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Google-Chef befürchtet Internet-EndeSpitzel warnen vor Spitzeln

Die NSA ist schuld. Das Internet könnte durch Ausspähung „zerbrechen“, meint Google-Chef Schmidt. IT-Firmen und Politiker fordern von der US-Regierung Konsequenzen.

In einem ungünstigen Moment geknipst: Google-Chef Eric Schmidt Bild: ap

PALO ALTO ap | Google-Chef Eric Schmidt und weitere Spitzen der Internetbranche befürchten ernsthaften wirtschaftlichen Schaden wegen der NSA-Spähaffäre. „Am Ende werden wir das Internet zerbrechen“, sagte Schmidt am Mittwoch bei einer Veranstaltung des US-Senats in Kalifornien. Deutschland und andere Länder hätten das Vertrauen in die USA verloren. Verschiedene Staaten dächten darüber nach, wichtige Internetdienste nur noch auf eigenem Boden anzusiedeln.

Solche Pläne würden die Kosten und technischen Hindernisse in die Höhe treiben, sagte der Leiter der Rechtsabteilung von Facebook, Colin Stretch. Dies mache es „hochgradig schwierig, in Anbetracht unserer Fähigkeiten Dienste anzubieten“, sagte Stretch. Microsoft-Anwalt Brad Smith ergänzte: „Die Realität ist, dass das ein echtes Problem für amerikanische IT-Unternehmen ist.“ Wenn das Vertrauen in US-Firmen schwinde, mache sich das in den Aussichten für die Wirtschaft bemerkbar.

Der demokratische Senator Ron Wyden forderte die US-Regierung auf, die breit angelegte Überwachung von Telefonanrufen, SMS und E-Mails zu stoppen. Das „digitale Schleppnetz“ mache das Land nicht sicherer, sondern schade der US-Wirtschaft, erklärte er zu dem von ihm einberufenen Treffen in Kalifornien. „Das ist eine klare und gegenwärtige Gefahr für die Internetwirtschaft“, sagte Wyden.

Nach Einschätzung von Experten nährt die Ausspähung des Internets durch den US-Geheimdienst die Furcht, dass US-Firmen sensible Daten nicht schützen können. Einige Analysten gehen von Verlusten in zweistelliger Milliardenhöhe aus, zumal sich europäische Anbieter als sichere Alternative vermarkten.

Verluste in Schwellenländern

Bisher sind aber wirtschaftliche Auswirkungen nur in Einzelfällen bekannt. So haben die US-Firmen Cisco und Qualcomm nach eigener Einschätzung wohl Geschäfte in China und anderen Schwellenländern eingebüßt, weil Ausspähung befürchtet wird. Konkurrenten in Frankreich und der Schweiz erklären, bei ihnen wüchsen aus demselben Grund die Umsätze. Um welches Volumen es geht, ist aber nicht mit konkreten Zahlen zu belegen.

Im US-Kongress gibt es mehrere Vorschläge für eine Reform, die die Online-Überwachung einschränkt. Dafür setzt sich auch ein Bündnis von Internetkonzernen ein, darunter Google, Facebook, Apple und Microsoft. Sie versuchen zudem, ihre Sicherheitsvorkehrungen zu verbessern, beispielsweise durch Verschlüsselung, um Regierungen und Hackern das Mitlesen der elektronischen Kommunikation zu erschweren.

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5 Kommentare

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  • Krokodilstränen!!!

    Was jeder normale Nutzer über die Sicherungsmöglichkeiten der heutigen IT-Systeme wissen sollte:

    Gehen Sie davon aus, dass Ihre E-Mails und Ihre Telefonate, ob verschlüsselt oder nicht, von interessierter Seite mitgelesen bzw. mitgehört werden können.

    Gehen Sie davon aus, dass Ihre Daten auf ihren Servern (PC, Laptop, Tablet-PC ...) von interessierter Seite abgegriffen werden können, egal ob durch Verschlüsselung und/oder Passwort gesichert oder nicht.

    Gehen Sie davon aus, dass Ihre IT-Geräte kompromittiert sind, d.h. Hintertüren für den Zugang von interessierter Seite enthalten.

    Gehen Sie davon aus, dass Ihre in sogenannten Clouds abgelegten Daten von interessierter Seite abgegriffen werden können.

    Gehen Sie davon aus, dass sogenannte IT-Sicherheitsprodukte Zugänge für interessierte Seiten freihalten.

    Gehen Sie davon aus, dass die IT-Industrie Sie in - falscher - Sicherheit wägen will.

    Gehen Sie davon aus, dass Ihre persönlichen Daten bei Firmen und Behörden, trotz gegenteiliger Beteuerungen, von interessierter Seite abgegriffen werden (jüngstes Beispiel: bayerische Steuerbehörden - guten Morgen Herr Söder!).

    Gehen Sie davon aus, dass die Sicherheitsempfehlungen sogenannter IT-Experten funktional zwar richtig und berechtigt sind, aber aus einer integrierten Gesamtsicht heraus unvollständig und lückenhaft sind.

    Gehen Sie davon aus, dass alle Daten, die von in Ihrem Haushalt vernetzten Geräten geliefert werden, von interessierter Seite mitgelesen bzw. manipuliert werden können.

    Gehen Sie davon aus, dass die Stellen, die sich unberechtigterweise Zugang zu Ihren Daten verschafft haben, auch Fehler machen (z.B. Ihre Daten nicht sicher aufbewahren, Identitäten vertauschen, etc).

     

    Wenn Sie sich von diesem Schock erholen wollen, empfehle ich Ihnen die NSA-Trilogy des Singer-Songwriter's Sigismund Ruestig:

     

    http://youtu.be/v1kEKFu6PkY

    http://youtu.be/pcc6MbYyoM4

    http://youtu.be/_a_hz2Uw34Y

     

    Viel Spaß beim Anhören.

  • Wenn der Google-Chef vor Ausspähung warnt, dann ist das so als warnte der Chef von Porntube vor der Sexualisierung des Internet.

  • Also mir kommen die Tränen.

     

    Lachtränen.

     

    Diese raffgierige, machiavellistische völlig durchgedreht auf unzählige Milliarden Dollar taxierte Branche sollte besser früher als später den Bach runtergehen.

     

    Was für ein janusköpfiges Gewerbe das ist erkennt man daran, dass sie jetzt der NSA den schwarzen Schnüffelpeter in die Schuhe schieben wollen. Angst um IHRE Daten und Pfründe haben sie, doch nicht um UNSERE! Schlimmer geht bei denen immer.

     

    Es wäre wohl eher ein Segen für die Menschheit, wenn es Fratzbook, gewisse Teile von Google oder Twitter nicht mehr gäbe.

  • Nonsense. Mit dem Internet werden Milliarden verdient. Shops, Hardware, Infrastruktur, Wartung, Softwareentwicklung. Das Internet wird es solange geben, wie es Zivilisation gibt. Da wird Kasse gemacht.

    • @Proledemiker:

      So isses, bloß ne Image-Kampagne, um noch mehr zu verdienen.