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Globalisierung ökologischerSchifffahrt bis 2050 klimaneutral

Auch wenn die USA nicht mitmachen wollen: Schifffahrtsorganisation IMO einigt sich mit 175 Mitgliedern auf grünen Kurs. Beifall von Umweltverbänden.

Container- und Frachtschiffe bewegen heute rund 90 Prozent des internationalen Handels Foto: imago

Hamburg taz | Die Sitze der US-amerikanischen Delegation bei den internationalen Verhandlungen um Klimaziele für die Schifffahrt blieben leer. Stattdessen versandte die Regierung von Präsident Donald Trump eine Nachricht an die anderen 175 Mitgliedstaaten der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO in London, um mit Gegenmaßnahmen zu drohen, falls irgendwelche Belastungen für amerikanische Schiffe beschlossen würden.

Trotzdem stehen jetzt die von Trump abgelehnten Klima-Beschlüsse. Bis Freitag tagte in London der Umweltausschuss der IMO. Das Ziel war schon vorher bekannt: Bis spätestens zum Jahr 2050 will die maritime Wirtschaft klimaneutral sein. Nun hat das zuständige Marine Environment Protection Committee (MEPC) konkrete Maßnahmen beschlossen.

Eingeführt wird ein zweistufiges System zur Bepreisung von Emissionen und der Handel mit entsprechenden Zertifikaten. Dieses Model orientiert sich am Emissionshandelssystem, wie es unter anderem die Europäische Union eingeführt hat: Für jede Tonne CO2, die ein Schiff ausstößt, müssen (zunehmend teurere) Verschmutzungsrechte erworben werden. Das IMO-Modell setzt so finanzielle Anreize für Reedereien, mit umweltverträglicheren Kraftstoffen zu fahren.

Zugleich wurden in London globale Standards für Kraftstoffe festgelegt. Diese fördern ebenfalls eine schrittweise Reduzierung der „Treibhausgasintensität“ der Schiffsantriebe.

Der Welthandel wird weiter wachsen

In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist die Welthandelsflotte Jahr für Jahr größer geworden. Damit ist auch in Zukunft zu rechnen. Reedereien wie Cosco, Hapag-Lloyd und MSC investieren Milliardenbeträge in neue Schiffe. Die Werften, vor allem in China und Südkorea, sind für lange Zeit ausgebucht.

Container- und Frachtschiffe bewegen heute rund 90 Prozent des internationalen Handels. Und auch wenn der deutsche Exportmotor stottert – der Welthandel wird weiter wachsen, erwartet die Welthandels- und Entwicklungskonferenz UNCTAD. Aber die Schifffahrt ist zugleich für etwa drei Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, und mit der wachsenden Flotte wird der klimapolitische Handlungsdruck größer.

Erstmals legte nun eine Industrie globale Standards für ihren CO2-Ausstieg fest. Umweltverbände in aller Welt begrüßten den Beschluss der Staatengemeinschaft. „In unsicheren Zeiten ein geopolitisch wichtiges Zeichen für den internationalen Klimaschutz“, sagte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Die Schifffahrt könne Klima und Umwelt spürbar entlasten.

NGOs hatten auf noch größere Schritte gehofft. So kritisieren sie, dass Biokraftstoffe gefördert werden. Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Schifffahrt sollte stattdessen grünes Methanol eine zentrale Rolle spielen, zeigt eine Studie des DLR Instituts für maritime Energiesysteme im Auftrag von Greenpeace. Die Branche solle nicht auf agrarbasierte Treibstoffe setzen, die wertvolle Ökosysteme zerstörten.

„Emissionskontrollgebiet“ von Portugal bis Grönland

Als vollen Erfolg werten Umweltverbände einen weiteren Beschluss, nämlich zur Luftreinhaltung. Künftig wird sich ein neues „Emissionskontrollgebiet“ von Portugal bis Grönland erstrecken, mit strengeren Grenzwerten für giftige Schwefel- und Stickoxid-Emissionen. Millionen Menschen werden, wie etwa schon an der Ostsee und der US-Küste, bessere Luft atmen.

Letztlich trotzte die IMO mit ihren Beschlüssen zudem der Trump-Regierung. „Die USA sind nur ein einzelner Staat mit einer kleinen Flotte und die Diskussionen im IMO-Gebäude gingen unverändert weiter, bis tief in die Nacht“, berichtet Nabu-Experte Lukas Leppert, der an den Verhandlungen in London teilnahm.

Ein endgültiges Ausscheiden der USA würde die Reichweite der Maßnahmen nicht beeinflussen, da potenzielle Gebühren über die Häfen erhoben werden, die Reedereien anlaufen lassen. Es seien die an den Verhandlungen teilnehmenden Staaten, die über die Zukunft der Schifffahrt entschieden haben, nicht der Staat, der den Verhandlungen fernblieb.

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12 Kommentare

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  • Bin gespannt wie die Klimaneutralität bei Schiffen durchgesetzt werden soll. Bei Fähren z.B. von Fehmarn nach Dänemark oder auf die Nordseeinseln kann ich mir sogar Akkubetrieb vorstellen. Aber das mit dem schnellen Aufladen wird schwierig.



    Biodiesel? Evt.

  • Das Genöle der Kommentatoren scheint mir ungerechtfertigt. Das ist eine Super-Nachricht, auch in Bezug auf die USA-Regierung.

    • @Birdman:

      In erster Linie handelt es sich um eine Art Absichtserklärung. Das ist etwas, immerhin. Wie und ob überhaupt irgendwas davon umgesetzt wird, ist eine ganz andere Frage.



      Noch weiss ja niemand, woher der ganze CO2 ärmere Treibstoff denn herkommen soll. Ich bezweifle, dass überhaupt jemals genügend verfügbar sein wird. Auch die FLuggesellschaften hätten ja gerne davon. Unmengen. Und wie man gerade anderswo lesen konnte, steigt auch der Stromverbrauch schneller, als dass man die erneuerbaren ausbauen kann. Wie soll man da noch die ganzen E-Fuels mit dem äusserst bescheidenen Wirkungsgrad hestellen können?

      • @Micha.Khn:

        Gar nicht. Denn E-Fuels sind lediglich ein Ruhigstellungselement. Derartig teuer, daß sie wohl nicht mal in den Privatjets der Multimilliardäre zum Einsatz kämen.

  • "Das Ziel war schon vorher bekannt: Bis spätestens zum Jahr 2050 will die maritime Wirtschaft klimaneutral sein. Nun hat das zuständige Marine Environment Protection Committee (MEPC) konkrete Maßnahmen beschlossen."



    Dafür sind Investitionen nötig, der Markt zeigt aber bei Kreuzfahrtschiffen, dass die Grüne Welle mit der klimaneutralen Flotte bislang realistisch noch nicht Mainstream ist.



    Es gibt ganz noch andere Bestrebungen aus der technologischen "Auf-/Umrüstung":



    "Emissionsarmer Schiffverkehr



    Die Schiff­fahrt spielt ei­ne er­heb­li­che Rol­le für den weltweiten Gü­ter­ver­kehr. Über 12 Mrd. Ton­nen Gü­ter wur­den 2024 durch Han­dels­schif­fe trans­por­tiert – Ten­denz wach­send. Der über­wie­gen­de Teil der Trans­port­schif­fe wird mit Die­sel­mo­to­ren an­ge­trie­ben. Die Schiff­fahrt kann ei­nen er­heb­li­chen Bei­trag zur CO2-Ein­spa­rung leis­ten. Das größ­te Po­ten­zi­al für ei­ne sau­be­re Schiff­fahrt bie­tet der­zeit flüs­si­ges Erd­gas im Schiffs­tank, denn LNG ist deut­lich emis­si­ons­är­mer als Ma­ri­ne­die­sel und Schwer­öl."



    Quelle gas-h2.de



    Die Akteure:



    background.tagessp...il-an-lng-importen

  • Der Mensch wird garantiert ein Schlupfloch finden, um sich zu bereichern. Was mit der Welt passiert, ist ihm ziemlich egal.

    • @Joachim Kappert:

      Der Mensch an sich denkt doch, dass er selbst die Welt schon wesentlich bereichert.



      Das bezieht sich nicht nur auf die alten weißen Männer und ihren Hang zum Transhumanismus in der Entourage des Orangehäuptigen.



      /



      "Die technokapitalistischen Realität



      Was Rushkoff „das Mindset“ nennt, ist ein zutiefst menschen- und umweltfeindlicher Blick auf die Welt. Die Natur und alles Lebende darin wird in der technokapitalistischen Realität zu einem quantifizierbaren Verwertungsobjekt. Und der Mensch, seine komplexen Emotionen, Beziehungen und Überzeugungen, wird zum entschlüsselbaren System aus Nullen und Einsen, das es zu Daten zu machen gilt.



      Diese endgültige Quantifizierung der Welt diene letztlich der Erschaffung einer ultralibertären Technokratie, zum maximalen Nutzen der Tech-Elite."



      Quelle daserste.de

      Wenn Tiere doch reden könnten:



      "Die Mitteilungsmöglichkeiten des Menschen sind gewaltig, doch das meiste, was er sagt, ist hohl und falsch. Die Sprache der Tiere ist begrenzt, aber was sie damit zum Ausdruck bringen, ist wichtig und nützlich." Das Genie Leonardo da Vinci hat sich mit diesem Satz kleingemacht gegenüber der oft als minderwertig eingeschätzten Kreatur."



      Quelle nordbayern.de

  • Ach wieder so ein Vertrag für den wir eine Generation Zeit haben. Dann tun wir halt nur ein bisschen, bauen gleichzeitig kräftig neue Schiffe und am Ende bleibt der Verbrauch gleich.

  • Wenn 150 Länder mitmachen und 5 nicht, dann fahren halt 2050 95% aller Schiffe mit den Flaggen dieser 5 Länder. Ist ja heute schon aus Steuerlichen, Arbeitsrechtlichen und Vorschriften wegen nicht anders. Kaum ein Containerschiff fährt unter deutscher Flagge, ich zumindest kenne keines.

    • @Hans Dampf:

      Das passiert aber nur dann, wenn die Länder keinen "Ar..." in der Hose haben. Sobald die Flotte der Länder, die nicht mitmachen, schlicht und einfach von den Häfen in Ländern ausgeschlossen wird, die das Projekt mittragen, dann lässt bei den Verweigeren kein Reeder seinen Dampfer registrieren.

      • @Perkele:

        Keiner kann einen Hafen von internationalem Rang für ein paar Jahre stillegen. Es gibt überall Alternativen und man kann auf die Erträge nicht verzichten. Schließlich sind die meisten Schiffe nach monetären Gesichtspunkten geflaggt, so daß sich die Frage stellt, ob es, abgesehen von denen der US-Marine, überhaupt Schiffe gäbe, die man benachteiligen könnte, um Trumps Zorn zu erregen.

  • Ich weiss nicht so genau, was ich sagen soll?

    Jawohl, es ist richtig, Hapag Lloyd (Klaus M. Kühne) hat mind. 12 Grosscontainerschiffe im Wert von knapp 4Milliarden bestellt, die über 'GREEN Loans' der KfW finanziert werden.

    Diesen Schiffen mit MAN Dual-Fuel Motoren wird von Studien seit Jahren eine bis zu 1.7x höher GHG-Bilanz als konventionellem Treibstoff, also Schweröl & Marinediesel.

    Darüber hinaus wurde Motorenherstellern, also allgemein und nicht nur aus Niedersachsen (Olaf Lies), gerade die Verwendung von falschen Zahlen/Werten attestiert.

    Es ist gut, wenn der der finanzielle Druck auf die Branche endlich erhöht wird, unabhängig davon, wie 'Schifffahrtsexperten' wie Greenpeace & Nabu das kommentieren.!

    Vel interessanter wäre allerdings, wenn endlich mal erläutert würde, wo all die Erneuerbaren zur E-Fuel Produktion (H-Derivate) für den gewaltigen Energiebedarf von Schiff- & Luftfahrt (+Stahl/Zement/Chemieindustrie & E-Mobilität herkommen sollen.

    Es bleibt zu hoffen, dass endlich das Treiben in der Heimat von Olaf Lies & Volkswagen Group (Forschungszentrum Elsfleth, Kompetenzzentrum Green Shipping, Mariko...) aufgearbeitet wird:

    20 Jahre 'GreenShipping Niedersachsen'!