Gleichgeschlechtliche Ehe in Bolivien: Kampf gegen Behörden und Gerichte
Zwei Jahre haben David Aruquipa und Guido Montaño gekämpft. Jetzt sind sie auch amtlich Boliviens erstes schwules Ehepaar.
Vor zwei Jahren hatten die beiden den Eintrag ihrer Partnerschaft ins Zivilregister beantragt. Er wurde mit Verweis auf Artikel 63 der Verfassung abgelehnt. Danach kann eine Ehe nur die Verbindung eines heterosexuellen Paares sein, so die Begründung. Das Paar legte Widersprich ein. Die Verfassung verstoße gegen internationale Menschenrechtsstandards, so das Argument der beiden Männer. Sie beriefen sich auf eine Erklärung der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH). Partnerschaften von gleichgeschlechtlichen Personen sind anzuerkennen und zu schützen, hatte die Kommission entschieden.
Damit begann das Tauziehen mit Behörden und Gerichten. „Es war eine quälende Erfahrung, aber wir hatten beschlossen, nicht aufzugeben“, so Aruquipa. Schließlich lag der Fall beim Verfassungsgericht. Da auch in Bolivien internationales Recht über nationalem Recht steht, konnten die Richter*innen nicht anders urteilen. Die gaben den beiden Männern recht. Seit Freitag ist ihre Zivilehe offiziell registriert.
Glückwünsche kamen von vielen Seiten. „Eine gute Nachricht: Nach einem schwierigen Rechtsstreit erkennt Bolivien zum ersten Mal die freie Vereinigung eines gleichgeschlechtlichen Paars an. Ein großer Schritt für die Gleichstellung vor dem Gesetz im Land“, twitterte José Miguel Vivanco von Human Rights Watch. Auch das lokale Büro der Vereinten Nationen begrüßte die Entscheidung: „Das Verfassungsgericht unterstreicht den Schutz der Menschenrechte unabhängig von ihrer sexuellen Ausrichtung.“
„Liebe ist Liebe, und deshalb ist ganz klar: Wenn diese Liebe Widerstand erfährt, wenn diese Liebe verletzt wird, dann muss man für sie kämpfen, das gilt für jedes Paar, auch für Homosexuelle“, so Aruquipa. 2008 hatten sich der Unternehmer David Aruquipa und der Rechtsanwalt Guido Montaño kennengelernt. Beide lebten bereits zuvor offen ihre Homosexualität. Ihr erster Kuss fand in aller Öffentlichkeit statt. „Wir waren in einem Restaurant. Dort wollten sie uns einen privaten Ort geben, an dem wir „ruhig“ sein könnten. Wir haben das nicht akzeptiert, wir hatten nichts zu verbergen“, erinnerte sich Aruquipa.
Es war nicht nur der Kampf für ein offenes schwules Leben, es ging auch schlicht um alltägliche Rechte, die anerkannten Partnerschaften zustehen. „Als Guido eine Notoperation benötigte, durfte ich das nicht genehmigen. Er musste einen weiteren Tag durchhalten, bis ein Verwandter zum Unterschreiben ins Gesundheitszentrum kam“, erzählte David Aruquipa.
Für das nun eingetragene Paar ist die Geschichte damit nicht zu Ende. „Es ist ein erster Schritt, der uns dem Ziel einer Änderung der Gesetzgebung näherbringt“, so Aruquipa.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“