Gewalt im Westjordanland: Siedlungen boykottieren
Israels Führung lässt die jüdischen Extremisten gewähren. Sinnvoll wären internationale Sanktionen gegen die Gewalttäter und die, die sie schützen.

H ieße das Opfer nicht Hamdan Ballal, Co-Regisseur des mit einem Oskar gekrönten Dokumentarfilms „No Other Land“, würde der Überfall auf ihn kaum Schlagzeilen machen. Die Gewalt jüdischer SiedlerInnen im Westjordanland ist alltäglich. Im Schatten der Berichterstattung über den Krieg im Gazastreifen geht sie meist unter.
Es sind überwiegend nationalreligiöse ExtremistInnen, die Molotow-Cocktails auf palästinensische Häuser werfen, Autos in Brand setzen, Vieh töten und Olivenhaine zerstören. Die zumeist jugendlichen Radikalen werden von ihrem zivilen Umfeld und von der Armee geschützt. In der Regel kommen die TäterInnen ungeschoren davon. Die Sicherheitstruppen verschließen die Augen vor den Verbrechen jüdischer SiedlerInnen. In dem Fall von Hamdan Ballal sollen SoldatInnen den verletzten Regisseur aus einem Krankenwagen gezerrt haben.
Mit den beiden Rassisten Itamar Ben-Gvir, Minister für nationale Sicherheit, und Finanzminister Bezalel Smotrich in der Regierung, genießen die extremistischen SiedlerInnen auch politische Rückendeckung. Ben-Gvir war in der Vergangenheit selbst wegen Aufhetzung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden. Solange er im Kabinett sitzt, müssen seine ideologischen Verbündeten eine Verurteilung durch ein israelisches Gericht nicht fürchten.
Um ein Zeichen gegen das kriminelle Treiben im Westjordanland zu setzen, verhängte Joe Biden in seiner Amtszeit als US-Präsident Sanktionen gegen mehrere rechtsradikale Personen und Gruppen. Eine Maßnahme, die Signalwirkung hätte haben sollen – auch für die Bundesrepublik. Bedauerlich, dass das nicht passiert ist. Eine der ersten Amtshandlungen von Bidens Nachfolger im Weißen Haus war, die Sanktionen wieder aufzuheben.
Von der Regierung Benjamin Netanjahus und seiner Partner ist eine Verfolgung der kriminellen SiedlerInnen nicht zu erwarten. Internationale Sanktionen sind hingegen möglich – gegen Individuen und gegen die Siedlungen schlechthin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Friedensgespräche“ in Riad
Die Verhandlungen mit Russland sind sinnlos
Trumps Kampf gegen die Universitäten
Columbia knickt ein
AfD im Bundestag
Keine Schlüsselposition für die Feinde der Demokratie
Daniela Klette vor Gericht
Viel Bohei um Geldraub-Vorwürfe
Kostenloser Nahverkehr
Schafft endlich die Tickets ab
Illegales Autorennen in Ludwigsburg
Männer mit Mercedes im Kopf