Gesetzentwurf im Kabinett: Ampel will Whistleblower schützen
Lob für den Gesetzesentwurf kommt aus der Wirtschaft. Unterstützer:innen von Hinweisgebenden fordern aber Nachbesserungen.
Vielen Verbänden geht der Entwurf aber noch nicht weit genug. Das Gesetz soll in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst gelten. Es sieht vor, dass Hinweisgebende (Whistleblower) vor Repressalien geschützt sind, wenn sie sich an interne Meldestellen des Unternehmens oder eine externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz in Bonn wenden. So sollen die Arbeitgebenden Missstände abstellen können, ohne gleich am öffentlichen Pranger zu stehen.
Das für den Gesetzentwurf verantwortliche Justizministerium betonte denn auch den Nutzen für die Unternehmen: „Eine Kultur des Schweigens und Vertuschens ist brandgefährlich: Denn ohne Aufklärung gibt es oft keine Besserung“, erklärte Justiz-Staatssekretär Benjamin Strasser (FDP).
Minister Marco Buschmann (FDP) sagte: „Durch frühzeitiges Einschreiten lassen sich Haftungsansprüche und Reputationsschäden vermeiden, die mit einer späteren externen Aufdeckung möglicherweise verbunden wären.“ Einen ersten Entwurf hatte Buschmann im April vorgestellt. Seitdem haben rund fünfzig Verbände Stellung genommen. Der nun vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf weicht aber nur in Details von Buschmanns Vorlage ab.
Knackpunkt: Anonyme Meldungen
Wirtschaftsverbände wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßen den Gesetzentwurf der Bundesregierung grundsätzlich. Sie kritisieren vor allem, dass die deutsche Regelung weit über die zugrundeliegende EU-Whistleblower-Richtlinie hinausgehen soll.
Denn nach dem Regierungsentwurf sollen Hinweisgebende nicht nur geschützt werden, wenn sie Verstöße gegen EU-Recht aufdecken, sondern auch wenn sie auf Straftaten nach deutschem Recht hinweisen und auf sonstige Rechtsverstöße in wichtigen Gebieten wie dem Umwelt- und Lebensmittelrecht.
Andere Verbände, die eher aus der Sicht der Hinweisgebenden argumentieren, halten den Regierungsentwurf noch für halbherzig, weil er nur auf die Aufdeckung von rechtswidrigem Verhalten abstellt. Whistleblower müssten aber auch geschützt werden, wenn sie Missstände aufdecken, die „noch nicht“ verboten sind, fordert etwa das Whistleblower-Netzwerk und verweist auf den Koalitionsvertrag. Dort geht es auch um den Schutz von Hinweisen auf „sonstiges erhebliches Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im besonderen öffentlichen Interesse liegt“.
Ein Beispiel ist die Altenpflegerin Brigitte Heinisch, die auf die Unterversorgung in Pflegeheimen hingewiesen hat. „Dies gefährdete zwar die Gesundheit der Pflegebedürftigen, erfüllte aber keinen Straftatbestand“, heißt es in der Stellungnahme des Whistleblower-Netzwerks.
Auch Transparency International, die Gesellschaft für Freiheitsrechte und die ehemalige EuGH-Richterin Ninon Colneric fordern hier eine Nachbesserung des Regierungsentwurfs. Die GFF verweist etwa auf die Aufdeckung rechtsextremer Chats bei der Polizei.
Zweiter großer Kritikpunkt war der Umgang mit anonymen Meldungen. In Buschmanns erstem Entwurf hieß es nur: „Es besteht keine Verpflichtung, die Meldekanäle so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen.“ Die Verbände hielten dies für unzureichend: „Die Erfahrung zeigt, dass viele Whistleblower gerade bei internen Meldestellen zunächst Vertrauen zum Ansprechpartner aufbauen wollen, bevor sie im Verlauf des weiteren Prozesses bereit sind, ihre Identität preiszugeben“, betonte das Whistleblower-Netzwerk.
Buschmann hat an diesem Punkt leicht nachgegeben. Im Regierungsentwurf heißt es nun: „Die interne Meldestelle sollte auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten, soweit dadurch die vorrangige Bearbeitung nicht-anonymer Meldungen nicht gefährdet wird.“ Eine Verpflichtung zur Bearbeitung plausibler anonymer Meldungen ist aber immer noch nicht vorgesehen. Umstritten ist auch die generelle Ausnahme für die Nachrichtendienste und der besondere Schutz für staatliche Verschlusssachen.
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