Gericht urteilt über Palästina-Demos: Antisemitismus nicht verboten
Ein Bremer Gericht erlaubt propalästinensische Demos mit gelockerten Auflagen. Der Slogan „Kindermörder Israel“ ist von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Das Verbot des Slogans „From the river to the sea – Palestine will be free“, welches das Verwaltungsgericht ebenfalls für rechtswidrig erklärt hatte, bleibt nun doch bestehen. Auf Beschwerde des Innensenators Ulrich Mäurer (SPD) setzte das Oberverwaltungsgericht (OVG) das Verbot am Dienstag wieder in Kraft.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts dürfte die bloße Verwendung dieser Parolen die öffentliche Sicherheit nicht beeinträchtigen. Inhaltlich seien sie durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Die umfasse „auch Meinungen, die rassistisch, antisemitisch oder verfassungsfeindlicher Natur seien“. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist jedoch die Parole „From the river to the sea“ möglicherweise strafbar.
Wöchentliche Kundgebung geplant
Die propalästinensischen Kundgebungen sollen vom 2. Mai bis zum 13. Juni wöchentlich auf dem Bremer Grasmarkt stattfinden. Das Ordnungsamt hatte das mit der Auflage erlaubt, es dürften keine Kennzeichen von verbotenen Organisationen wie der Hamas gezeigt werden. Zudem seien Äußerungen verboten, die gegen Juden zum Hass aufstachelten.
Die Anmelder verwiesen auf die katastrophale Lage im Gazastreifen. Bei den israelischen Angriffen seien viele Zivilisten verletzt und getötet worden – auch Kinder. Das Verwaltungsgericht folgte diesem Hinweis: Der Ausspruch „Kindermörder Israel“ müsse nicht unbedingt mit dem Verschwörungsmythos assoziiert werden, wonach Juden Ritualmorde an Kindern begingen.
Im Oktober 2023 hatte das Verwaltungsgericht diesen Slogan sowie die Parole „From the river to the sea“ und das Ausmalen Israels mit palästinensischen Farben noch für problematisch gehalten und ein Verbot bestätigt. Dass es jetzt zu anderen Schlüssen gekommen ist, erklärt das Gericht mit dem zeitlichen Abstand. Der Nahost-Konflikt habe sich durch den israelischen Gegenangriff verändert. Deshalb könnten die Parole nicht mehr allein auf den Angriff der Hamas bezogen werden.
Das Verbot von „From the river to the sea“ rechtfertigt das OVG damit, dass die Parole ein Kennzeichen der Hamas sein könnte. Ob das so sei, könne zwar im Eilverfahren nicht geklärt werden. Anders als zuvor das Verwaltungsgericht entschied das OVG im Zweifel gegen die Demo-Anmelder.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Foltergefängnisse in Syrien
Den Kerker im Kopf