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Gemeinsamer Kurs CDU und CSUMaximal 200.000 Flüchtlinge jährlich

CDU und CSU haben sich in Sachen Migration auf eine Position für die Koalitionsverhandlungen geeinigt. Von Grünen kommen Kritik und Lob gleichzeitig.

Hier wurde bis spätabends verhandelt: Konrad-Adenauer-Haus in Berlin Foto: dpa

Berlin/Baden-Baden rts/afp | CDU und CSU haben den Streit um eine Obergrenze für Flüchtlinge beigelegt und sich auf ein Paket zur Migrations-, Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik geeinigt. Die Spitzen beider Parteien einigten sich auf eine Formulierung, nach der die Netto-Zuwanderung aus humanitären Gründen pro Jahr nicht mehr als 200.000 Menschen betragen soll. Die Gesamtsumme solle aus ankommenden und ausreisenden Personen berechnet werden, heißt es in dem am Sonntagabend verabschiedeten Text. Das Wort Obergrenze taucht nicht auf.

Zudem vereinbarten die Spitzen von CDU und CSU, dass es ein Zuwanderungsgesetz für Fachkräfte geben soll. „Guter Tag für die Union und guter Tag für Deutschland“, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nach Abschluss der Beratungen. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt äußerte sich „sehr zufrieden“.

Seit Sonntagmittag sondierten die Spitzen der Union in der Berliner CDU-Zentrale, wie eine gemeinsame Verhandlungspositionen für Jamaika-Gespräche mit FDP und Grünen aussehen könnte. Eine Situation wie 2015 mit der Aufnahme einer sehr hohen Zahl an Flüchtlingen und Migranten solle sich nicht wiederholen, halten beide Parteien fest. Dazu soll ein ganzes Maßnahmenpaket dienen, von denen etliche Regelungen allerdings in Deutschland oder der EU bereits in Arbeit sind.

Neu ist die Forderung, dass es in Deutschland künftig Entscheidungs- und Rückführungszentren geben soll, in denen Asylbewerber bis zu einer Entscheidung über ihren Antrag bleiben sollen. „Die erforderlichen ausländerrechtlichen Entscheidungen werden dort getroffen“, heißt es in dem Text. Abgelehnte Asylbewerber sollen von dort in ihre Heimat zurückgeführt werden.

Nationale Grenzkontrollen sollen beibehalten werden, bis der EU-Außengrenzschutz funktioniert. Mit den Herkunfts- und Transitstaaten sollen nach dem Vorbild des EU-Türkei-Migrationsabkommen Abkommen geschlossen werden. Es werden EU-weite gemeinsame Asylverfahren an den Ausgrenzen und Rückführungen bereits von dort in die Heimatländer unterstützt. Die Liste der sicheren Herkunftsländer soll auf die drei Maghrebstaaten Marokko, Algerien und Tunesien ausgeweitet werden. Der Familiennachzug von subsidiär Geschützen, die nur ein Aufenthaltsrecht von zunächst einem Jahr haben, soll nach Willen von CDU und CSU ausgesetzt bleiben.

Auf die Gesamtzahl schauen

Zudem wurde eine Klausel vereinbart, dass Bundesregierung und Bundestag eine neue Entscheidung treffen können, mit dem der Richtwert „nach unten oder oben“ geändert werden kann. Die Union setzt sich zudem für verstärkte Abschiebungen aus. Zudem wird betont, dass die Regeln des Asylrechts im Grundgesetz weiter gelten – damit kann auch weiter kein Asylsuchender an der deutschen Grenze abgewiesen werden.

Neu ist das Element, dass die Zahl von 200.000 sich nicht mehr nur auf die ankommenden Flüchtlinge bezieht. „Wir wollen erreichen, dass die Gesamtzahl der Aufnahmen aus humanitären Gründen (Flüchtlinge und Asylbewerber, subsidiär Geschützte, Familiennachzug, Relocation und Resettlement, abzüglich Rückführungen und freiwillige Ausreisen künftiger Flüchtlinge) die Zahl von 200.000 Menschen im Jahr nicht übersteigt“, heißt es in der Vereinbarung. Dies bedeutet, dass mehr Menschen aufgenommen werden können, wenn mehr nicht anerkannte Flüchtlinge und Asylbewerber Deutschland in größerer Zahl wieder verlassen.

Vor allem die CSU hatte zuvor mit der begrenzten Aufnahmefähigkeit Deutschlands argumentiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel wiederum hatte die CSU bereits vor Monaten aufgefordert, nicht nur auf die Zahl der ankommenden Flüchtlinge, sondern die Gesamtzahl der Ein- und Ausreisenden zu schauen.

Zahl bezieht sich nicht auf EU-Bürger

Auf CDU-Seite verhandelten Parteichefin Merkel, Kanzleramtschef Peter Altmaier, Finanzminister Wolfgang Schäuble, Generalsekretär Peter Tauber und Fraktionschef Volker Kauder. Für die CSU sind Parteichef Horst Seehofer, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Generalsekretär Andreas Scheuer, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion in München, Thomas Kreutzer, dabei. Nachdem sich CDU und CSU nach mehreren Stunden Beratung zu getrennten Beratungen zurückgezogen hatten, kamen Merkel und Seehofer zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammen. Am Abend stieß Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) dazu. Die Unionsspitzen sprachen auch über weitere Themen wie etwa Europa.

Die Kunst liege darin, eine Position zu finden, die die CSU zufriedenstelle und gleichzeitig nicht den Weg für eine Einigung mit FDP und vor allem den Grünen verbaue, hatte es in der CDU am Sonntag geheißen. Merkel und andere führende CDU-Politiker hatten eine formale Obergrenze für die humanitäre Aufnahme mit dem Argument zurückgewiesen, dass etwa Asylbewerber an der deutschen Grenze nicht zurückgewiesen werden könnten.

Die Zahl 200.000 bezieht sich nicht auf die Arbeitsmigration und die Freizügigkeit etwa für EU-Bürger. Darüber kommen jedes Jahr sehr viel mehr Menschen nach Deutschland. CSU und CDU vereinbarten zudem ein Zuwanderungsgesetz, um den wachsenden Fachkräftebedarf der Wirtschaft zu decken.

Grüne sind sich uneinig

Grünen-Chefin Simone Peter sagte über den Kompromiss im Unions-internen Streit: „Das ist eine Einigung zwischen CDU und CSU und noch lange nicht das Ergebnis der Jamaika-Sondierung“. „Die Zahl 200.000 als Höchstgrenze humanitärer Hilfe kommt einer Obergrenze gleich, weil sie die einzelnen Flüchtlingsgruppen wahllos summiert und bei Erreichen der Grenze offenbar sachgrundlos gegeneinander ausspielt“, erklärte sie mit Blick auf die nach stundenlangen Verhandlungen gefundene Einigung.

„Wenn bei Erreichen der Grenze Flüchtlinge aus Resettlementprogrammen gegen nachziehende Familienmitglieder ‚verrechnet‘ werden, dann hat das nichts mit menschenrechtsbasierter Asylpolitik zu tun“, sagte Peter weiter. Sie bekräftigte, ihre Partei lehne die Ausweitung der sogenannten Sicheren Herkunftsländer ebenso ab wie Abkommen nach dem Vorbild des Vertrages zwischen der EU und der Türkei zum Stopp der Flüchtlingsbewegungen. Auch Ausreisezentren ohne Rechtsberatung wie in Bamberg würden von den Grünen nicht getragen. „An Entrechtungsprogrammen werden wir Grüne uns nicht beteiligen“, erklärte Peter, die zu den Grünen Unterhändlern zur Sondierung einer Jamaika-Koalition mit Union und FDP gehört.

Das klang bei Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckhardt jedoch anders. Sie hat den unionsinternen Kompromiss in der Flüchtlingspolitik begrüßt. Es gebe nun „eine Ausgangslage“, sagte sie dem Sender SWR. Die Einigung von CDU und CSU nannte sie einen „Formelkompromiss“, den nun genauer angeschaut werden müsse.

„Herr Seehofer hat seine 200.000 bekommen, Frau Merkel hat bekommen, dass niemand an der Grenze abgewiesen wird“, sagte Göring-Eckhardt. Ihr mache Sorge, „wie man bei 200.000 einfach einen Cut machen kann, ich kann mir immer noch nicht vorstellen, wie das gehen soll.“ Ihre Partei werde darüber hinaus weiterhin auf einen geregelten Familiennachzug drängen, betonte sie.

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35 Kommentare

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  • Was sagt die Linkspartei dazu? Sind die abgetaucht?

    • @Rudolf Fissner:

      Sind die etwa an Koalitionsspielchen beteiligt?

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Rudolf Fissner:

      Bestimmt nicht.

      Aber gings da nicht um den Unionsstreit?

  • ES GILT...

    den formelkompromiss richtig zu lesen, nämlich dass "die netto-zuwanderung aus humanitären gründen pro jahr nicht mehr als 200.000 menschen betragen soll." also gilt die "atmende zahl" nicht für asylsuchende nach art. 16 - politische verfolgung -oder für flüchtlinge nach der genfer flüchtlingskonvention -krieg, gewalt -; denn "humanitäre fluchtgründe " sind hunger, armut, migration. nur dieses kontingent lässt sich - ohne verstoss gegen verfassung, konvention und un-charta - zahlenmässig durch ein einwanderungsgesetz begrenzen. bevor das vergessen einsetzt - als in den 70-er jahren die boatpeople aus vietnam flohen, hielten die bundesländer ihre tore für solche kontingentflüchtlinge offen - ein blick in die geschichte ist für die politik hilfreich: wir haben das alles - wenn auch nicht in der dimension von 2015 - schon mal durchgespielt.

  • Die Obergrenze für Flugreisen bitte.

    2x im Leben pro Person.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @nzuli sana:

      Wohin? Und zurück?

  • Eine Obergrenze klingt gut, aber wie sieht es denn aus, wenn hauptsächlich ganz arme Menschen aus ganz armen Ländern der Welt hier einwandern?

     

    Kann man die so einfach integrieren? Lieben die unser Land für Demokratie, Menschenrechte und die Frauenbefreiung?

     

    Oder suchen sie Sicherheit, Arbeit und 'Wohlstand'?

     

    Ich glaube, eine Obergrenze ist eine fiktive Sache. Zum einen würde die Obergrenze in Libyen so wahrgenommen: Immerhin 200.000 Menschen können jetzt einreisen! Hurra, auf nach Deutschland, egal wie und wo, egal was da auf einen wartet. Und wie war das, als Deutschland syrische Flüchtlinge aufnehmen wollte?

     

    Kamen da nicht alle möglichen Menschen? Sagten nicht sogar rumänische Staatsbürger bei der Befragung, sie seien Kurden aus Kobani?

     

    Ich glaube, ohne echte Entwicklungshilfe, ohne eine klare Linie gegen die Stillstandstaaten Nordafrikas und gegen Menschenrechtsverletzungen werden wir über kurz oder lang schlichtweg überrant.

     

    Das sagen ja die Präsidenten der Sahel-Staaten auch ganz offen, ihr könnt uns hier unterstützen (in unserer niedrigen und autoritären Form) oder unsere Bevölkerung wandert zu Euch und dann habt ihr uns auch an den Backen.

     

    Und was machen Politiker?

     

    Sie sagen, egal, der blufft, das renkt sich von selber wieder ein, man wird hier ein wenig Geld schütten und dort ein wenig die Bundeswehr entsenden und dann bleibt es so nett und schön wie immer. Und ansonsten gehen die in ihr sicheres Drittland und in Lampedusa bestellen die italienischen Behörden regelmäßig Fahrkarten nach Hamburg - möglichst weit weg von Italien und wo schon viele Auländer sind, das renkt sich dann da in Germania wieder ein und wir helfen den Italienern natürlich, vor allem verbald, sonst eher nicht und so treibt hier jeder sein Spiel, aber jetzt bitte mit Obergrenze 200.00

  • An Entrechtungsprogrammen werden die Grünen sich sehr wohl beteiligen!

    Diese Methoden zuerst die CSU zufriedenstellen, dann die FDP, dann die Grünen, und die ausgebeutete Mehrheit der Weltbevölkerung kommt zuletzt.

    ganz Klasse!

    Klasse auch die Friedhofsruhe in Syrien und die Toleranz der anderen Diktaturen.

    So bleiben alle Fluchtursachen bestehen.

    • @nzuli sana:

      " ausgebeutete Mehrheit der Weltbevölkerung " -

       

      hier gibt es keine Ausgebeuteten?

      keine Altersarmut? keine Kinderarmut?

    • @nzuli sana:

      " und die ausgebeutete Mehrheit der Weltbevölkerung kommt zuletzt... So bleiben alle Fluchtursachen bestehen."

       

      Das war immer so und wird immer so bleiben. Einzig und allein Gott wird die Fluchtursachen beseitigen - wenn man denn daran glaubt.

  • Atmende Zahlen, offene Grenzen, kein Zurückweisung an der Grenze. Was soll jetzt das Neue daran sein? Die 200.000 atmen doch gewaltig! Die einzigen, die als nächste wirklich unter diesem Kompromiss leiden werden ist die CSU. Ich prophezeie ihr ein Ergebnis bei der Bayernwahl im Herbst 2018 unter 30 %.

    • @Wilfried Bergmann:

      CSU hat rein garnichts durchgesetzt ,bekommen wahrscheinlich ein paar hochbezahlte Ministerposten und mehr wollten die auch nicht.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "Die Gesamtsumme solle aus ankommenden und ausreisenden Personen berechnet werden ..."

     

    Den Saldo schafft nur der Herr Schäuble, und der wird ja Bundestagspräsident.

    • @571 (Profil gelöscht):

      Herr Schäuble würde den unterbieten...

  • Wozu braucht es denn noch das Pfuiwort „Obergrenze“ wenn es schon eine Maximalzahl gibt? Ach ja, das hatte man mir schon erklärt: Damit die Leute, die das ganz, ganz dringend wollen, auch wirklich miteinander können dürfen.

