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Gewappnet für den BlackoutLicht aus, Dose auf

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Nudeln, Klopapier, Konserven: Wer beim Wort „Vorrat“ nur an Prepper denkt, irrt. Denn ein bisschen Hamstern hilft bei geopolitischen wie persönlichen Krisen.

Ganz oben auf der Liste beim Hamsterkauf: Toilettenpapier und Spaghetti Foto: adobe stock/Montage:taz

U nd schon waren die Klopapierregale leer. Auch Nudeln, Reis, Konserven, Mineralwasser stapelten die Leute hektisch in ihre Einkaufswagen. Nein, das sind keine Erinnerungen an die ersten Tage der Coronapandemie in Deutschland vor fünf Jahren. Sondern das ist Realität in Spanien, nachdem im gesamten Land am Montagmittag die Lichter ausgegangen waren. Der Blackout sorgte nicht nur für Staus, Rettungsaktionen aus U-Bahn-Schächten, Aufzügen und in Krankenhäusern, sondern vor allem für Panik und Ängste – und eben für Hamsterkäufe.

Damit zeigte der Stromausfall auf der Iberischen Halbinsel einmal mehr, wie abhängig wir von Systemen sind, auf die wir uns ganz selbstverständlich jeden Tag verlassen: Strom fließt, Wasser auch, das Handynetz funktioniert an fast jeder Milchkanne, im Supermarkt kann man bis 22 Uhr Eis und Sushi kaufen. Unser Leben funktioniert, weil die dafür nötige Infrastruktur intakt ist. Aber sie ist eben empfindlich. Und das nicht erst, wenn Sabotage oder ein Krieg drohen.

Allein schon ein seltenes Wetterphänomen oder Fehlentscheidungen können dafür sorgen, dass die Infrastruktur und damit der gewohnte Fluss des Lebens zusammenbrechen. Beides wird in Spanien am Dienstagnachmittag als mögliche Ursache untersucht.

Aber man muss einem solchen Ereignis nicht komplett ausgeliefert sein, man kann sich vorbereiten, indem man Vorräte anlegt. Das ist nicht erst für eine Katastrophe sinnvoll, sondern schon dann, wenn man mal nicht raus kann: Migräneanfall, Unwetter, Coronapandemie. Gerade für Alleinlebende kann ein kleiner Notfundus schneller notwendig sein, als einem lieb ist.

Vorräte anzulegen, geht ganz leicht und ohne gleich in Verruf zu geraten, rechten Spinnern oder Preppern anzugehören. Früher, in Zeiten von Lebensmittelknappheit, weniger Kühlmöglichkeiten und weiterer Wege, war das Anlegen von Lebensmittelvorräten übrigens so normal, wie heute den Lieferservice anzurufen.

In Bewältigungsstrategien weit voraus ist auch der globale Süden, für den Stromausfälle zum Alltag gehören

In Bewältigungsstrategien weit voraus sind auch Menschen im Globalen Süden, für die Stromausfälle zum Alltag gehören. In Syrien, Afghanistan, Libanon, seit Kriegsbeginn in der Ukraine und anderswo leben die Menschen damit, dass der Strom mitunter nur wenige Stunden am Tag fließt – und haben sich in den vergangenen Jahren vermehrt Solarpaneele auf ihre Dächer gebaut. Damit kann auch die Klimaanlage angeschmissen werden, wenn es zu heiß wird. Das kann lebenswichtig für Ältere, Kranke, Kinder werden, die Hitze schlechter vertragen.

Das Hamster-Einmaleins

Und was hortet man nun? Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) erklärt das auf seiner Startseite: haltbare Lebensmittel wie Nüsse, Trockenfrüchte, Zwieback, Müsliriegel, Konserven. Und auch Kerzen, Batterien, Powerbanks, um den Stromausfall zu kompensieren. Wer eine Solaranlage hat, ist fein raus (und wer nicht, überlegt vielleicht, ob Noch-Energieminister Robert Habeck nicht vielleicht doch recht hatte).

Und wie viele Pakete Knäckebrot, Reiswaffeln und Fischbüchsen sollte man zu Hause haben? Ganz einfach: So viele, wie man selbst für drei Tage braucht. Bei Wasser wird es dagegen komplizierter, denn das braucht man nicht nur zum Trinken, sondern auch zum Zähneputzen und Waschen, ebenso für die Toilettenspülung. Das BBK rechnet pro Tag mit etwa 1,5 bis 2 Litern Flüssigkeit für jeden Erwachsenen im Haus, für Kinder etwas weniger. Will man kochen (mit einem Campingkocher), sollte es ein halber Liter mehr sein, das Ganze am besten in Glasflaschen gehortet.

Und wo packe ich all das Zeug hin? Gute Frage, nächste Frage. Wie sagte kürzlich ein Familienvater? „Allein für den Wasservorrat müsste ich ein Kinderzimmer freiräumen.“

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

22 Kommentare

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  • Bargeld sollte auch noch erwähnt werden. Eine gewisse Menge sollte man immer zur Verfügung haben. Viele Spanier konnten plötzlich das Nötigste nicht mehr einkaufen.

  • Verstehe den Artikel nicht ganz. Es werden lauter Länder genannt, in denen die Infrastruktur viel schlechter abgesichert ist oder wo schwierige Lebensbedingungen herrschen. Und dann werden die selben Länder dafür gepriesen, daß man sich dort besser vorbereitet.

  • Das BBK spricht in seiner Broschüre von Vorrat für 10 Tage. Den werden tatsächlich viele aus Platzmangel nicht anlegen können. 3 Tage sind schon realistischer und helfen auch mal über die härteste Zeit des Männerschupfens hinweg.



    Mit einer Solaranlage ist man im Fall eines Stromausfalls übrigens nicht fein raus, die allermeisten Anlagen funktionieren ohne Netzstrom nicht

  • Auch mit einer PV-Anlage sitzt man bei einem Stromausfall im dunkeln. Der Wechselrichter braucht nämlich Strom aus dem Netz. Wenn man einen notstromfähigen Wechselrichter samt Speicher verbaut hat, hat man Notstrom...aber in der Regel nur für eine einzige spezielle Steckdose und nur wenn noch Energie im Speicher ist oder die Sonne scheint. Man kann das Ganze zwar auf Ersatzstrom erweitern um im ganzen Haus Strom zu haben, allerdings ist das recht teuer.

  • Und nicht vergessen - ein Stromquellen unabhängiges Radio (Kurbelradio), damit man wichtige nachrichten empfangen kann (sofern die Sendemasten funktionieren...

    Bin 62 geboren und war 1980 bei der Bundeswehr. Da wurde Zivilschutz an allen Ecken gepredigt....

    • @Juhmandra:

      Beim Kurbelradio frag ich mich schon, von welchem Hollywoodszenario man ausgeht. Tagelang abgeschnitten von allem und allen?

  • Vom vielen wiederholen wird es nicht richtiger: Die meisten Solaranlagen in Deutschland sind nicht inselfähig. Das heißt, sie stehen bei Stromausfall ebenfalls still.



    Wer beim Kauf nicht ausdrücklich danach gefragt hat und bereit war einen technisch nicht erklärbaren Aufpreis zu zahlen, hat also genausowenig Strom, wie die Nachbarn ohne Anlage auch.

    • @Herma Huhn:

      Yup, das ist mir auch aufgefallen. Kann die taz bitte eine solche klare Fehlinformation im Artikel korrigieren?

  • Diese Hamsterkäufe hatten nichts mit Vorbereitung zu tun - weder zu Corona noch jetzt beim Blackout.



    Das ist nur ein Ventil der Überforderung.



    'Irgendwas muss ich doch tun können...'



    Gerade ein Blick in die spanischen Einkaufswägen gestern bewies das sehr gut.



    Konserven und Wasser - von mir aus. Aber Reis und Nudeln???



    Spanien ist wie Europa voll zivilisiert. Ofenheizungen mögen auf dem Land noch teilweise ein Faktor sein, in Madrid und Barcelona aber nicht mehr. Wie also Reis und Nudeln kochen ohne Strom?



    Eben. Gasgrill und Kartuschen sind auch eher Besitz der Landbevölkerung, Städter grillen längst mehrheitlich aus der Steckdose...



    Schade finde ich, dass im Artikel eine noch viel entscheidendere Komponente ignoriert wurde - Bargeld 😯



    Das war nämlich das zweite Bild der Panik neben Nudeln und Reis: Menschen mit einem sinnlosen Stück Plastik in der Hand vor dunklen Kassen...



    Preppen hat seine Berechtigung - es will aber wohl geplant sein.



    Live in der Krise hat es gestern nur zum allgemeinen Chaos beigetragen. Und auch wer heute oder morgen im Schatten des Ereignisses Vorräte zur eigenen Beruhigung anlegt sollte nochmal im sich gehen: was ist Panikkauf und was macht Sinn 😉

  • Nicht nur kaufen, "trocken und dunkel" verwahren und damit für den Ernstfall besitzen und vorhalten können: Vorräte müssen auch aktiv "bewirtschaftet" werden, damit nicht am Ende zyklusmäßig alles in den Mülleimer wandert.



    Das heißt dann, dass gelegentlich nach Plan erneuert wird.



    Pumpernickel aus der Dose und Reiswaffeln stoßen aber in Familien nicht nur auf Begeisterung beim Camping oder am Wochenende.



    Auch ein Dieselgenerator ist eine sinnvolle Anschaffung.

    • @Martin Rees:

      Den Generator muß mer zwar ned wegfuttern aba betriebsbereit halten sonst nützt der einem im Notfall nüschd.

