Gleiche Bezahlung von Lehrkräften: Bewegung beim Thema A13 für alle

Bisher bezahlen nur die Hälfte der Bundesländer alle Leh­re­r:in­nen gleich. Drei Länder ziehen bald nach, auf den Rest will die GEW Druck ausüben.

„Come In And Burn Out“ und „A13 Schmerzensgeld“ steht auf einem Transparent während eines Protestes von Grundschullehrerinnen und -lehrern aus Sachsen-Anhalt vor dem Landtag in Magdeburg

Grundschullehrkräfte fordern eine gerechte Bezahlung Foto: Ronny Hartmann/dpa

BERLIN taz | Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert, dass einige Bundesländer immer noch nicht alle Lehrkräfte gleich entlohnen. Eine landesweit einheitliche Eingangsbesoldung (in der Regel A13) haben bisher nur die Hälfte der Länder umgesetzt. Schlechter bezahlt werden vor allem Grund- und Haupt- und Realschullehrer:innen.

Der Unterschied beträgt mehrere hundert Euro: Eine Lehrkraft mit A13 verdient je nach Bundesland als Einstiegsgehalt aktuell zwischen 3.900 Euro (Mecklenburg-Vorpommern) und 4.600 Euro (Bayern). Bei A12 liegt die Spanne zwischen 3.500 und 3.900 Euro.

Am Samstagvormittag hat die GEW deshalb zu einer Protestkundgebung in Frankfurt am Main aufgerufen. Hessen ist eines der Länder, die eine gleiche Bezahlung bislang aus Kostengründen ablehnen. Nur falls die Nachbarländer hessische Fachkräfte mit höherem Gehalt weglocken, sieht die schwarz-grüne Landesregierung nach eigenen Angaben Handlungsbedarf.

Dieser Fall könnte bald eintreten. Denn mit Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bayern haben in den letzten Monaten drei unmittelbare Nachbarn Hessens ein höheres Lehrergehalt an Grundschulen & Co. angekündigt. Alle reagieren damit auf den Lehrer:innenmangel, der sich vor allem dort zeigt, wo das Personal schlechter bezahlt wird als an den Gymnasien.

In NRW hat sich die neue schwarz-grüne Landesregierung deshalb auf eine schrittweise Erhöhung der nichtgymnasialen Lehrkräfte auf A13 geeinigt, zunächst über Zulagen. Ab August 2026 sollen dann auch Leh­re­r:in­nen an Grundschulen und der Sekundarstufe I in die höhere Besoldungsstufe aufgenommen werden. Schulministerin Dorothee Feller (CDU) bezeichnet die Angleichung als ein „deutliches Signal der Anerkennung und Wertschätzung“. 900 Millionen Euro gibt NRW dafür allein bis 2026 aus.

Hat Bildung Priorität?

Auch in Niedersachsen führt eine Landtagswahl zu höherem Gehalt der Lehrkräfte. Schon im Wahlkampf waren sich SPD und Grüne einig, dass alle Lehrkräfte A13 bekommen sollten. Entsprechend steht das Versprechen auch im Koalitionsvertrag, den Rot-Grün diese Woche unterschrieben hat. Die Koalition geht von Mehrausgaben von 220 und 300 Millionen im Jahr aus.

Zu den Kosten sagte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), dass Bildung „Priorität im Landeshaushalt haben muss“. Mit A13 für alle will das Land mehr Lehrkräfte gewinnen. Der Zeitplan der Reform steht aber noch nicht fest.

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat im September A13 für alle Lehrkräfte versprochen. Wie ernst es Söder mit der Ankündigung ist, ist allerdings unklar. Im kommenden Jahr steht in Bayern eine Landtagswahl an. Erst danach will Söder die Aufstockung aller Leh­re­r:in­nen auf A13 umsetzen. Druck bekommt Söder beim Thema A13 auch vom eigenen Koalitionspartner. Und von der Realität an den Schulen.

Zum Schulstart wurde bekannt, dass auch Bayern mittlerweile stark vom Leh­rer:­in­nen­man­gel betroffen ist. Vor allem an Grund- und Mittelschulen (so heißen die Hauptschulen in Bayern) fehlt Personal. Das musste auch Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) einräumen. Wohl auch deshalb ist Bayern nun offenbar bereit, in höhere Gehälter zu investieren. Laut Finanzministerium in München wären für die A13-Mehrkosten rund 190 Millionen Euro im Jahr fällig.

GEW-Vorständin Frauke Gützkow freut sich über die Bewegung in den drei Ländern. „Die bessere Bezahlung ist ein wichtiger Baustein, um den Lehrkräftemangel zu bekämpfen“, so Gützkow. „Die Länder mit besonderem Beharrungsvermögen werden sich einer fairen Lösung nicht länger entziehen können.“ Damit meint sie Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Baden-Württemberg und Hessen.

Es fehlen 40.000 Leh­re­r:in­nen

Neben den finanziellen Mehrkosten begründen diese fünf Länder die unterschiedlichen Gehälter auch mit dem längeren Studium bei Gym­na­si­al­leh­re­r:in­nen sowie deren höhere Arbeitsbelastung durch größere Klassen oder längere Arbeitszeiten. Eine Begründung, die der Arbeitsrealität an vielen Grund- oder Hauptschulen nicht gerecht wird – und vermutlich auch nicht förderlich ist, um neue Fachkräfte zu gewinnen. Einzig die schwarz-rot-gelbe Koalition in Sachsen-Anhalt hat angedeutet, dass sie es sich anders überlegt. Einen Antrag der Linksfraktion für ein besseres Gehalt an Grundschulen haben die Parteien jedoch gerade abgelehnt.

Dabei sind sich alle Seiten einig, dass die Politik den Fachkräftemangel dringend angehen muss, um guten Unterricht für alle Schü­le­r:in­nen zu gewährleisten. Aktuell fehlen nach Einschätzung des Deutschen Lehrerverbandes bundesweit 40.000 Lehrkräfte. Im Jahr 2035 könnten es bereits mehr als 150.000 sein, warnt der Bildungsforscher Klaus Klemm.

Die Kultusministerkonferenz (KMK) will mehr Personal vor allem dadurch gewinnen, dass sie für mehr Ausbildungsplätze und niedrigere Abbruchquoten an den Unis sorgt und mehr Personen für einen Quer- und Seiteneinstieg gewinnt. Allerdings erschöpft sich nach Einschätzung des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation der Markt.

Welche Folgen das hat, sieht man derzeit in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Dort sollen nach Plänen aus Potsdam und Schwerin künftig auch Lehrkräfte ohne Staatsexamen oder Masterabschluss verbeamtet werden können. Eigentlich eine Verletzung der von der KMK 2013 beschlossenen Standards.

Wie so oft im Bildungsföderalismus hat jedes Land natürlich noch seine eigenen Ideen. In Sachsen-Anhalt dürfen Studierende im Masterstudium schon an Schulen arbeiten. Berlin verbeamtet seit Kurzem wieder seine Lehrer:innen. Woanders sollen Pensionäre oder geflüchtete Lehrkräfte aus der Ukraine einspringen. Ein weiterer begehrter Trick: neue Stellen schaffen.

Hessen wiegelt ab

Diesen Trick hat soeben Hessens Bildungsminister Alexander Lorz (CDU) angewendet. Im Bildungsetat für 2023/24 hat sein Ministerium 4.000 neue Stellen an Schulen eingeplant. Ob und mit welchem Personal er diese Stellen überhaupt besetzen kann, scheint ihn nicht weiter zu interessieren.

Zum Schulstart im Herbst bestritt Lorz, dass der Personalmangel an hessischen Schulen dramatisch sei. Opposition und Lehrerverbänden, die das kritischer einschätzen, warf der Bildungsminister Panikmache vor.

Derzeit sollte man eher nicht davon ausgehen, dass die hessische Landesregierung ihre Meinung ändert und doch noch auf eine attraktivere Bezahlung an Grundschulen setzt. Vielleicht muss es wieder eine Landtagswahl richten. Auch in Hessen wird kommendes Jahr gewählt.

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