Gescheiterter Kaufhausbesuch: Der Corona-Sheriff
Ich war überglücklich, nach vielen Wochen Corona-Pause wieder richtig einkaufen gehen zu dürfen. Aber mein Glück währte nicht lang.
N ach zwei Monaten Corona-Pause dürfen die Läden wieder öffnen und alle rennen zum Frisör, ich laufe aber in die Stadt, um mir ein paar neue Hosen zu kaufen. In der wochenlangen Quarantäne wuchs mein Bauch mehr, als meine Haare. Die Haare kann man sich schneiden lassen – den Bauch nicht.
Überglücklich betrete ich den Laden und werde von der Aufsichtsperson sofort wieder zurückgepfiffen: „Halt, halt, halt! Sie können doch nicht einfach reinspazieren. Warten Sie bitte draußen, bis jemand raus geht!“
Also stehe ich mir draußen die Beine in den prächtigen Bauch. Das kann lange dauern bis jemand rauskommt! Ist ja nicht wie beim Bäcker. Dort probiert kein Mensch mehrere Brötchen, bis er die passende Semmel für seinen Mund findet, aber die Klamotten müssen schon zum Körper passen. Endlich kommt jemand rausgelaufen und ich stürme voll motiviert hinein.
„Halt, halt, halt! Ohne Mundschutz kommen Sie hier nicht rein“, brüllt der Sheriff.
ist Satiriker in Bremen. Er liest seine Geschichten im Radio bei Cosmo unter dem Titel „Alltag im Osmanischen Reich“. Sein Longseller ist der Krimi „Tote essen keinen Döner“ (dtv).
„Vom Mundschutz bekomme ich immer Eselsohren und Nasenjucken“, antworte ich.
„Ohne Eselsohren keine passenden Hosen!“, stellt er mir ein Ultimatum.
„Also gut“, sage ich und klemme meinen Mundschutz hinter die Ohren.
„Halt, halt, halt!“, pfeift mich der Sheriff wieder zurück. „Sie müssen zuerst gründlich Ihre Hände desinfizieren!“
„Das kann ich gut. Das mache ich mehrere Dutzend Male am Tag“, antworte ich, desinfiziere demonstrativ gründlich meine Hände und spurte los.
„Halt, halt, halt! Sie müssen zuerst gründlich Ihre Hände desinfizieren“, wiederholt er.
„Ich habe doch eben gründlich desinfiziert.“
„Aber danach haben Sie die Vorderseite Ihres Mundschutzes berührt. Ihren Mundschutz dürfen Sie niemals vorne berühren, sondern immer seitlich.“
„Aber eben hat meine Nase gejuckt und nicht meine Ohren. Also gut, ich desinfiziere nochmal.“
„Halt, halt, halt! Keinen Schritt weiter!“
„Was denn nun schon wieder? Soll ich etwa auch meine Nase desinfizieren?“
„Sehen Sie nicht, dass dort bereits eine Person steht? Sie müssen immer 1,5 Meter Abstand halten.“
„Es sind ja mindestens 1,5 Meter zwischen uns.“
„Nein. Sie sind von dem Herrn exakt 130 Zentimeter entfernt. Gehen Sie bitte 20 Zentimeter zurück!“
„Okay. Ich lege von mir aus noch mal 10 Zentimeter drauf und gehe exakt 30 Zentimeter zurück. Na, bin ich nicht richtig großzügig?“
„Das können Sie machen, wie Sie lustig sind.“
„So, jetzt bin ich wieder mit Händedesinfizieren dran.“
„Halt, halt, halt!“
„Was denn nun schon wieder, Sheriff?“
„Es ist 18 Uhr. Wir schließen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid