Goldene Morgenröte in Griechenland: Ober-Neonazi bleibt in Haft
Der Chef der griechischen Neonazi-Partei muss die Morgenröte weiterhin aus dem Knastfenster betrachten. Ihm drohen 20 Jahre Haft.
ATHEN dpa | Die griechische Justiz hat die rechtsradikale Partei Goldene Morgenröte politisch enthauptet. Ihr Chef, Nikolaos Michaloliakos bleibt in Haft. Der Vorwurf: Er habe seine Partei in eine verbrecherische Vereinigung umgewandelt.
Die griechische Justiz beschloss am frühen Donnerstagmorgen nach einem Aussage-Marathon, dass Parteichef Nikolaos Michaloliakos bis zu seinem Prozess weiterhin in Haft bleiben muss. Das Haftprüfungsverfahren hatte am Mittwochabend begonnen und dauerte die ganze Nacht. Michaloliakos wurde in Handschellen abgeführt, wie das griechische Fernsehen berichtete. Er schrie: „Griechenland lebe hoch und die Goldene Morgenröte lebe hoch“. Die größte griechische Zeitung „Ta Nea“ sprach von einem nächtlichen „Thriller“ um den Parteichef.
Neben Michaloliakos sind 31 weitere führende Parteimitglieder angeklagt. Sie seien in Mord, Körperverletzung, Erpressung, Sprengstoffanschläge und Geldwäsche verwickelt, heißt es in der Anklage. Am frühen Donnerstagnachmittag sollte der stellvertretende Parteichef Christos Pappas vor dem Haftrichter erscheinen. Der Parteisprecher der Rechtsradikalen Ilias Kasidiaris erklärte am Donnerstag, es handle sich um eine „miserable Intrige“ gegen seine Partei, die “vom Ausland diktiert“ sei.
Dem Vorgehen von Justiz und Polizei gegen eine immer stärker werdende Neonazi-Szene in Griechenland war der gewaltsame Tod linken Rappers Pavlos Fyssosvorausgegangen. Er war am 18. September in Piräus von einem Rechtsradikalen niedergestochen worden.
50.000 Euro Kaution
Ein Abgeordneter und ein Funktionär der Partei sowie Fyssos mutmaßlicher Mörder sind ebenfalls inhaftiert. Drei angeklagte Abgeordnete wurden unter der Voraussetzung, dass sie das Land nicht verlassen, wieder freigelassen. Strafrechtlich verfolgt werden auch zahlreiche rangniedrige Funktionäre sowie einige Polizisten, die nach Angaben der Abteilung für interne Angelegenheiten der Polizei enge Verbindungen mit der Goldenen Morgenröte gehabt haben sollen.
Parteisprecher Kasidiaris musste zudem eine Kaution von 50.000 Euro hinterlegen. Nach seiner Freilassung unter Auflagen am Mittwoch griff er einen Kameramann an, trat auf einen Fotografen ein und warf einen anderen Kameramann um.
Parteichef Michaloliakos muss nach Angaben der Athener Boulevardzeitung „Ethnos“ nun wohl ins Hochsicherheitsgefängnis von Korydallos unweit der Hauptstadt. „Korydallos-Strasse für den Chef“, titelte das Blatt auf Deutsch und mit Buchstaben, die mit denen des Parteiblattes des Parteiorgans der NSDAP „Völkischer Beobachter“ erinnern.
Zuvor waren in den Wohungen der Festgenommenen nach Polizeiangaben neben Waffen und großen Geldsummen auch Propagandamaterial aus der Nazizeit gefunden worden. Bei einer Verurteilung drohen Michaloliakos bis zu 20 Jahre Gefängnis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sturz des Assad-Regimes
Freut euch über Syrien!
Krieg in Nahost
Israels Dilemma nach Assads Sturz
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Weihnachten und Einsamkeit
Die neue Volkskrankheit
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Missbrauch in der Antifa
„Wie alt warst du, als er dich angefasst hat?“