Gewalt in Nahost: Mittlerweile Dutzende Tote
Der schwere Beschuss aus dem Gazastreifen hält über Stunden an. Israel zerstört Gebäude in Gaza, während Diplomaten sich um eine Waffenruhe bemühen.
Vorausgegangen waren Anfang der Woche heftige Zusammenstöße um den Tempelberg in Jerusalem zwischen der israelischen Polizei und Palästinensern. Die Erhebung ist die heiligste Stätte des Judentums, beherbergt aber auch den Felsendom und die Al-Aksa-Moschee, die für Muslime die drittheiligste Stätte ihres Glaubens darstellen. Verschärfend wirkt die drohende Zwangsräumung palästinensischer Familien in Jerusalem.
Der israelische Militärsprecher Jonathan Conricus sagte, palästinensische Extremisten hätten seit Beginn des Konflikts mehr als 1.050 Raketen abgefeuert, von denen 200 allerdings bereits im Gazastreifen wieder herunter gekommen seien. Eine Drohne sei in den israelischen Luftraum eingedrungen und abgeschossen worden. Die Armee habe zwei Infanterie-Brigaden in die Gegend geschickt.
Einige der palästinensischen Geschosse durchdrangen den israelischen Raketenschutzschild. In Tel Aviv und anderen Städten waren Alarmsirenen zu hören. In Lod wurden am Morgen ein 52-Jähriger und seine 16 Jahre alte Tochter getötet, als eine Rakete im Hof ihres Hauses einschlug. In der Stadt kam es zu hefigen Zusammenstößen, als ein Araber begraben wurde, der am Tag zuvor vermutlich von einem Juden erschossen worden war. Eine Synagoge und 30 Fahrzeuge wurden in Brand gesteckt. Im benachbarten Ramle griffen nationalistische Juden Fahrzeuge von Arabern an.
Kaum sichere Orte in Gaza
Die israelischen Luftangriffe trafen Augenzeugen zufolge Einrichtungen der Sicherheitskräfte in Gaza. Mehrstöckige Gebäude wurden in Trümmer gelegt. Das Militär feuerte zuvor Warnschüsse ab, so dass die Einwohner fliehen konnten. Das Gesundheitsministerium sprach von 233 Verletzten.
Die Einwohnerin Samah Habub berichtete, die Druckwelle des Angriffs auf ihr Nachbarhaus habe sie durch das Zimmer geschleudert. Sie und ihre vier Kinder im Alter zwischen drei und 14 Jahren seien zusammen mit anderen Einwohnern aus dem Gebäude gehastet. Viele hätten geschrien und geweint. „Es gibt kaum einen sicheren Ort in Gaza“, sagte Habub.
Das Vorgehen Israels hat viel internationale Kritik auf sich gezogen. Conricus beteuerte, die Armee halte sich an internationales Recht für bewaffnete Konflikte und habe strenge Einsatzregeln. „Wir sind definitiv sehr achtsam gegenüber zivilen Opfern in Gaza und wir wollen sie minimieren“, versicherte er. „Das hat Vorrang.“ Anzeichen für ein Ende der Konfrontation gab es nicht.
Hamas-Führer Ismail Hanija bestätigte zwar, dass sich Ägypten, Katar und die Vereinten Nationen um eine Waffenruhe bemühten. Die Hamas habe aber allen mitgeteilt, dass die israelische Besatzung Jerusalem in Brand gesteckt habe, und „die Flammen haben den Gazastreifen erreicht“. Israel sei für alle Konsequenzen verantwortlich.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte in einer Fernsehansprache, die Militäroperation habe den Extremisten bereits einen schweren Schlag versetzt. Israel werde seine verstärkte Operation fortsetzen, aber es werde Zeit brauchen, um sie zu vollenden.
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