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Golfen und CO2-EmissionenMit Jet und SUV aufs Grün

Die Ökobilanz des Profigolfens sorgt dafür, dass das Spiel auf dem Rasen zum dreckigsten Sport der Welt wird.

Mit dem Privatjet durch die Welt: das Flugzeug von Tiger Woods 2013 in Salzburg Foto: Imago/Ulmer/Schaad

U nter Freizeit fatal versteht man Freizeittätigkeiten, zu denen man weltverschmutzend individuell anreist. Wenn etwa Eltern ihren Fußballnachwuchs der C-Jugend per Pkw zum Spiel in den Nachbarort shutteln, gern zweimal hin und her, vielleicht sogar mit zehn Autos für 16 Kids. Fossilstoffe zu verbrennen ist spritbillig, da ist die Not zu klein für Fahrgemeinschaften. Niemand kommt auf die Idee, die Jugendlichen in den Linienbus zu setzen. Dabei böte ein solcher Mannschaftsbus („Hier kommt der VfL“) ein Extragefühl der Besonderheit.

Auch Golf ist oft freizeitfatales Sporttreiben. Golfplätze sind kaum fußläufig erreichbar. Anreise per ÖPNV geht nur selten, auch wenn man Tasche und Schläger im Clubspind deponiert hat. Wenn man die Parkplätze vor den Golfanlagen sieht, ist der Fall klar – egal ob da mehr SUV-Panzer ruhen, Benz-Cabrios oder angerostete Prollgolfs: Golf ist ökoigitt. Was tun?

Die Anreise zum grünen Paradies per E-Bike ist machbar, selbst 15 Kilometer sind schnell weggeradelt, und aufgewärmt ist man dann auch schon. In meinem Club kommt immerhin eine Handvoll angestrampelt. Aber: Viel ist das nicht eben.

Noch weit jenseits aller Fatalnormalität ist die Ökobilanz von Profis. Die minderbemittelten Millionäre unter ihnen sind per Linienflug unterwegs. Anders die großen Stars, zugepampert mit zig Millionen per annum. Das ruft nach Bequemlichkeit. Also: Privatjet. Die gibt es schon für 30 Millionen (Tiger Woods hat den teuersten: 53 Millionen). Die Folge: Berufsausübung fatal total.

Privatjet und eigener Flugschein

Ein Transatlantikflug mit einem Linienjet schlägt pro Passagier mit 0,5 bis 1,5 Tonnen CO2-Vergiftung zu Buche. Der private Kleinjet verpestet die Atmosphäre mit 25 Tonnen aufwärts. Gut, dass man meist einen Piloten an Bord hat und vielleicht ein paar Buddies, so teilt man sich fürs möglicherweise vorhandene Restgewissen den CO2-Abdruck. Ein vielbeschäftigter Golfprofi schafft an die hundert solcher Flüge im Jahr, manche auch mehr. Also durchaus 3.000 Tonnen Luftgift nur fürs Kugelschieben auf wechselnden Grüns.

Unsereins marginal naturbewusster Mensch verursacht etwa 7 bis 8 Tonnen CO2 pro Jahr, der deutsche Durchschnitt liegt bei 11,2. Für Flüge fallen statistisch weniger als eine Tonne jährlich an. Das schafft ein Golfcrack rechnerisch in einer halben Stunde. Profigolf ist wahrscheinlich der dreckigste Sport auf noch existierender Erden.

Oft machen die Stars auch einen Pilotenschein und fliegen selbst, Arnold Palmer tat das und auch Phil Mickelson. Allerdings haben Golferflüge auch ihr eigenes Risiko. 1999 war der damals große US-Profi Payne Stewart im Learjet unterwegs, allein. Plötzlicher Druckabfall. Er wurde ohnmächtig und stürzte, als der Billigsprit aufgebraucht war, in den Tod.

An die 600.000 Privatflüge, schreibt Greenpeace Österreich, gab es 2022 in Europa, fast jede sechste Maschine hob von deutschen Pisten ab. Fast drei Viertel der Flüge waren kürzer als 500 Kilometer. Immerhin ist es preiswert. Kerosin wird weder im Dreamliner noch in einer Cessna besteuert und ist für schlanke 50 Eurocent pro Liter zu tanken. Privatjets sind zudem, herzlichen Glückwunsch, vom EU-Emissionshandel ausgenommen. Wann wohl die Letzte Generation mal das Teilnehmerfeld eines großen Golfturniers auszudünnen vermag?

