Protest gegen Google-Campus: Kein Silicon Valley am Görli

Mehrere hundert Menschen protestierten am Samstag gegen den geplanten Google-Campus in Kreuzberg. Sie fürchten die Verdrängung aus dem Kiez.

Der Senat wirbt um Konzerne wie Google, aber viele Menschen haben Angst vertrieben zu werden Foto: RubyImages/F. Boillot

Berlin taz | „Fuck off Google!“ – es ist eine eindeutige Botschaft, die die DemonstrantInnen am Samstag an den US-amerikanischen Internetriesen richten. Rund 300 Menschen liefen am Samstag durch Kreuzberg, um gegen Googles geplantes Start-Up-Zentrum in der Ohlauer Straße zu protestieren. Aufgerufen dazu hatte das Bündnis „Google Campus Verhindern“.

Die Demo startete gegen 14 Uhr mit einer Kundgebung am Oranienplatz, führte über den Kottbusser Damm nach Kreuzkölln und endete dann gegen 17 Uhr vor dem geplanten Campus in der Ohlauer Straße. Ursprünglich war geplant, die Demo auf dem nahegelegenen Reichenberger Kiezfest enden zu lassen, die Polizei untersagte dies aber aufgrund von „Sicherheitsbedenken“. Die TeilnehmerInnenzahl sei zwar geringer als erhofft gewesen, so die Veranstalter, aber viele politisch Aktive seien zu den am selben Tag stattfindenden Demonstrationen gegen den AfD-Aufmarsch nach Chemnitz gefahren.

Die TeilnehmerInnen der Demo waren bunt gemischt und nicht nur dem linksradikalen Spektrum zuzuordnen – zu sehen waren auch viele Familien und ältere Leute. Was sie auf die Straße bringt, ist die Sorge, dass Googles Präsenz in Kreuzberg die Mieten noch weiter steigen lässt: „Die Folgen für den Kiez wären dramatisch, besonders bei den Gewerbemieten“ so Heiko Baum vom Bündnis gegen den Google Campus. Er verweist auf die Erfahrung anderer Städte, in denen Google bereits präsent ist. So hätten sich die Gewerbemieten rund um den Londoner Campus innerhalb von zwei Jahren verdoppelt. Schon jetzt würden Immobilienfirmen in Berlin mit der Nähe zu Google werben.

Der Internetriese will im alten Umspannwerk in der Ohlauer Straße Ende des Jahres ein Zentrum für Start-Ups zu errichten: Junge Unternehmen sollen gefördert werden, indem man ihnen Raum zum arbeiten und vernetzen bereitstellt. Der Campus ist Teil der Strategie des rot-rot-grünen Senats, Berlin zu einem Mittelpunkt der Start-Up-Szene Europas zu machen.

„Ein mieser Konzern“

Das Argument, dass mit der Ansiedlung der Tech-Elite neue Arbeitsplätze geschaffen werden, sieht Baum kritisch: „Die Leute, die hier verdrängt werden, haben von der Start-Up-Szene nichts.“ Ladenbesitzer wie Achim Koppitsch, der seit 14 Jahren einen kleinen Plattenladen direkt gegenüber dem Campus betreibt, sieht auch seine Existenz bedroht: „Wenn die Vermieter wollen, können sie mir die Miete verdoppeln“ glaubt er mit Blick auf seinen Gewerbemietvertrag. „Ein Hipstercafé bringt mehr als ein Plattenladen.“

Steigende Mieten sind aber nicht der einzige Grund, warum Google als Nachbar in Kreuzberg zunehmends unerwünscht ist: „Google ist einfach ein mieser Konzern, der mit Geheimdiensten und Militär zusammenarbeitet, kaum Steuern zahlt und nicht am Gemeinwohl interessiert ist“, erklärt Baum. Für viele TeilnehmerInnen steht Google für die Datensammel-Wut moderner Technologiekonzerne: „Google ist die Speerspitze des digitalen Überwachungskapitalismus, in dem Menschen immer mehr zu Nummern werden“, so der Netzaktivist Larry Page Blank, der eigentlich anders heißt, aber seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Die DemonstrantInnen hoffen, durch ihren Protest den Technologiekonzern, der sich gerne als hipp und sozialverträglich präsentiert, aus Kreuzberg vertreiben können: „Google ist sehr empfindlich für schlechte PR“, so Blank. Durch ein „breites Bündnis und Widerstand auf allen Ebenen“ will Baum an diesem Image kratzen. Grund zum Optimismus gibt es, denn die stadtpolitische Bewegung in Berlin ist nach zahlreichen Kämpfen gut organisiert. Der MieterInnenverein Lause bleibt und die Kreuzberger Nachbarschaftsinitiativen Bizim Kiez und GloReiche Nachbarschaft unterstützen den Protest.

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