piwik no script img

Giffeys Vorstoß gegen CybermobbingMehr Experten statt Gesetze

Tanja Tricarico
Kommentar von Tanja Tricarico

Gegen internationale Firmen werden Giffeys Gesetze nicht helfen. Cybermobbing ließe sich mit mehr Kompetenz bei Polizei und Justiz bekämpfen.

Handys sind nicht per se schlecht für Kinder – sie brauchen aber den richtigen Schutz Foto: Diego Passadori/Unsplash

E s ist kompliziert. Und ja, es kann zum Albtraum werden, dieses Internet. Diese digitalen Medien, die uns einerseits Zugang zu so vielen Informationen liefern und zugleich Menschen virtuell wie real gegeneinander aufwiegeln und für Hass, Leid und Ausgrenzung sorgen. Nun kommt also der nächste verzweifelte Versuch, den Hass, der im digitalen Zeitalter die Smartphones flutet, einzugrenzen. Dieses Mal probiert es Familienministerin Franziska Giffey.

Die SPD-Politikerin kündigt Gesetze an, die den Jugendschutz in den digitalen Medien verschärfen sollen. Ihr Ziel: Sie will Cybermobbing und Hate Speech im Klassenchat beenden. Helfen sollen bessere Voreinstellungen bei Messengerdiensten wie WhatsApp oder Telegram und Melde- und Beschwerdesysteme, die Mob­ber*innen entlarven.

Bemüht wird außerdem die viel beschworene Medienkompetenz in Familien und an Schulen. Klar, wenn schon Siebenjährige problemlos fiese Nachrichten an ihre Freund*innen schicken, obwohl sie noch nicht mal richtig schreiben können, liegt bei der Medienkompetenz richtig was im Argen.

Chatplattformen, Messengerdienste oder digitale Bewertungsforen in ihre Schranken weisen zu wollen haben schon einige Minister*innen angekündigt – Amtsträger*innen in den Ressorts Justiz und Bildung etwa. Auf EU-Ebene kamen die Wettbewerbs- und Bürgerrechtskommissar*innen dazu. Allen ist es bisher nicht gelungen, die Unternehmen hinter den Plattformen dazu zu zwingen, Inhalte, die zu Hass und Hetze führen, dauerhaft und schnell zu blockieren oder zu löschen.

Selbst wenn Posts eindeutig strafbar sind, also etwa Kinderpornografie, Gewaltvideos, verfassungsfeindliche Äußerungen, die Probleme sind immer dieselben: Die Firmen agieren aus dem außereuropäischen Ausland, und weil kriminelle User*innen auch gute Kund*innen sind, werden Filter nicht in dem Maße eingesetzt, wie es technisch möglich wäre.

Daran wird wohl auch Giffey scheitern. Was helfen könnte, wären mehr Expert*innen bei Polizei und Justiz und tatsächlich im Klassenzimmer. Aber all das fällt leider nicht in Giffeys Ressort.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Tanja Tricarico
Ressort ausland
Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Seit März 2024 im Ressort ausland der taz, zuständig für EU, Nato und UN. Davor Ressortleiterin Inland, sowie mehrere Jahre auch Themenchefin im Regie-Ressort. Privat im Einsatz für www.geschichte-hat-zukunft.org
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Ja, ExpertInnen sind das eine. Das andere: dickere Bretter bohren.

    Wir müssen verstehen lernen, dass diese Medien mit Absicht süchtig machen. Das ist ihr Geschäftsmodell.

    Ich empfehle humanetech.com/ -- die beschäftigen sich genau damit. Aber das ist natürlich der langsame Weg. Sehr dicke Bretter.