Bis dahin dürfen sich, jenseits vom Golf, gewissenhafte Umweltpolitiker wie Friedrich Merz und Christian Lindner trösten. Deren Fluglust erscheint verglichen mit Golfstars wie Vogelschiss.

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Bernd Müllender
Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).
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9 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die 'Großen' genauso heranziehen wie die 'Kleinen', und etwas mehr; die Klassen- und Machtfrage nie vergessen, das gilt auch für Golf, das gerade in Deutschland noch als Markier-Sport gesehen wird, wo sich Manager- und GroßerbInnen verknüpfen, wo man "Menschen mit einer ähnlichen Einstellung" treffen kann, die über Klima, Armut und so nicht so "nerven".

  • "An die 600.000 Privatflüge, schreibt Greenpeace Österreich, gab es 2022 in Europa, fast jede sechste Maschine hob von deutschen Pisten ab. Fast drei Viertel der Flüge waren kürzer als 500 Kilometer. Immerhin ist es preiswert. Kerosin wird weder im Dreamliner noch in einer Cessna besteuert und ist für schlanke 50 Eurocent pro Liter zu tanken. Privatjets sind zudem, herzlichen Glückwunsch, vom EU-Emissionshandel ausgenommen."

    Es scheint nicht allzu viele Menschen zu geben, die unter Flugscham leiden. Kerosin sofort besteuern und große Flughäfen für Privatflüge sperren! Mit welcher Begründung sind Privatjets vom Emissionshandel ausgenommen??



    Je mehr ich lese desto weniger verstehe ich Politik...

  • Verbietet Golf! Vor allem, weil man ja weiß, dass kein Fußballer jemals einen Privatjet genutzt hat, all die Fußballstadien dieser Welt mit Luft und Liebe betrieben werden und die Massen , die jeden Spieltag durch die Republik fluten, das mit Fahrrad machen.

    • @Jürgen Meyer:

      Dass es anscheinend bei Golf keine Ausschreitungen gibt, unterscheidet ihn noch von Fußball.



      Viele Hobbies sind mittlerweile äußerst zweifelhaft. Das Erdöl, das an Wochenenden mit sinnlosem, aber oft nervtötendem Herumfahren vergeudet wird, müsste gar nicht erst heraufgepumpt werden. Aber erst sollen mal die "Anderen" mit vernünftigem Verhalten anfangen. Die paar Hundert Motorräder, die in den letzten beiden Stunden alleine hier vorbeigeprollt sind, sind für die Freiheit der Nutzer unabdingbar.

  • Derweil nuckel ich auf meinem sich auflösendem papierstrohhalm rum..



    Die Wievielte tonne co2 reisst die swift momentan eigentlich ab?

  • Ein nett geschriebener Rant mit allerlei Wahrheit darin.

    Beim Lesen fiel mir allerdings gleich der "Polo"-Sport ein. Aber gemach, gemach, die edlen Rösser kann man wohl kaum über die Straße von einen Spiel zum anderen karren, oder ?

    • @Bolzkopf:

      Im gleichnamigen VW sicher, allerdings dann schon in der Dose.

  • Was bei dem guten Artikel überhaupt nicht zur Sprache kommt ist die Umweltsünde mit "dem Grün". In Gegenden, in denen das Wetter vermeintlich immer Sonne verspricht, wird der Rasen mit Grundwasser gesprengt, Glyphosat tonnenweise eingesetzt. Dort, wo kein Rasen jemals natürlicherweise wachsen würde, wird ein Grün für vermeintlich Reiche geschaffen. Auch wenn dies mit teuren Clubmitgliedsgebühren finanziert wird, bleibt der Umweltschaden allemal.



    Wenn der Sport dort bliebe, wo er herkommt, wäre es noch akzeptabel. Doch dann wäre das Wetter meistens so, dass nur an den wenigen Tagen, an denen die Sonne scheint, jemand auf einen Golfplatz ginge…



    Da sind sogar Fußballstadien, ob aus Naturrasen, Mixed-Plastik-Rasen oder vollständigem Kunstrasen (Stichwort Microplastic) bestehend zur Aufrechterhaltung der Brot-und-Spiele-Wirkung noch "umweltfreundlich".

  • Nun ja, Ski Fahren ist bestimmt extrem Klimafreundlich. Massen per KFZ hinfahren, Pisten bauen, abholzen, Kunstschnee, oh Gott.