Gewalt bei der Neonazi-Demo in den USA: Hat die Polizei versagt?

Nach der Gewalt in Charlottesville gibt es Kritik am Vorgehen der Polizei. Das Sicherheitskonzept sei gut gewesen, sagt der Bürgermeister.

Ein Polizist hält ein Megafon

Zur falschen Zeit durchgegriffen und zur falschen Zeit zurückgeblieben? Polizist in Charlottesville Foto: reuters

BERLIN taz | Die Polizei und der Bürgermeister von Charlottesville weisen Vorwürfe zurück, wonach die Polizei beim Umgang mit der Demonstration Rechtsextremer in der US-Stadt versagt hat. Beim Aufeinandertreffen der Neonazis mit Gegendemonstrant*innen kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit 14 Verletzten. Als ein Auto in die Gegendemonstration fuhr, starb eine Demonstrantin und 19 weitere wurden verletzt.

„Die Polizei hat etliche Auseinandersetzungen im und rund um den Emancipation Park aufgelöst, bevor die Veranstaltung als ungesetzlich deklariert wurde“, sagt Charlottesvilles Polizeidirektor Al Thomas in einer Presseerklärung. Die Stadt werde in den kommenden Wochen und Monaten die Ereignisse des Tages aufarbeiten.

Bürgermeister Michael Signer unterstützte Thomas' Äußerungen. „Wir hatten das größte Aufgebot von Polizisten seit 9/11“, zitiert der britische Guardian Signer. „Ich bedaure sehr, was passiert ist. Aber wir hatten einen sehr starken Sicherheitsplan mit vielen Leuten, um es den Menschen zu ermöglichen, ihre Meinung auszudrücken.“

US-amerikanische Medien berichten von gewaltvollen Szenen. Die Rechtsextremen seien auf Gewalt vorbereitet nach Charlottesville gekommen, schreibt ProPublica. Viele hätten Helme getragen und Knüppel sowie mittelalterliche, hölzerne Schilde, Pfefferspray und faschistische Flaggen mitgebracht. Die Neonazi-Webseite „The Daily Stormer“ soll sie dazu aufgefordert haben, solche Ausrüstung mitzubringen.

Einen Moment lang schien die Polizei sich zurückzuziehen und die Schlägereien zu beobachten, bevor sie schließlich vorrückte und das Gerangel auseinanderbrachte, Demonstrant*innen festnahm und sich um Verletzte kümmerte, schildert die Washington Post.

Überfordert vom Ausmaß der Gewalt

„Die Gruppen sind zu nah zusammengekommen“, sagt Bo Dietl, ehemaliger New Yorker Polizist und unabhängiger Kandidat für das Bürgermeisteramt in New York, dem Guardian. Man könne die Situation nicht so eskalieren lassen. „Je mehr Zeit man dem lässt, desto wahrscheinlicher ist ein Ausbruch der Gewalt.“

„Die Polizei tat nichts, um die Menschen in der Gemeinde zu beschützen“, sagt Cornel West der Washington Post. West ist ein Princeton-Professor, der am Samstag in der Ersten Baptistenkirche von Charlottesville einen Gottesdienst besuchte. „Wenn uns die Anti-Faschisten nicht vor den Neo-Faschisten beschützt hätten, wären wir wie Kakerlaken zerquetscht worden“, sagt West.

Charlottesvilles Polizist*innen seien möglicherweise mit dem Ausmaß der Gewalt überfordert gewesen, argumentieren Vertreter*innen von Polizei und Justiz. „Große Städte gehen ständig mit diesen Dingen um“, sagt Eugene O'Donnell, Staatsanwalt in New York und ehemaliger Polizist, zur Washington Post.

„Wenn Menschen Amok laufen und Schaden anrichten, geben die Leute der Polizei die Schuld“, sagt O'Donnell. „Wenn die Polizei proaktiv handelt, werden sie angeklagt, sie würden sich übernehmen. Dann fragen die Leute: ‚Warum wart ihr nicht geduldiger?‘“

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