Syrien Opposition sagt Teilnahme am nächsten Versuch von Friedensgesprächen zu. Feuerpause hilft: Genf statt Gefechte
aus Genf Andreas Zumach
Die von UNO-Vermittler Staffan de Mistura moderierten Genfer Gespräche zwischen der syrischen Regierung und dem Oppositionsbündnis „Hoher Verhandlungsrat“ (HNC) über die Zukunft des Landes werden mit einwöchiger Verzögerung am Montag beginnen – vorausgesetzt, es kommt am Wochenende nicht doch noch zu einer massiven Verletzung der seit zwei Wochen währenden brüchigen Waffenruhe – und sollen zunächst bis zum 24. März dauern. De Mistura bekräftigte gestern die von der Internationalen Syrien-Unterstützungsgruppe (ISSG) im November 2015 festgelegten Themen und den Zeitrahmen für die Verhandlungen: Bis Mitte dieses Jahres sollen sich Regierung und Opposition auf eine Übergangsregierung einigen, die eine neue Verfassung für Syrien ausarbeiten sowie für spätestens Mitte 2017 Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vorbereiten soll.
Nach der Regierung von Präsident Baschar al-Assad sagte gestern auch der Oppositionsdachverband HNC seine Teilnahme zu. In den vergangenen Tagen hatten verschiedene Sprecher des von Saudi-Arabien beeinflussten HNC eine Teilnahme noch von drei Bedingungen abhängig gemacht, an deren Nichterfüllung der erste Verhandlungsanlauf Ende Januar gescheitert war: die Einstellung aller Angriffe syrischer und russischer Regierungsstreitkräfte, die Aufhebung sämtlicher Belagerungen syrischer Städte sowie die uneingeschränkte Versorgung der notleidenden Zivilbevölkerung in ganz Syrien.
Diese drei Bedingungen wurden mit dem Inkrafttreten der Waffenruhe in der Nacht zum 27. Februar zum Teil erfüllt. Es kam seitdem nur noch zu vereinzelten Angriffen syrischer und russischer Streitkräfte auf islamistische Oppositionsmilizen: die „Armee des Islam“ und „Islamische Initiative freier Männer der Levante“. Sie spielen im HNC eine wichtige Rolle, werden aber von Russland als Terroristen eingestuft, die weiter bombardiert werden dürfen.
In 10 von insgesamt 18 Städten, die zum Teil seit bis zu zwei Jahren belagert werden und von der Außenwelt abgeschnitten waren, konnten die humanitären Organisationen der UNO nach Auskunft des UNO-Koordinationsbüros OCHA in Genf in den letzten zwei Wochen erstmals Nahrungsmittel und andere überlebenswichtige Güter liefern. Damit erhielten rund 270.000 der 500.000 Bewohner dieser Städte eine humanitäre Erstversorgung. Über den Zugang zu 6 weiteren von syrischen Regierungstruppen belagerten Städten verhandelt OCHA weiterhin mit der Regierung Assad.
Der russische Außenminister Sergei Lawrow verlangte derweil am Freitag in Moskau die Beteiligung der syrischen Kurden an den Genfer Gesprächen. Verhandlungen ohne die Kurden seien eine „Demonstration der Schwäche“ der internationalen Gemeinschaft. Doch bis gestern erhielten weder die kurdische Partei PYD noch andere Vertreter der syrischen Kurden eine Einladung von UNO-Vermittler de Mistura.
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