Geplante Nato-Beitritte: Willkommener Zuwachs
Die Nato und ihre Beitrittskandidaten Finnland und Schweden haben es eilig. Wie Sicherheitsgarantien in der Interimsphase aussehen könnten, ist offen.
Berlin taz Vor einigen Monaten hätte sich Russlands Präsident Wladimir Putin wohl noch nicht träumen lassen, dass sein brutaler Angriffsgriff gegen die Ukraine der Nato zwei neue Mitglieder beschert. Doch jetzt scheinen Schweden und Finnland fest entschlossen zu sein, dem Bündnis beitreten zu wollen – und sie haben es offensichtlich eilig.
Sollten Stockholm und Helsinki den Antrag stellen, könnten bis zur Unterzeichnung der Beitrittsprotokolle gerade mal wenige Woche vergehen. Ein wichtiger Termin auf dem Weg dorthin ist die Frühjahrstagung der Parlamentarischen Versammlung der Nato, die vom 27. bis zum 30. Mai in der litauischen Hauptstadt Vilnius stattfindet.
Aus Nato-Kreisen verlautete, man werde nicht erst auf den Nato-Gipfel der Staats- und Regierungschefs Ende Juni in Madrid warten, um diese Entscheidung zu treffen. Zwar müssen die Protokolle noch von jedem einzelnen Nato-Staat ratifiziert werden. Doch auch hierbei – lange Debatten oder sogar Blockaden sind nicht zu erwarten – wird damit gerechnet, dass die Bündnispartner auf die Tube drücken.
Der Zuwachs dürfte der Nato durchaus willkommen sein. Seit 1994 beziehungsweise 2014 nehmen Finnland und Schweden an den Partnerschaftsprogrammen für den Frieden (PfP) und für erweiterte Möglichkeiten (EOP) teil. Ihre Truppen sind regelmäßig an Nato-Übungen beteiligt, und sie waren unter deren Kommando bereits im Westbalkan und Afghanistan im Einsatz. Finnland, wo für Männer eine allgemeine Wehrpflicht gilt, hat 280.000 Soldaten unter Waffen sowie 900.000 Reservisten im Wartestand. Helsinki wird das Zwei-Prozent-Ziel des Bruttoinlandsprodukts bei den Ausgaben für Verteidigung bereits in diesem Jahr erreichen. So weit ist Schweden noch nicht, hat jedoch angekündigt, seine Verteidigungsausgaben erhöhen und seine Truppen aufstocken zu wollen. Deren Stärke beläuft sich derzeit auf 24.000 Männer und Frauen.
Doch unabhängig davon, wie lange der Beitrittsprozess dauert, stellt sich die Frage nach Sicherheitsgarantien für beide Staaten in dieser „Interims-Phase“. Da der Artikel 5 (Bündnisfall) des Nato-Vertrags nicht greift, sind derzeit andere Möglichkeiten im Gespräch.
Eine wäre, die Präsenz der Nato in der nordischen Region zu verstärken. Sollte ein potenzentielles Mitglied angegriffen werden, könnte die Nato nicht abseits stehen, zitiert Radio Freies Europa einen Nato-Vertreter. Denn das hieße die Glaubwürdigkeit des Bündnisses zu untergraben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee