Google & Co. in Kreuzberg: Vom Imagewert zum Kiezwert
Der Bezirk will fördern, was der Senat abgelehnt hat: ein kritisches Projekt zum Webtech-Standort Xhain.
Für die BewohnerInnen der Kieze, in denen sich die Firmen tummeln, bedeutet die geballte Ansiedlung aber vor allem, dass ihre Nachbarschaft noch teurer wird und die Gefahr der eigenen Verdrängung wächst. Einige Stadtaktivisten bewarben sich deshalb jüngst mit dem Projektantrag „Stärkung der Bürgergesellschaft zur Entwicklung einer gemeinsamen Position zu einem ‚WebTech-Standort‘ Friedrichshain-Kreuzberg“ um Gelder aus einem Fördertopf des Senats.
Die formulierten Ziele reichten von der Herstellung von Transparenz über die Unternehmensansiedlungen über die Vernetzung lokaler Initiativen bis zur Entwicklung eines „Ausgleichssystems für die negativen Einflüsse“ durch die Unternehmen.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung aber lehnte den Antrag auf Förderung aus dem Senatsprogramm „Freiwilliges Engagement in Nachbarschaften“ (FEIN) in Höhe von 30.000 Euro ab. Nicht weil sie sich gegen die Ansiedlungspolitik der Stadt richte, sondern „weil das Geld nicht ausreichte“, wie Florian Schmidt, Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat (Grüne), der taz sagte. Und: Er will nun selbst das Geld bereitstellen. „Ich fände es gut, wenn diese selbst verwaltete Dialogstruktur kommt, die wir unterstützen können“, erklärte Schmidt der taz.
Sollte dies jedoch nicht möglich sein, weil sich Kiezaktivisten durchsetzen, die sich einem Dialog mit Google und Co verweigern und stattdessen darauf setzen, diese zu vertreiben, will der Bezirk selbst aktiv werden. Den Vorschlag eines Rundes Tisches wollte der Stadtrat am Montagabend beim Stadtforum Berlin öffentlich präsentieren.
Schmidt, der sich mit der Ausübung des Vorkaufsrechts einen Namen gemacht hat, teilt die Kritik, die dem Antrag zugrunde liegt: „Diese Organisationen, die mit wahnsinnig viel Kapital ausgestattet sind, profitieren vom Wert, den Kreuzbergs Image hat – einen Gegenwert sehe ich noch nicht.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins