Gerichtsurteil gegen Klima-Aktivistin: Polizei-Fehler unerheblich
Eine Kieler Klima-Aktivistin soll 400 Euro zahlen, weil sie sich bei einer Straßenblockade gegen ihre Festnahme gewehrt hat.
![Demonstranten blockieren bei einer Protestaktion gegen Autoverkehr den Theodor Heuss Ring in Kiel. Demonstranten blockieren bei einer Protestaktion gegen Autoverkehr den Theodor Heuss Ring in Kiel.](https://taz.de/picture/4505844/14/119677307-1.jpeg)
„Ich habe Angst vor einer Welt, der die Lebensgrundlagen verloren gehen“, begründete die Angeklagte im Kieler Amtsgericht ihre Teilnahme an der Aktion. Sie sei enttäuscht, wie wenig Staat und Stadt gegen den Klimawandel unternähmen. Der Heuss-Ring bietet sich für symbolische Aktionen an: Die Luftqualität ist dort seit Jahren schlecht.
Die angeklagte Aktivistin ließ sich bei der Demo von der Polizei wegtragen, später versuchte sie wegzulaufen. Drei Beamte rannten ihr nach und überwältigten sie. Dabei soll sie um sich getreten haben, so der Staatsanwalt, der eine Strafe von 400 Euro forderte. Die Angeklagte und ihre Verteidigerin Irene Thering sprachen von „Schmerzgriffen“ der Polizei, die Muskelreflexe ausgelöst hätten: „Wer auf dem Bauch liegt, kann gar nicht gezielt treten“, sagte die betroffene Aktivistin. Drei Verhandlungstage hatte das Gericht angesetzt, die Aussagen von Zeug*innen gehört, darunter die Polizisten. Vor Beginn der dritten Sitzung ahnte Thering bereits, wie es weitergehen könnte: „Ich stelle Anträge, die als,zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich’ abgelehnt werden“, sagte sie. So kam es.
Bei den Anträgen ging es um Fehler der Polizei bei der Auflösung der Demo. Ein Teil dieser Vorwürfe stimmt, wie das Verwaltungsgericht in Schleswig feststellte. Die nun angeklagte Aktivistin hatte dort geklagt und Recht bekommen. Unter anderem ging es um ihre Behandlung nach der Festnahme: Sie wirkt von Körperbau und Kleidung wie ein Mann, ist aber im Selbstverständnis und laut ihrem Pass eine Frau. „Ich wollte von Frauen durchsucht werden, aber darüber wurde sich lustig gemacht“, berichtete sie der taz.
Auch in anderem Punkten habe es Fehler gegeben, die Aktionen der Polizei seien damit rechtswidrig gewesen – und Widerstand gegen rechtswidrige Taten sei legal. Richter Schwarz ließ das nicht gelten. Es sei okay, wenn es Demonstrierende bei einer Sitzblockade der Polizei „nicht leicht machen“, treten aber sei nicht legal. Auch wenn die „Lage teilweise unübersichtlich“ gewesen sei, spielten etwaige Fehler der Polizei keine Rolle für das Urteil. Er verhängte eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 20 Euro. Für die Klima-Aktivistin und Thering bleibt es eine politische Entscheidung. Sie überlegen, in Berufung zu gehen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen