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Gewerkschaften aus 15 LändernVereint gegen den Amazon

Gemeinsam gegen miserable Arbeitsbedingungen beim Online-Riesen: In Berlin verbünden sich internationale Gewerkschaften gegen Amazon.

Für bessere Arbeitsbedingungen: ein Amazon-Beschäftigter beim Streik nahe Madrid, 2018 Foto: reuters

Berlin taz | | Sie stammen aus allen Ecken der Welt, von Brasilien über Schweden bis nach Australien, verfolgen dabei ein gemeinsames Ziel: Die Interessen der Beschäftigten beim Online-Riesen Amazon selbstbewusst zu vertreten – und zwar auf globaler Ebene. Dazu haben sich am Montag GewerkschaftsvertreterInnen aus insgesamt 15 Ländern in Berlin versammelt.

Eingeladen hatten die deutsche Verdi und die internationale Gewerkschaftsorganisation UNI global union, die weltweit laut eigenen Angaben rund 20 Millionen Beschäftigte im Dienstleistungssektor vertritt. Im Mittelpunkt des zweitägigen Treffens: Die miserablen Arbeitsbedingungen beim Internethändler.

Wegen krankheitsbedingter Kündigungen, Ausgliederungen und Überwachung am Arbeitsplatz steht der US-Konzern in der Dauerkritik. Immer wieder kommt es zu Streiks – wie jüngst erst vor Ostern am Standort Leipzig.

Kooperation seit 2014

Als „einen der wichtigsten Arbeitskämpfe der jüngeren Geschichte“ bezeichnet die Generalsekretärin von UNI global union, Christy Hoffmann, denn auch die Auseinandersetzung mit Amazon. Seit 2014 besteht die internationale Kooperation. Beim Treffen in Berlin sind 69 GewerkschaftlerInnen dabei.

Einer von ihnen ist Douglas Harper Mendiluce aus Spanien. Der 39-Jährige ist Mitglied der größten spanischen Gewerkschaft CCOO und in Madrid selbst bei Amazon beschäftigt – allerdings nicht als Versandmitarbeiter im Verteilerzentrum, sondern in der Technikabteilung. „Die Bedingungen bei mir sind gut“, sagt er.

Für seine vielen Kollegen am Fließband kann er das dagegen nicht behaupten. Um zu geringere Bezahlung gehe es da aber weniger, meint Mendiluce. „Das größte Problem ist der psychische Druck“, sagt er. Von vielen Beschäftigten wisse er von Stress wegen hoher Zeitvorgaben und wegen Kontrollen durch Videoüberwachung.

Das größte Problem ist der psychische Druck

Douglas Harper Mendiluce, CCOO

Die Forderung des Spaniers ist daher klar: „Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter zuerst – und nicht die Produktivität.“ In dieselbe Stoßrichtung geht, was der Koordinator des Treffens von der UNI global union, Nigel Flanagan, sagt: „Jeff Bezos ist der reichste Mensch der Welt und Amazon beherrscht den Markt, aber bei den meisten Mitarbeitern kommt davon nichts an“, beklagt er. Das zu ändern, sei die Herausforderung.

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5 Kommentare

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  • Mit "Nichtbestellen" wird man bei Amazon nichts verändern, dafür ist der Konzern inzwischen zu breit aufgestellt. Nein, es kann nur über Gesetze (Arbeitszeitgesetz, Finanzen) und Kontrollen gehen.

  • Nicht nur wegen den Angestellten: Ich habe noch nie irgendeinen Artikel bei dem Konzern bestellt oder bezogen! Ich will den Angestellten ihren Arbeitsplatz ja nicht im geringsten streitig machen: Aber ist denn Amazon nicht eine Daten- und Geldkrake?

  • Jetzt wollen Amazon und ebay ihre Zahlen mit Picking der Waren in Sekunden noch weiter steigern.



    Für die Entdeckung der Langsamkeit.



    Nicht erwarten, dass die Post in Sekunden kommt; und bummeln beim Arbeiten.

  • Amazon's warehouse-worker tracking system can automatically pick people to fire without a human supervisor's involvement



    www.businessinside...me-off-task-2019-4

  • Es gibt bei Amazon-Standorten in Deutschland immer mal Streiks. Aber sie haben definitiv keine Auswirkungen. Man muss einen bzw. gleich mehrere Standorte „bestreiken“. Das bedeutet, niemand kommt mehr rein und niemand raus. Voraussetzung ist natürlich, dass genügend Arbeitnehmer in der Gewerkschaft sind und vorher eine Urabstimmung stattfindet. Sonst ist das doch alles Kappes. Da kann man sich noch jahrelang drüber aufregen.