  • Ich habe mir als nach dem Beginn des Ukraine Kriegs von einer Energiekrise die Rede war einen Campingkocher mit 5 Kartuschen gekauft. Damit kann ich ein paar Tage Nudeln, Kartoffeln und Tee kochen. Ein Kurbelradio mit Taschenlame mit dem man wohl sogar das Handy lasen kann habe ich mir auch besorgt. Wasser müsste ich noch in den Keller stellen

  • Also für drei Tage essen habe ich immer zuhause, Wasser nicht, da ich eigentlich nur aus der Leitung trinke aber für eine ganze Familie braucht man bei 1,5-2l pro Tag kein Kinderzimmer sondern ca 30l, die wird man wohl irgendwo unterbekommen. Ich müsste beim Blackout wohl Wein trinken, davon habe ich genug auf Vorrat.

    • @Jesus:

      @Jesus: Sie könnten doch aus dem Wein auch Wasser machen.

  • Hmja, auch Lagern will gelernt sein,



    ich begegnete unlängst in einem



    " vorbereiteten Haushalt" dem wenig erbaulichen Mehlmottenproblem.



    Bei der Flutkatastrophe an der Ahr gab es im Übrigen über Monate kein Netz, ein Problemchen, das sich mit einer Powerbank nicht lösen lässt.



    Auch wenn es allmählich antik anmutet, so ist ein Festnetzanschluss vielleicht auch nicht die schlechteste Vorbereitung.



    Camping ist immer ein gutes Training.



    Insbesondere bzgl. desWasserhaushalts.



    Wer das Wasser zum Zelt/ Campingwagen tragen muss, weiß es ganz anders zu Schätzen und zu Rationieren.



    Das wird zunehmend zu einem Problem, das noch weithin ignoriert wird: Trockenheit.



    Wir sind an Wasser im Überfluss gewöhnt, das wird sich aber ändern.



    Nicht einige Starkregen Ereignisse, sondern Dürre ist dass kommende Problem.



    Doch die Leute legen sich schon freiwillig Steinwüsten an und die Grünflächenämter fällen weiter jeden Busch, der nicht bei drei auf den Bäumen ist.



    Die Ignoranz dem Klimawandel gegenüber ist verheerend.



    Apfelbäumchen pflanzen bleibt weiterhin ein guter Gedanke...



    😉

  • Guter Artikel für alle, die nicht zu den ärmsten paar Millionen im Lande gehören und Monat für Monat darum ringen, dass das Geld überhaupt reicht, geschweige denn man sich Vorräte anlegen könnte.

  • Kein Platz für Vorräte?



    Statistisch stehen doch heute doppelt soviele qm zur Verfügung wie früher. Und Bedarf an Kohlenkeller gibt es auch nicht mehr.



    Nur das Lagerplatz bei den heutigen Mieten signifikant zu Buche schlägt.



    Aber ohne Strom wird es schwierig. Wer kann schon in der Wohnung eine Gasgrill betreiben, um die auftauenden Sachen aus dem Tiefkühler für die nächsten drei Tage durch zu garen?

    • @fly:

      Das liegt daran, dass Küchen nur noch offenes Dekoelement in der weitläufigen Wandelhalle ohne Wände sind. Früher hatte man eine Vorratskammer und einen Keller. Der ist heute voll mit Freizeitkram und Spielsachen.

    • @fly:

      Der Knister Gasgrill Hero passt in die kleinste Wohnung ... und er funktioniert. Aber dafür braucht man dann Gaskartuschen, am besten zwei. Die sind aufeinandergestapelt so groß wie ein Maßbierglas. Ich hänge den Grill ans Balkongitter.



      Aber wer soll das ganze Zeug aus der Gefrierung in drei Tagen futtern? ... und Geflügelleber oder Gefriergemüse grillen sich so schlecht ... ließe sich aber mit einem dünnwandigen Wok machen.



      Die wirkliche Schwierigkeit ist der Ausfall von Wasser.



      Blöd, wenn man normalerweise Leitungswasser trinkt, und das nicht verfügbar ist. Glasflaschen in der Kiste die Treppen hoch schleppen ... ächz, stöhn ... oder mit zwei 6er-Flaschenträgern. Teilbare Kisten gibt es bei Wasser ja leider nicht.

    • @fly:

      Balkon oder Terrasse?



      Ansonsten mit den Nachbarn zusammen vorm Haus grillen, Krisen sollen ja die Solidarität fördern.

    • @fly:

      campingkocher geht auch ohne balkon. am besten gleich nen gasherd in die küche...

  • Der Rotwein-Vorrat, Temperatur nach Sorten- und Regionen gelagert, hat bei mir Vorrang.



    Anti Pasta, frische Baguette (FR) stehen an zweiter Stelle.



    Gebügelte Servietten.



    Zum Schluß: "Haggle nass"