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Gleichberechtigung für trans FrauenVerstoß gegen die Menschenrechte

In einer heterosexuellen Welt ist es eigentlich selbstverständlich, ein Kind zu bekommen. Für eine trans Frau aber ist es fast unmöglich.

Einer trans Frau wird das Recht Adoption per Gesetz verhindert Foto: reuters

Letztes Wochenende habe ich mit meinen Kindern einen schönen Tag am See verbracht.“ Vielleicht fangen meine Kolumnen eines Tages so an – wenn mein Recht auf Adoption nicht per Gesetz verhindert wird. In einer heterosexuellen Welt ist es eigentlich selbstverständlich, ein Kind zu bekommen. Für eine trans Frau aber ist es fast unmöglich. Das ganze System ist auf die heterosexuelle Identität zugeschnitten. Gesetze und Regelungen haben sich stets in dieser Matrix entwickelt.

In der Menschenrechtserklärung steht: „Alle sind gleich“, doch mit „alle“ sind eigentlich heterosexuelle Personen gemeint. Was das Recht angeht, ein Kind zu bekommen, sind cis und trans Personen nie gleichberechtigt. Während eine heterosexuelle Person ein Kind bekommen kann, ohne dafür kämpfen zu müssen, ist eine trans Frau gezwungen, gesetzlich vorgeschriebene absurde Prozeduren zu durchlaufen. Dafür wendet sie ihr halbes Leben auf.

Die Botschaft, die hier gegeben wird, ist klar, auch wenn das nicht offen in den Gesetzen steht. Für die traditionelle Familienstruktur und die gesellschaftliche Moral ist es bedenklich, dass eine trans Frau Mutter ist. Doch wonach bemessen sich diese Vorbehalte? Zum Beispiel können Serienmörder, Vergewaltiger, Drogendealer, Terroristen, Kriegsverbrecher und folternde Polizisten Eltern werden. Aber wenn eine trans Frau Mutter wird, ist das bedenklich.

Am Wochenende sehe ich nachts minderjährige Jungen und Mädchen auf der Straße, in den Händen Bierflasche oder Joint. Sind die Eltern dieser Kinder etwa bedenklich? Seit Jahren lesen wir in den Zeitungen Nachrichten von Kindern, die missbraucht, vergewaltigt oder ermordet wurden. Weist das nicht auf bedenkliche Eltern hin?

Eine Gesellschaft geschaffen vom Patriarchat

Vorbehalte bezüglich der Eignung zur Elternschaft sollten nicht von der Genderidentität oder der Genderorientierung eines Menschen abhängen. Entweder Sie sind ein guter Mensch oder ein schlechter, alles andere spielt keine Rolle. Eine trans Person kann jeder gesellschaftlichen Gruppe beitreten außer der Keimzelle der Gesellschaft, der Familie. Das ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte.

Schauen Sie mich an: Ich habe dafür gekämpft, eine Frau zu sein, eine Unterkunft zu haben, eine Ausbildung zu haben. Ich kämpfe immer noch dafür, mich im Journalismussektor auf den Beinen halten zu können. Niemand hat das je zweifelhaft gefunden. Aber mein größter Wunsch, Mutter zu werden, soll bedenklich sein. Das eigentlich Bedenkliche ist das Patriarchat selbst, sind die Regeln, die es uns überstülpen will.

Bedenklich ist eine Gesellschaft, die – geschaffen vom Patriarchat mit den Zutaten Religion, Familie, Moral – blind, taub und stumm ist. Eines Tages werde ich an einem Berliner See meinen Kindern beim Schwimmen zusehen, während ich ein Buch lese. Dafür werde ich kämpfen. Mutter zu werden ist eine Hoffnung für mich. Hoffnung ist nichts Bedenkliches, hoffe ich.

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10 Kommentare

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  • Hm, worum geht es in diesem Artikel eigentlich? Ich kenne einen Transmann, der in der Angleichung nicht so weit gegangen sind, dass er dann schwanger geworden ist. Ein anderer wiederum hat Kinder aus dem Leben aus Frau und ist der Meinung, dass Schwangerschaft und Geburt so elementare Erfahrungen sind, dass er immer die Mutter der Kinder bleiben wird, obwohl rechtlich nun ein Mann. Der biologische Weg der Elternschaft bei Transmenschen dürfte doch von Grad der Angleichung abhängen. Adoptionsverfahren sind immer mit der Überprüfung der "Eignung" verbunden, die bei klassischer Zeugung keiner überprüft. Ein schwules Paar hat da diesselben Probleme. Worum geht es der Autorin? Darum, dass sie als Mensch ohne Gebärmutter niemals die biologische Mutter eines Kindes sein kann? Die Autorin hat offenbar einen Wunsch, den das miese Leben nicht erfüllt. Mutter sein. Geht mir auch so. Ursachen sind z.B. fehlender Partner, Fruchtbarkeitsprobleme etc. Das Recht auf ein Kind hat niemand, wo könnte ich das denn einklagen, beim lieben Gott? Was bitte hat es mit dem Patriarchat zu tun, wenn man nicht den passenden Partner findet? Im Gegenteil bekäme man in erzpatriarchalen Kulturen schon im Kindesalter einen Heiratspartner vermittelt. Da gäbe es dann aber keine Transfrauen, keine Alleinlebenden, keine Homoehe etc. Liberalität in Sachsen Partner- und Fortpflanzungsfragen haben nun mal die Folge, dass es damit auch schief gehen kann. Das hat mit trans, hetero oder homo aber nur am Rande zu tun.

  • Zitat: „Mutter zu werden ist eine Hoffnung für mich. Hoffnung ist nichts Bedenkliches, hoffe ich.“

    Wie immer im Leben gilt auch in diesem Fall: Kommt ganz drauf an.

    Etwas „Bedenkliches“ ist Hoffnung für all die, die was zu verlieren haben, wenn andere etwas gewinnen. Etwas, wovon sie sich keinesfalls trennen wollen. Das Privileg etwa, per se als wertvoller zu gelten.

    Wer Kinder hat, weil er ihnen „eines [schönen] Tages an einem Berliner See […] beim Schwimmen zusehen“ möchte, während er selber ein Buch liest, der hat vermutlich kein Problem mit Leuten, die die selbe Hoffnung haben. Wer seine Kinder aber als Beweis dafür herzeigen will, dass er heterosexuell und also völlig in Ordnung ist, egal was er sonst noch so treibt, für den kann manche Hoffnung sehr bedenklich werden.

    Wenn nämlich nicht länger die zur Schau gestellte Heteronormativität ausreicht als Beweis für die persönliche Eignung eines Menschen, Elternteil zu werden, dann kann es sein, dass man sich ganz neu qualifizieren muss. Leute, die nicht wirklich selbstsicher sind, fürchten sich davor womöglich. Könnte ja sein, dass sie (wieder) versagen.

    Ich finde es wird Zeit, den von Versagensängsten Gequälten ihre Furcht zu nehmen. Sie müssen nicht mehr alles ganz alleine auf die Reihe kriegen. Es gibt inzwischen genügend Vorbilder, die Unterstützung annehmen und auch bekommen können im Zweifelsfall. Es gibt die neuen Väter, die neuen Arbeitgeber, es gibt Kitas und Erziehungsberatungsstellen, es gibt im Notfall sogar Kliniken die helfen, wenn man allein nicht mehr weiter weiß.

    Vor allem aber gibt es ein zunehmendes Bewusstsein dafür, dass ein Fehler noch nicht das Ende der Welt sein muss, sonder nur eine Chance ist, was dazu zu lernen. Vorausgesetzt natürlich, der Fehler bringt das Kind nicht ernsthaft in Gefahr. Wer also außer schwarzer Pädagogik nichts gelernt hat von seinen Hetero-Eltern, ist schon ein bisschen angepisst. Und zwar völlig zu recht. Er hätte sich ja andere Vorbilder suchen können.

  • Zunächst einmal steht in der Menschenrechsterklärung nicht, das alle Menschen gleich sind. Da steht "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren." Aber ich verstehe was Sie damit sagen wollen.

    Ich unterstütze Ihre Forderung Kinder adoptieren zu dürfen. Wenn ich das aber richtig verstanden habe, müssen sich aber auch Hetero-Paare oder Single Frauen/Männer langen Begutachtungen unterziehen und auch für diese Menschen ist es nicht einfach oder eine Sache von ein paar Monaten.

    Es wäre hilfreich gewesen, an welcher Stelle ihnen Steine in den Weg geworfen werden, die nicht auch andere Adoptionswillige Paare oder Singles in den Weg geworfen werden und die ausschließlich auf ihren Status als Trans-Frau zurückzuführen sind.

    Wo Sie sich aber einen Bärendienst in diesem Artikel geleistet haben ist ihr Hinweis auf das Patriarchat. Damit machen Sie ihr ganzes Anliegen angreifbar und positionieren Ihre Argumentation in die Ecke von Verschwörungstheorien. Es wird ihnen schwer fallen, die Begründung für die aktuellen Adoptionsgesetze in patriarchalischen Zielen zu finden. Zum anderen ist es auch nicht hilfreich mit der Vergangenheit zu argumentieren, wenn sie einen aktuellen Zustand als verbesserungswürdig erörtern wollen. Da reicht es alleine zu zeigen dass es jetzt nicht ok ist, und wie es in Zukunft besser sein soll.



    Vielleicht könnten Sie aber auch gegen die Ängste um das Kindeswohl argumentieren, die Gegner der Adoption von Trans-Menschen möglicherweise haben.

  • 1) Auf welche Gesetzesstelle bzw. -stellen bezieht sich die Autorin? Ich kann keinen Unterschied zwischen bio und trans Personen erkennen.

    2) Serienmörder, Vergewaltiger, Drogendealer, Terroristen, Kriegsverbrecher und folternde Polizisten können gerade keine Adoption vornehmen, da das polizeiliche Führungszeugnis vorzulegen ist.

  • Das ist schon so eine Sache. Entspricht man nicht dem Ideal, sprich heterosexuell, mit hohem Einkommen und einem Touch von Spießigkeit, kann man kein Kind adoptieren. Pflegeelternschaft ist eher zugänglich, bis hin zur völligen Gleichgültigkeit der Behörden, was da so abgeht. Den Kindern ist in diesem System nicht geholfen. Ich wage zu behaupten, dass eine transsexuelle Person, ohne großartiges Einkommen, die es schafft eine liebevolle Verbindung zu einem Kind aufzubauen weitaus besser geeignet ist, dem Wohl des Kindes zu entsprechen, als eine Heimunterbringung mit all den strikten Regeln und entsprechenden Sanktionen (ähnlich einer Haft mit Freigang) es ist. Liegt wohl an der Beschaffenheit der Entscheidungsträger, die auch wirklich alles unterstützen, was am System schlecht ist.



    Das gilt für die USA, Deutschland und den Rest der Welt. Es ist fast so, als wollte man mit dieser Art und Regelung ein repressives Zeichen setzen.

  • Naja, die Drogendealer*innen usw. haben ihre Kinder ja (hoffentlich?) nicht adoptiert, sondern sind auf dem biologischen Weg Eltern geworden. Wenn einer Transfrau das gelänge, könnte der Staat da auch nix gegen sagen. Eine Adoption sollte sich hoffentlich für Dealer, Serienmörder und Terroristen (jeweils m/w/d) auch recht schwierig gestalten. Dennoch sind die Kinder der drogendealenden etc. Eltern bedauernswerte Geschöpfe, und ich habe keine Zweifel, dass Sie eine bessere Mutter wären. Ich drücke Ihnen die Daumen, dass es klappt!

    • @miri:

      Kann sie - steht aber in der Geburtsurkunde des Kindes als Vater drin.



      Und üblicherweise(*) geht das auch nur, wenn sie eben nicht hetero ist.

      (*) Es sei denn, sie ist mit einem Transmann liiert und das Kind wurde pre-allem möglichen gezeugt.



      In dieser Konstellation dürfte das Kind dann den Vater als Mutter und umgekehrt eingetragen bekommen.

      • @Isa Belle:

        § 1591 BGB:



        "Mutterschaft



        Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat."

        So ist das nun mal.

        • @Saccharomyces cerevisiae:

          "Warum darf ein Kind keine zwei Mütter haben?" --> "Weil es geschrieben steht. Deshalb!"

          Ungefähr so?^^

      • @Isa Belle:

        Hallo,



        Danke für die Präzisierung!



        Gruss