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Golfstaaten und IsraelAbraham mit Gänsehaut

Es ist formell: Die Emirate und Bahrain erkennen Israel an. US-Präsident Trump setzte die Unterzeichnung der Abkommen pompös in Szene.

Die Könige fehlen: Netanjahu mit den Außenministern der Emirate und Bahrains Foto: Tom Brenner/reuters

Berlin taz | Also gleich zwei: Nicht nur mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, auch mit Bahrain hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Dienstag Abkommen unterzeichnet, die eine Normalisierung der Beziehungen mit dem jüdischen Staat vorsehen. Mit einer feierlichen Zeremonie in Washington setzte US-Präsident Donald Trump die Annäherung, die seine Regierung in den vergangenen Wochen verstärkt vorangetrieben hatte, pompös in Szene.

Es waren ungewöhnliche Szenen, die sich vor den mehreren hundert Gästen im Garten des Weißen Hauses abspielten. Zwischen den Nationalflaggen Bahrains und der Emirate wehte der blaue Davidstern Israels. Auf der Terrasse darüber standen dicht an dicht (nicht nur für Pandemiezeiten, auch für nahöstliche Verhältnisse): Netanjahu und die Außenminister der Emirate und Bahrains, Abdullah bin Zajid al-Nahajan und Abdullatif bin Raschid al-Zajani.

Mit großen Worten sparte am Dienstag niemand: Von einem „neuen Nahen Osten“ sprach der US-Präsident, von einer Zukunft, in der Muslime, Juden und Christen friedlich Seite an Seite lebten. Einen großartigen Tag für die „Kinder Abrahams“ sah Netanjahu. Und von einem „Wandel der Region“ und einer „besseren Zukunft“ sprach Abdullah bin Zajid.

In letzter Minute hatte Bahrain am Freitag angekündigt, sich den Emiraten anzuschließen, Israel ebenfalls anzuerkennen und einen Vertreter nach Washington zu entsenden. Im Gegenzug zur Anerkennung sagte Netanjahu zu, die mehrfach angekündigte Annexion von Teilen des besetzten Westjordanlands, das die Palästinenser für einen eigenen Staat beanspruchen, „auszusetzen“.

Zwar muss auf israelischer Seite jetzt noch die Knesset ihre Zustimmung geben, doch dies gilt als Formsache. Damit wächst die Zahl der arabischen Staaten, die diplomatische Beziehungen mit Jerusalem unterhalten, auf vier. Ägypten und Jordanien hatten mit Israel 1979 respektive 1994 Frieden geschlossen. Die Abkommen vom Dienstag sind im strengen Sinne keine Friedensabkommen, auch wenn sie offiziell so betitelt sind, da weder die Emirate noch Bahrain mit Israel im Krieg waren.

Zusätzlich zu den beiden Abkommen unterzeichneten alle vier Parteien am Dienstag ein weiteres Dokument: das sogenannte Abraham-Abkommen, benannt nach dem Patriarchen der drei großen monotheistischen Religionen Christentum, Judentum und Islam.

Palästinenser*innen fehlten

Die feierliche Atmosphäre konnte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass wichtige Akteur*innen im Weißen Haus fehlten. Nicht nur die Monarchen von Bahrain und den Emiraten waren zu Hause geblieben und hatten stattdessen nur ihre Außenminister geschickt. Auch Vertreter*innen der zweiten zentralen Partei im Nahostkonflikt, der Palästinenser*innen, fehlten vollständig. Die Führung in Ramallah lehnt die Annäherung strikt ab und betrachtet sie als Verrat.

Im Westjordanland protestierten Palästinenser*innen im Vorfeld der Zeremonie gegen die Unterzeichnung der Abkommen. Bei Demonstrationen in verschiedenen Städten schwenkten Demonstrierende palästinensische Flaggen. Auf Schildern stand „Nein zur Normalisierung mit der Besatzungsmacht“. Berichten zufolge blieb eine Massenmobilisierung jedoch aus; nur einige Hundert Teilnehmer*innen folgten den Protestaufrufen.

Am Abend während der Rede Netanjahus in Washington heulten in Südisrael dann die Sirenen. Nach Angaben des israelischen Militärs wurden zwei Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. Das Abwehrsystem „Iron Dome“ habe eine Rakete abgefangen, teilte die Armee mit. Medienberichten zufolge wurden in der Stadt Aschdod zwei Menschen verletzt.

Folgen weitere arabische Staaten?

Ob es bei den Emiraten und Bahrain bleibt, ist unklar. Trump zeigte sich in einer Pressekonferenz vor der Zeremonie überzeugt, dass andere arabische Staaten sich den beiden Golfstaaten anschließen werden. „Wir haben viele Nationen, die bereit sind zu folgen“, so der Präsident. Von „mindestens fünf oder sechs“ Staaten sprach Trump, der die Abkommen vom Dienstag vor der US-Wahl im November als außenpolitischen Erfolg verbucht.

Als Kandidaten gelten die Golfmonarchie Oman sowie der Sudan und Marokko. Aber auch Saudi-Arabien hat in den vergangenen Wochen signalisiert, dass es einer Annäherung zwischen arabischen Staaten und Israel zumindest nicht im Wege steht. So gestattete Riad es Flugzeugen auf dem Weg von Israel in die Emirate und zurück, den saudischen Luftraum zu nutzen.

Dass die Saudis allerdings die nächsten sein werden, die ihre Beziehungen mit Israel komplett normalisieren, gilt als unwahrscheinlich. Zum einen dürfte Riad größere Schwierigkeiten haben als die autoritären Kleinstaaten Emirate und Bahrain, einen solchen Schritt der eigenen Bevölkerung gegenüber zu legitimieren. Zum anderen war es die saudische Führung, die 2002 die sogenannte Arabische Friedensinitiative ins Leben rief, die die Politik der Staaten der Arabischen Liga 18 Jahre lang prägen sollte.

Die Arabische Friedensinitiative sieht vor, dass die arabischen Staaten Frieden beziehungsweise eine Normalisierung der Beziehungen mit Israel nur gemeinsam beschließen – nicht einzeln wie jetzt die Emirate und Bahrain. Außerdem könne es eine Anerkennung Israels nur dann geben, wenn der Konflikt mit den Palästinenser*innen gelöst ist und Israel einem eigenen Staat Palästina zustimmt.

„Die arabische Friedensinitiative war ein Hindernis auf dem Weg, Frieden mit uns zu schließen“, sagte Yossi Beilin, einstiger israelischer Friedensunterhändler, am Dienstag im Vorfeld der Zeremonie in Washington gegenüber Journalisten. Über die Unterzeichnung der Abkommen mit Bahrain und den Emiraten zeigte er sich dementsprechend erfreut: Sie seien eine der Errungenschaften, „von denen man denkt, dass man sie im Leben nicht mehr sehen wird.“

KritikerInnen halten dem entgegen, dass die US-Administration einen äußerst einseitig proisraelischen Kurs fährt, in dem die eine Konfliktpartei, die Palästinenser*innen, schlichtweg nicht vorkommen. Eine ausgehandelte Konfliktlösung in Nahost rücke damit nicht näher. Tatsächlich hatte Trump von Beginn seiner Präsidentschaft an die Palästinenser*innen vor den Kopf gestoßen, etwa indem er die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegte, dessen Ostteil die Führung in Ramallah als künftige palästinensische Hauptstadt beansprucht.

Auch in Europa überwiegt die Skepsis gegenüber der US-Nahostpolitik. Auffällig war, dass die EU am Dienstag im Weißen Haus nicht vertreten war. Auch die EU-Staaten waren fast komplett abwesend. Allein der ungarische Außenminister Péter Szijjártó hatte angekündigt, an der Zeremonie teilzunehmen.

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28 Kommentare

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  • Hier ein Link zu einem Interview im Deutschlandfunk gestern mit dem Nahostexperten Dr. Michael Lüders über diese Abkommen:



    ondemand-mp3.dradi..._1215_9e531397.mp3

    • 9G
      90564 (Profil gelöscht)
      @Martha:

      das muss dieses israelkritik-tabu sein, von dem sie immer alle reden

      • @90564 (Profil gelöscht):

        Gibt's auch was zum Inhalt, oder nur Unterstellungen?

        • 9G
          90564 (Profil gelöscht)
          @Martha:

          ist doch eh sinnlos, man weisst darauf hin, dass die "palästinensische" führung seit jahrzehnten nicht von ihren maximalforderungen abrückt und dann kommt gleich ein gegenstandswechsel, die fakten und argumente interessieren doch eh niemanden mehr, so scheintz.



          wie oft wurde denn zb schon widerlegt, dass "israel-kritik" in deutschland ein "tabu" wäre? und trotzdem tingeln die "israel-kritischen" "meinungsfreiheitsverteidiger!nnen" mit diesem evergreen weiter durch die lande und beklagen im deutschlandfunk, der taz, im spiegel, in der süddeutschen, in der frankfurter rundschau und im bundestag etc, dass sie "mundtod" gemacht würden

  • 9G
    90564 (Profil gelöscht)

    verzeihen sie, dass ich sprachgefühl irritiert habe, wieviel tote juden brauchts denn, um von "massenmord" zu sprechen?



    21, wie am 22.1.1995?



    oder



    26, wie am 25.2.1996?



    33 wie 7.11.1999?



    die 30 am 27.3.2002?



    über 1000 ermordete israelis während der intifada al aksa "reichen" also nicht für "massenmord"

    • @90564 (Profil gelöscht):

      Dann kommen gleich die Palästinenser um die Ecke, die mit dem von Ihnen sicherlich verwendeten Begriff kollateralschaden bei den Vergeltungsmaßnahmen, sowie die Beschlüssen durch Siedler im Westjordanland, erst recht von Massenmord sprechen würden.



      Massenmord ist sowas wie in Ruanda oder Nazideutschland oder Armenien oder oder. Im politischen Sinn. Das machen in Nahost weder die einen noch die anderen



      Bringt uns das weiter? Ne. Ist es on topic? Ne. Von vornherein nicht.

      • 9G
        90564 (Profil gelöscht)
        @sachmah:

        die sind gezielt als zivilist!nnen ermordet worden und natürlich ist das ein massenmord, der anschlag von baruch goldstein war auch ein massenmord, aber im gegensatz zu dem terror von hamas, PIJ, pflp, al aksa-märtyrer-brigaden, hizbullah eine ausnahmeerscheinung

  • Da ist soviel Kalkül drin, das wird nicht viel bringen. Es geht gegen Teheran, es geht gegen schiitische Bevölkerungsteile im einen oder anderen Staat. Gegen und gegen nach dem Motto der Feind meines Feindes ist mein Freund ist keine Basis für Frieden. Das ist so solide wie die Freundschaft von Trump und Kim, und bringt der Welt ebenso viel. Schade. Smarte Initiativen wären willkommen!

  • Man sollte sich einmal daran erinnern, wie der bisher einzige ehrliche Versuch, zu einer gerechten Lösung im Nahen Osten zu gelangen, zustande kam: 1990/1991 schmiedete der amerikanische Präsident Bush Senior eine Allianz gegen den Irak, an der sich fast alle arabischen Staaten beteiligt hatten. Im Gegenzug hatte er versprochen, sich danach für die Palästinenser einzusetzen. Nach dem Golfkrieg lieferte er und zwang den damaligen israelischen Premier Izhak Shimir. einen Likud-Hardliner, zu Verhandlungen mit den Palästinensern über ein Autonomie. Shamir hatte dies damals sicher nicht freiwillig getan. Durch die Ermordung seines Nachfolgers Rabin und den folgenden ersten Wahlsieg Netanjahus war dieser Friedensprozess ziemlich schnell beendet. Den folgenden US-Regierungen fehlte der politische Wille, sich in ähnlicher Weise einzumischen.

    Das Kräfteverhältnis zwischen Israelis und Palästinensern könnte ungleicher nicht sein. der palästinensische David liegt seit Jahrzehnten geschlagen am Boden, während der israelisch Goliath nicht aufhören kann zu siegen.

    Natürlich ist es da bequemer, sich auf die Seite von Goliath zu stellen und zu glauben, David sei irgendwie selber an seiner Situation Schuld, als zu versuchen, echten Druck auf Goliath auszuüben, damit er vom geschlagenen David ablässt. Die erforderliche charakterliche Niedertracht kann man sicher bei allen Golfmonarchen voraussetzen.

    Die Europäer sind wie immer unfähig zu einer eigenständigen Nahostpolitik und beschränken sich auf die Rolle des passiven Zuschauers. Indem sich sich mit einem System arrangieren, in dem es unterschiedliche Kategorien von Menschen mit unterschiedlichen Rechten gibt, verabschieden sie sich nicht nur von einer gerechten Lösung im Nahen Osten, sondern auch von den eigenen humanistischen Grundwerten die teilweise seit der französischen Revolution gegolten haben.

    • 9G
      90564 (Profil gelöscht)
      @Lenning Köstler:

      die friedensgespräche wurden durch die welle an antisemitischen massenmorde im rahmen der intifada al aksa und die weigerung der "palästinensischen" führung auch nur ansatzweise kompromisse einzugehen beendet, btw es ist abbas, der sich seit jahren jeglichen verhandlungen verweigert

      • @90564 (Profil gelöscht):

        Ach und deshalb sieht sich Israel gezwungen immer mehr Land zu beschlagnahmen und zu besiedeln?

        • 9G
          90564 (Profil gelöscht)
          @Martha:

          witzig, ein gegenstandswechsel, mal was ganz anderes, aber natürlich haben sie recht, man sollte die "palästinensische" seite für umgebrachte jüd!nnen am besten belohnen, warum auch immer so negativ?



          israel ist die einzige konfliktpartei, die sich schon mehrfach aus erobertem gebiet zurückgezogen hat

          • @90564 (Profil gelöscht):

            So garnicht witzig sind Ihre andauernden Unterstellungen - und palästinensisch brauchen Sie auch nicht ständig in Gansefüßchen zu setzen.



            Übrigens, wer außer Israel hätte sich denn aus Gebieten zurückziehen können - die palästinensische, also die andere "Konfliktpartei" sicher nicht, sie wird ja andauernd weiter verdrängt. Vorwerfen, dass sie sich nicht zurückzieht kann man ihr also nicht.

            • 9G
              90564 (Profil gelöscht)
              @Martha:

              naja, is halt ne art von galgenhumor, den man im laufe der zeit entwickelt, wenn man darauf hinweist, dass sich die "palästinensische" führung jeglichem kompromissvorschlag seit fast 30 jahren verweigert, dass dann der gegenstand gewechselt wird, weil es ja so unverschämt ist, dass jüdische menschen nach der ethnischen säuberung 1949 wieder in der westbank wohnen wollen. man stelle sich nur den (berechtigten, btw!) aufschrei vor, würde jemand fordern, dass israel moslem- und christenfrei würde und die ihre "muslimischen&christlichen siedlungen" räumen sollten, bevor man mit abbas überhaupt verhandeln solle.

      • @90564 (Profil gelöscht):

        Terminologie wie massenmorde - als hätte Terror- oder Mordanschläge nicht gereicht - lassen mich einmal mehr den Kopf schütteln. Zumal sie nicht passen. Meine Vorschläge hingegen wären passend.

        • 9G
          90564 (Profil gelöscht)
          @sachmah:

          de.wikipedia.org/wiki/Massenmord



          "Außerhalb der Kriminologie wird der Begriff in der Politikwissenschaft und auch umgangssprachlich für Ereignisse verwendet, bei denen eine sehr große Zahl von Menschen vorsätzlich getötet wurde, insbesondere bei politisch motivierten Massentötungen durch Staatsgewalt oder Terroranschläge. "

          21, wie am 22.1.1995?

          oder

          26, wie am 25.2.1996?

          33 wie 7.11.1999?

          die 30 am 27.3.2002?

          über 1000 ermordete israelis während der intifada al aksa "reichen" also nicht für "massenmord"

  • wie dauerhaft ist ein frieden ohne gerechtigkeit?



    was passiert wenn die arabischen despoten die ihre beziehungen mit israel normalisiert haben ohne auf einer vorherigen beendigung von israelischem unrecht zu bestehen stürzen?



    ist es wirklich klug den innerislamischen konflikt zwischen sunniten und schiiten zu fördern?

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Ein großer Tag für Israel.

  • Die EU war nicht dabei, weil es genauso gut ohne sie geht, wie sich gezeigt hat. Und ohne D sowieso.

    • @Mira Dora:

      Ohne die EU und Deutschland geht es nicht genauso gut, sondern besser. Deutschland und die EU pampern seit vielen Jahren die Kräfte im Nahen Osten, die Israel von der Landkarte tilgen wollen.

      Erfreulich ist der im Artikel mitgeteilte Umstand, dass es unter den Palästinensern keine Massenmobilisierung gegen die Abkommen gab. Offenbar setzt sich unter den Palästinensern immer stärker die Erkenntnis durch, dass die von ihrer Führung gepflegte Feindschaft gegen Israel ihre Lebensverhältnisse nicht verbessert. Das lässt hoffen.