Gesetz gegen die Erderwärmung: Weltretten soll Pflicht für alle sein
Umweltministerin Schulze macht Ernst: Per Klimagesetz und Strafzahlungen will sie die anderen Ressorts zum CO2-Sparen bringen.
Ab 2020 sollen demnach die Ressorts eigene CO2-Budgets zugewiesen bekommen. Deren Einhaltung soll dann jedes Jahr vom Umweltbundesamt (UBA) überprüft werden. Ein „Klimarat“ von externen Fachleuten soll Fortschritte und Maßnahmen begutachten. Auf diese Weise soll das Klimaziel der Bundesregierung für 2030 erreicht werden.
Die Koalition aus SPD und CDU hat beschlossen, ein Klimaschutzgesetz noch 2019 durch das Parlament zu bringen. Es soll sicherstellen, dass die Bundesregierung nach dem Verpassen ihres CO2-Minderungsziels für 2020 wenigstens für 2030 ihr Ziel erreicht. Gegenüber 1990 sollen die CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent sinken. Bis 2020 erreicht Deutschland nach Prognosen der Regierung wohl nur minus 32 Prozent, obwohl minus 40 geplant waren.
Energiebereich soll 61 Prozent weniger CO2 erreichen
Im „Klimaschutzplan 2050“ der Regierung, der Grundlage des Gesetzes sein soll, wird das 2030-Ziel auf die einzelnen Sektoren heruntergerechnet. So soll etwa der Energiebereich, für den das Wirtschaftsministerium zuständig ist, eine Minderung von mindestens 61 Prozent schaffen; der Verkehrsbereich muss bis 2030 seine Klimagase um wenigstens 40 Prozent mindern.
Das Ressortprinzip soll nun auch im Klimagesetz gelten, schlägt das Konzept aus dem Hause von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) vor: „Jeder Sektor erhält jährliche Emissionsminderungs-Budgets. Fehlleistungen werden auf das Folgejahr übertragen“ heißt es in der Vorlage. „Nichthandeln wird teuer. Werden die Ziele im Ressort nicht erreicht, hat das Konsequenzen für den Haushalt.“
Über den Fortschritt bei der Emissionssenkung soll strikt gewacht werden: Jedes Jahr im Frühjahr soll das Umweltbundesamt die Bilanz des Vorjahres veröffentlichen. „Die CO2-Einsparungen der Ressorts werden dadurch transparent“, heißt es. Ein „Klimarat“ aus unabhängigen Experten soll über den Fortschritt wachen und an den Bundestag Bericht erstatten. Mit einem solchen unabhängigen „Committee on Climate Change“ hat etwa Großbritannien gute Erfahrungen gemacht.
Wenn es hakt, soll schnell gegengesteuert werden, schlägt das Konzept vor. „Bei Überschreiten der Emissionsbudgets besteht eine Initiativpflicht der Bundesregierung zum Beschluss eines Sofortprogramms“. Damit soll der Schlendrian vermieden werden, der bisher beim Klimaschutz herrschte. Weil jedes Ressort jedes Jahr eine Bilanz vorlegen muss, wird klar, wer seine Ziele erreicht oder verfehlt. Und wer, etwa im Bereich Verkehr – die Mehrkosten zu tragen hat. Denn ab 2021 wird es bei Nichterreichen dieser Ziele teuer: In der EU müssen die Staaten dann Emissionszertifikate kaufen. Diese Summe kann sich nach Meinung von Experten für das Jahrzehnt 2020 bis 2030 auf 30 bis 60 Milliarden Euro belaufen.
Opposition lobt, Koalitionspartner dagegen
Ein solches Gesetz, das so weitreichend in die Kompetenzen der anderen Häuser eingreift, wird bei den anderen Ressorts nicht mit Begeisterung aufgenommen. Bislang war das Umweltministerium für Klimaschutz zuständig, hatte aber keinen Einfluss auf die Maßnahmen in den Bereichen Energie, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft, wo die Probleme entstehen. Entscheidend für das Schicksal des Klimagesetzes werden deshalb vor allem zwei Stellen der Regierung: Finanzminister Olaf Scholz (SPD), der eine Kostenlawine auf den Haushalt zurollen sieht, wenn nicht bald kräftig CO2 gespart wird. Und Kanzlerin Angela Merkel (CDU), der letztlich die Richtlinienkompetenz über die anderen Ministerien zusteht.
Die klimapolitische Sprecherin der grünen Fraktion, Lisa Badum, lobt das Konzept, das einem Grünen-Vorschlag vom November ähnele: „Es ist richtig, dass wenigstens das Umweltministerium Verantwortung übernimmt“, erklärte sie. Ein Sofortprogramm bei Zielverfehlung, unabhängiges Monitoring und jährliche Budgets seien der richtige Weg. Allerdings müsse die Regierung ihre Ziele „am Pariser Abkommen ausrichten und nachschärfen“.
Aus der Union kommt schon scharfer Gegenwind. Der Plan der Umweltministerin widerspreche dem Koalitionsvertrag, sagte der stellvertretende Fraktionschef Georg Nüßlein der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er lade Umweltverbände geradezu dazu ein, die Regierung zu verklagen. Die SPD mache nur „Symbolpolitik“ und suche eine „Sollbruchstelle“, um zur Mitte der Legisaturperiode aus der Koalition auszusteigen. Auch CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer hat klar gemacht, dass er wenig Interesse daran hat, mit harten Maßnahmen im Verkehrsbereich zu reagieren.
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