Genossenschaft für Vorkaufsfälle: Aus Mietern werden Genossen
Die neue Mietergenossenschaft „Diese eG“ soll Häuser retten, die nicht von kommunalen Unternehmen gekauft werden. Ein erster Kauf läuft schon.
Auf dem Weg zur Abwehr der Verkäufe ist nun ein entscheidender Schritt gelungen: die Gründung einer Genossenschaft, zu deren Gunsten das bezirkliche Vorkaufsrecht ausgeübt werden soll. Nötig wurde die Konstruktion, nachdem die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften die Übernahme der Häuser wegen zu hoher Verkaufspreise abgelehnt hatten beziehungsweise weil die Anzahl ihre Kapazitäten übersteigt. In kleiner Runde, an der unter anderen Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) und der Regionalleiter der GLS-Bank, Werner Landwehr, teilnahmen, sei die Idee entstanden, erzählt Landwehr der taz.
Vergangenen Freitag wurde die Genossenschaft mit dem Namen „Diese eG“ gegründet. Dem Vorstand gehören neben Landwehr die Aktivistinnen Elena Poeschl und Simone Gork an, die mit ihrem Projekt Kiezkonnektors an der Vernetzung der Häuser arbeiten. Noch am selben Tag verkündete Schmidt, das Vorkaufsrecht für ein erstes Haus zugunsten der Genossenschaft ausgeübt zu haben. „Dieses Modell könnte eine ganze Menge Häuser retten“, so Poeschl.
Für die Mieter, die sich beteiligen wollen, bedeutet das: Sie werden Genossen ihres Hauses, müssen dafür aber Anteile zeichnen. Gerechnet werde mit 500 Euro pro Quadratmeter, erklärt Landwehr, also 25.000 Euro für eine 50 qm große Wohnung. „Viele Mieter sind bereit, sich bis zur Decke zu strecken“, sagt Landwehr. In den 13 Häusern, die bislang über das Genossenschaftsmodell diskutieren, wollen und können sich etwa 80 Prozent der Mieter beteiligen.
Mit vereinten Kräften
Um die Kaufpreise für die Häuser von bis zu 4.000 Euro pro qm zu stemmen, steht die Finanzierung noch auf drei weiteren Säulen: einem zehnprozentigen Zuschuss des Senats, einem Programm des Landes Berlin zur Förderung genossenschaftlichen Neubaus und Bestandserwerbs, das günstige Darlehen gewährt, sowie Bankdarlehen, über die etwa 40 Prozent der Kaufsumme aufgebracht werden müssen. Landwehr spricht von „vereinten bürgerschaftlichen Kräften“.
Die Genossenschaft ist grundsätzlich offen für weitere Häuser, momentan „kommen jede Woche zwei, drei hinzu“, sagt Landwehr. Andere fallen heraus, etwa weil ein Käufer den Vorkauf durch die Zusage, sich den Zielen des Milieuschutzes zu verpflichten, abwendet. Unter dem Namen Kiezkoala soll bald eine Kampagne Unterstützung für die Genossenschaftsidee generieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Linke gegen AfD und BSW
Showdown in Lichtenberg
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten