Gewaltsamer Protest von Querdenkenden: Vermeintliche Selbstverteidigung
Die rechte Szene nutzt die Impfpflicht-Debatte dafür, Querdenker*innen zu radikalisieren. In der Folge gibt es immer mehr gewaltsamen Protest.
Die Radikalisierung der Querdenken- und Coronaleugnungs-Bewegung wurde in den vergangenen Tagen vor allem im Osten der Republik wahrgenommen: Die Auslöschung einer brandenburgischen Familie durch den Vater, der sich dann selbst tötete, weil ein gefälschtes Impfzertifikat auffiel und er Angst vor einer Verhaftung gehabt haben soll; der Fackelaufmarsch vor dem Privathaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) in Grimma wegen der Pandemieregelungen; der Auflauf nahe beim Haus von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in Schwerin aus demselben Grund. Doch auch weiter westlich gibt es reichlich Militanz.
Am vorigen Samstag protestierten rund 5.000 Querdenkende in Hamburg gegen die staatlichen Maßnahmen und gegen das Impfen. Ohne Abstand und ohne Masken, aber mit Verschwörungserzählungen und NS-Verharmlosungen zogen sie durch die Innenstadt. Unter ihnen waren auch Anhänger der NPD, einzelne Protestierende gingen Journalist:innen an. In Braunschweig führten am Montag Maßnahmen- und Impfgegner:innen eine nicht angemeldete Demonstration durch. Auch dort wurde ein Medienvertreter attackiert.
Die Radikalisierung offenbart sich aber nicht allein bei Aufmärschen, sondern auch im Alltag. Am 3. Dezember griff ein Maskenverweigerer am Neuen Pferdemarkt in Hamburg einen Apotheker an, der eine Corona-Teststelle betreibt. Er musste sich im Krankenhaus behandeln lassen.
Ebenfalls in Hamburg schoss am 24. November ein Mann zweimal mit einer Gaspistole auf einen Türsteher. Der Angegriffene, der medizinisch behandelt werden musste, soll zuvor dem Angreifer den Zutritt in einen Kulturverein verweigert haben, da er keine Maske trug. Am 4. November stand ein Mann vor dem Landgericht Hamburg, da er einen Kraftfahrer, der ihn um Abstand bei der Bitte nach einer Zigarette bat, mit einem Messer angegriffen haben soll. Die anwesende Tochter soll er ebenfalls bedroht haben.
Die Maske als Maulkorb
In Rotenburg/Wümme verletzte am 2. November eine Maskenverweigerin einen Kioskbetreiber schwer, nachdem es zum Streit um die Maskenpflicht gekommen war. Im Oktober wurde bekannt, dass an einer Schule in Niebüll ein anonymer Drohbrief eingegangen ist. Der Absender kündigte Gewalt an, sollte es an der Schule in Schleswig-Holstein zu Impfungen kommen, und nannte Namen aus dem Kollegium. Das Amtsgericht Delmenhorst verurteilte schon am 9. September einen Maßnahmengegner wegen eines Brandanschlags auf das Rathaus zu drei Jahren Haft.
Die Radikalisierung kommt nicht überraschend: Die Maske wurde von Akteur:innen der rechten Szene früh politisch zum Maulkorb umgedeutet. Die Debatten um Einschränkungen für Ungeimpfte und um die Einführung einer Impfpflicht sehen sie jetzt als direkten Angriff auf ihre körperliche Unversehrtheit, der abgewehrt werden muss. Aus dieser Motivation kommt die Radikalisierung bis hin zur vermeintlichen Selbstverteidigung.
Leser*innenkommentare
derSchreiber
Die Mehrheit der Bevölkerung hält die Corona-Maßnahmen für angemessen, oder sogar zu lasch.
Aber die Medien und Politik, lassen sich ihr Handeln von einer lauten Minderheit diktieren.
Ich bin ja für Minderheitenschutz, aber doch nicht so!
Felis
Ich frage mich, wo denn eigentlich die vielen Waaserwerfer abgeblieben sind, die man seinerzeit gern und ausgiebig gegen die friedlichen S21-Demonstranten eingesetzt hat.
pippilotta_viktualia
@Felis die stehen um die Gegendemos herum
adagiobarber
ob die demontsranten auch für ...
den weltfrieden auf die straße gehen würden ?
ich frage mich das manchesmal.
Jim Hawkins
Die Bebilderung ist ja ganz apart.
Lieber tot als geimpft. Das könnte klappen.
Ringelnatz1
@Jim Hawkins Wenn es an den schwarzen Plastesack geht, kann das Tuch szs. -Das Tuch des Impfverweigerers- gleich mit verwendet werden.
HRM
@Jim Hawkins Genau: wird schon.
amigo
Wo die rechte Szene auftaucht, ist der Tod nicht weit!
Sie hustet ihre Keime des Hasses und der Hetze, samt Mörderviren in die Menschenmengen...
Die Behörden haben die verdammte Pflicht, diesen Spuk endlich zu beenden!
Wunderwelt
Es war ein fataler Fehler der letzten Regierung solange tatenlos zu zu schauen, wie auf den Querdenkerdrmos weder Masken getragen, noch Mindestabstände eingehalten wurden. Das war das Signal an die QDs immer noch weiter zu provozieren. Und es ist mittlerweile durch vielerlei Erfahrungen bestätigt, dass man den QDs nur durch Glasklare Kante beikommt. Ich bin froh dass O. Scholz hier von einer Null-Toleranz Politik gesprochen hat...und ich hoffe dass die neue Regierung hier keinen Zentimeter nachgibt...ach ja..mit jeder weiteren Radikalisierung wird auch die Impfpflicht immer unausweichlicher...also liebe Querulanten: schön weiter euren dämlichen Kindertrotz raus hängen und euch weiter ins Knie schießen.
...herzlichen Glückwunsch zu soviel Unreife und Borniertheit ihr Helden.
Ria Sauter
Gast
Wäre schön, wenn die Politiker/innen, als Volksvertreter, beispielhaft vorangingen.
Das Gegenteil ist der Fall. Das Volk soll sich coronakonform verhalten und was tun sie?
Gestern zu sehen beim Besuch von Annalena Baetbock bei der EU.
Handküsschen, Umarmungen, Händeschütteln, keine Masken, kein Mindestabstand, Selfis ohne Maske in inniger Umarmung.
Da sind solche Verweigerer nur logisch.
Man kommt sich bei solchen Bildern total veräppelt vor.
pippilotta_viktualia
@Ria Sauter Erinnern sie sich noch an Aufzuggate?
Leider kann man sich nicht mal mehr auf Berufspolitiker verlassen
Wunderwelt
@Ria Sauter Es ist ja mittlerweile klar erkennbar, dass sehr viele "Kritiker der Coronamassnahmen" nicht klar unterscheiden können zwischen den realen Zusammenhängen und ihren persönlichen (unbewussten) Empfindungen die das Thema bei ihnen auslöst.
Da gibt es dann auch sehr viele Projektionen..ich denke da z.B. an die Pipi Langstrumpf Geschichten oder die tollen Schilder mit der Inschrift: "wir haben euch durchschaut". All diese Darstellungen waren sehr durchsichtig und haben immer nur auf die jeweiligen Demonstranten zurück verwiesen und gezeigt, dass es ihnen im Grunde um etwas (oder Jemanden) anderes ging.
Sie schreiben dass die Politiker doch eigentlich Beispielhaft voran gehen sollten..und wenn ich sie richtig verstehe, sehen sie diese aber eher als Heuchler denn als Vorbild..
Und da kommt mir dann der Verdacht, dass das etwas ist was Sie von früher , vielleicht von ihren Eltern kennen...
[...]
Wie gesagt: nehmen Sie diese Frage nicht zu persönlich. Mir ist nur sehr daran gelegen, dass sich alle die sich über die Coronamassnahmen echauffieren mal mit ihrer eigentlichen Motivation beschäftigen - und da gehört genau diese Frage nun mal elementar dazu..
Kommentar gekürzt. Bitte bleiben Sie sachlich und konkret beim Artikelthema. Danke, die Moderation
Ria Sauter
Gast
@Wunderwelt Danke für den abendlichen Lacher aufgrund Ihres Kommentars.
Hobbypsychologe? Das sollten Sie besser lassen wegen Unkenntnis.
Nein, ich habe keinerlei Probleme diesbezüglich mit meinen Eltern gehabt.
Ich bin geimpft und stehe auf der Warteliste für die dritte.
Wenn ich mir aber anschaue, wie das Verhalten der Politiker/innen wirkt, mache ich mir Sorgen.
Und ja, ich empfinde dies als Veräppelung.