf die Fortsetzung seines Prozesses einen Tag warten müssen, nachdem das Gericht dem Antrag des Anwalts auf Verschiebung stattgegeben hatte. Die Verfahren gegen vier weitere Aktivisten dauerten bei Redaktionsschluss noch an.

Am vergangenen Samstag hatten Zehntausende in 263 Städten weltweit für die Freilassung der Greenpeacer demonstriert. Trotz einer Ankündigung der russischen Ermittlungsbehörden vom Oktober, der Vorwurf der „bandenmäßigen Piraterie“ gegen die Umweltschützer sei fallengelassen worden, warten die Greenpeace-Anwälte immer noch auf eine schriftliche Bestätigung dieser Erklärung. Sollte der alte Vorwurf bestehen bleiben, drohen den Umweltschützern 15 Jahre Haft, bei einer Verurteilung wegen „Rowdytums“ könnte sich das Strafmaß auf 7 Jahre belaufen.

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17 Kommentare

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  • Erschreckend wie dumm Putin ist - für nichts und wieder nichts macht er sich völlig unnötig die Welt zum Feind. Was würde er verlieren, wenn er die Umweltschützer freilässt? Er könnte nur gewinnen. Das beweist wie provinziell und klein er denkt. Chance verschenkt.

    • @robbypeer:

      Wenn man Rohstoffe hat, die alternativlos sind und super für teuer Geld exportiert werden können, zudem von einem vielleicht nicht ganz so demokratischen Staat aus, dann ist es doch pupsegal, ob einen die Welt hasst oder liebt. Putin ist bestimmt total enttäuscht darüber, dass er jetzt den sowieso völlig entwerteten Friedensnobelpreis nicht verliehen bekommt.

  • Ein Job wie geschaffen für „Gas-Gerd“ Schröder um seine lupenreinen Beziehungen zu Gazprom mal zu nutzen um diese Justiz-Farce zu beenden.

  • Würden Umweltaktivisten nur in für sie "sicheren" Ländern tätig,

    könnten sie kaum ihrer Aufgabe gerecht werden.Leute die bei Greenpeace oder Seashepard aktiv

    sind, wissen genau das sie immer mit einem Bein im Gefängnis sind

    oder sogar ihr Leben riskieren.

    Ich hoffe das die Sache letztendlich gut ausgehen wird.

    • @Sid:

      Dann dürfen die Aktivisten aber auch nicht darüber klagen, dass sie dann tatsächlich im Knast landen.

      • G
        Gast123
        @anteater:

        Selbstverständlich darf man klagen, wenn man unfair behandelt wird. Auch wenn man ein Risiko in Kauf nahm.

      • @anteater:

        @Anteater:Es sind auch nur Menschen.

        • @Sid:

          So wie Putins Clique und die Bürger Russlands auch. Und wir beide. Und alle Anderen hier und überall. Wenn wir beide eine russische Öl- oder Gasplattform entern, dann werden wir wahrscheinlich direkt abgeknallt, weil uns die Publicity von Greenpeace fehlt.

          • @anteater:

            Da klingt jetzt irgendwie Neid oder Missgunst an.

            Hatt sich Greenpeace die Publicity nicht hart erarbeitet ?

            • @lions:

              Äh, was? Greenpeace ist doch nicht neidisch auf die russischen Öl- und Gasplattformen.

              • @anteater:

                Nein, Sie auf den Zuspruch für Greenpeace.

  • So sehr ich es auch für gut heiße, dass Greenpeaceaktivisten auf Umweltzerstörung hinweisen, ist es doch sehr, sehr naiv zu glauben, dass man das in Putins Einflussbereich ohne drastische Folgen machen kann. Also, toll dass ihr das gemacht habt, aber ihr wusstet, dass es dort nichts bringen wird und ihr wusstet, dass ihr dafür eingelocht werdet. War halt eine genauso glorreiche Idee wie als Frau mit entblößter Brust in Tunesien rumzuturnen.

    • @anteater:

      Wie bitte, hat nichts gebracht ? Es hat mehr gebracht, als wenn man die Aktivisten einfach hätte gewähren lassen.

      Ein Unterzeichner des intern. Seeabkommens erscheint nicht vor Gericht und wird demaskiert.Zudem konstruiert dieser eine abstruse Anklage.

      Die Greenpeace-Aktion erfährt mehr Publicity, als vergangene. Ist das nichts ?

       

      Ihr Tunesien- Titten-Vergleich ist wohl ein schlechter Witz.

      • @lions:

        Nein, kein Scherz. Meinen Sie wirklich, dass sich in Putins Reich durch diese Greenpeaceaktion irgendetwas ändert? Die Menschen in Russland ticken anders als wir hier. So eine Aktion in Deutschland und möglicherweise straft der Konsument das betreffende Unternehmen ab.

         

        Ob Russland in irgendeiner Form demaskiert wurde, das interessiert die ebenso wenig wie die Demaskierung der USA.

         

        Und das mit dem Vergleich, dass haben Sie schon richtig verstanden, oder? Da wurde nach der Aktion dann rumgejammert, dass sie festgenommen wurde (die deutsche Aktivistin) und wie schlecht doch die Haftbedingungen seien. Ja, das hätte der jungen Frau jeder auch nur halbwegs informierte Mensch auch vorher sagen können. Mach das und Du wirst festgenommen. Und die Haftbedingungen sind nicht wie in Deutschland. Genauso wie mit Greenpeaceaktionen in russischen Gefilden. Macht das, aber seid gewarnt: Die Buchten euch ein und unser Justizsystem ist im Vergleich ein Streichelzoo. Groschen gefallen?

        • @anteater:

          Russland ist nicht so unabhängig, wie Sie glauben. Der soziale Frieden Russlands ist am Boden, die Wirtschaft ebenso, keine Spitzentechnologien und der größte Anteil (80 %) des Wirtschaftsaufkommens ist Export von Oel und Gas. Ein Land, dass solche Exportquoten aufweißt, ist hoch abhängig von Diplomatie und Redlichkeit, denn ein Abflachen des Weltwirtschaftswachstums, was sich jetzt schon abzeichnet, zieht den Verfall der Rohstoffpreise nach sich.

          Desweiteren ist Rechtsstaatlichkeit Grundlage für ausländ.Investitionen, die Russland jetzt schon meiden.

          Putin steht auf dünnem Eis, außen- und innenpolitisch.

          Der Vergleich mit Tunesien ist deshalb ein Witz, weil Russland bis jetzt ein diplomatisches und weltwirtschaftliches Schwergewicht ist.

          Welche wirtschaftlichen Auswirkungen die Spionageaffäre der USA noch nach sich ziehen, bleibt abzuwarten.

          Hochmut kommt vorm Fall.

          • @lions:

            Meinen Sie wirklich, dass die Leute hierzulande im Winter weniger mit russischem Erdgas heizen, weil Russland einige Greenpeaceaktivisten festgesetzt hat? Und stellen wir uns doch einfach mal vor, dass jetzt alle vermeintlich anständigen Staaten russisches Erdgas meiden. Führt das zu einem, wie Sie sagen, "Verfall der Rohstoffpreise", oder vielleicht doch eher dazu, dass dann besagter Rohstoff teurer wird. Denken Sie mal drüber nach.

             

            Hinsichtlich der der "wirtschaftlichen Auswirkungen" der US-Spionageaffäre bin ich geneigt folgende Prognose abzugeben: Keine! Hochmut kommt für die Großen und Mächtigen nicht vor dem Fall. Hochmut zementiert eher deren Position.

            • @anteater:

              Es ist vor allem der Hochmut der Ölindustrie, um den es hier geht. Wir sehen jetzt deutlicher als je zuvor, wie groß die Macht der Ölindustrie tatsächlich ist - auch über die Regierungen souveräner Staaten.

               

              Wir sehen auch deutlicher als je zuvor, dass diese Konzerne genau das Gegenteil davon machen bzw. zu machen versuchen, was die Wissenschaftsgemeinde für absolut notwendig hält. Die Politik gerät in diesem Spannungsfeld immer mehr unter Druck - allerdings muss dieser Druck "von unten" kommen, von der Bevölkerung, und um das zu ermöglichen muss der Diskurs weiter angeheizt werden.

               

              Die Arctic 30 haben dazu vermutlich mehr beigetragen als alle gescheiterten Klimagipfel zusammen.