     

    Das ist mal wieder typisch bundesdeutsch: Sich selbst belügt man freiwillig, die anderen, weil das die Macht bestätigt, es zu tun – und weil „das Volk“ auch sehr viel lieber und bestimmt von Personen seiner eigenen Nationalität beschissen werden will, als eventuell von Leuten, die ganz anders aussehen und auch anders reden.

     

    Lieber bleibt man weiter beschränkt... äh: sorry, begrenzt in seinen integrativen Fähigkeiten, als dass man sich von Fremden dazu zwingen lässt, auf deren Bedürfnisse zu reagieren. Merke: Wer klein(lich) ist und es auch bleiben möchte, dem hilft ein dreistrophiges Deutschlandlied nicht weiter. Der wird nicht groß. Der wird nur immer noch ein bisschen dämlicher.

  • Die frömmelnde Grüne evangelische Theologin Katrin Dagmar Göring-Eckardt [prädestiniert duch ihre Berufung], wird in der alleinseeligmachenden "Jamaika-Verschwörung", dann die Einhaltung der 200.000 "Netto-Humaneinheiten-Obergrenze" in christlicher unionierter Nächstenliebe zu überwachen haben.

    Fraglich ist nur welche Zahl "Brutto" tatsächlich dabei herauskommt und wer dann für das "Tara" [Delta] verantwortlich gemacht wird.

    Ohne Mithilfe der AfD wird Jamaika die hierfür erforderliche Grundgesetzänderung beim Asylrecht nicht durchbekommen.

     

    PS. Auch wenn man nur schwarzes, grünes und gelbes Knetgummi gut durcharbeitet, kommt immer ein sattes Kackbraun heraus.

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @Bernd D. Behnk:

      Es wird in jedem Fall so sein, daß die 'frömmelnde Grüne ... Theologin Katrin' dem 'Schnappatmenden und um für irgendjemand erkennbare Lautäußerungen ringenden' Seehofer schon die Leviten lesen wird.

      Die Kiste in den Graben gefahren haben nämlich mit ihrer Wirtschaftspolitik und der wunderbaren und stets bereitwilligen Rüstungsunterstützung der USA ... wer wohl?

      Ja genau: die Union und die SPD. In dieser Reihenfolge.

       

      Und auch ein PS. von mir:

      Die Klima-, Meeres- und Flüchtlingskrise ist kein Wölkchen am Himmel, das vorbei zieht. Nein, das ist auch zu 100% unsere Existenzmöglichkeit/oder auch nicht auf dieser Erde.

    • @Bernd D. Behnk:

      Warum sollte bei so einer "humanitären" Lösung die AfD nicht mitspielen?

  • Die CDU möchte also Flüchtlinge in Lager stecken, Schengen de facto aussetzen, mehr abschieben und eine Obergrenze, die nicht so heißt. Und ein Einwanderungsgesetz, das Augenwischerei ist.

     

    Hier bietet sich die fantastische Möglichkeit für die Grünen, sich selbst als relevante Partei abzuschaffen, falls man das auch nur ansatzweise mitmacht.

     

    In Dänemark stehen bereits Soldaten an der Grenze, um die Polizei bei der ständigen Grenzkontrolle zu "entlasten". Bald überall in Europa so?

    • @kditd:

      Hier bietet sich die fantastische Möglichkeit für die Grünen, sich selbst als relevante Partei abzuschaffen, falls man das auch nur ansatzweise mitmacht.

       

      8% Wahlergebnis und relevant?

      Lieber KDITD - Kreuzberg ist nicht Deutschland.

       

      Gott sei Dank.

  • mich würde die Gesamtzahl der Aufnahmen aus humanitären Gründen (Flüchtlinge und Asylbewerber, subsidiär Geschützte, Familiennachzug, Relocation und Resettlement, abzüglich Rückführungen und freiwillige Ausreisen künftiger Flüchtlinge) auf dem Jahr 2016 interessieren.

     

    Einfach um die 200.000 besser einordnen (viel / wenig / angemessen) zu können.

     

    Vieleicht kann jemand weiterhelfen.

     

    Danke

    • 8G
      83492 (Profil gelöscht)
      @Christian Wohlgemuth:

      Hallo Herr Wohlgemuth,

       

      2016 wurden insgesamt 745545 Asylanträge gestellt.

      Nähreres finden Sie in http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bundesamt-in-zahlen-2016.html?nn=1694444

       

      Zu den wirtschaftlichen Folgen https://www.welt.de/wirtschaft/article135822963/Jeder-Migrant-kostet-1800-Euro-mehr-als-er-bringt.html

      • @83492 (Profil gelöscht):

        Das "Ifo-Institut", welches für die Berechnungen verantwortlich ist, wurde kurz nach dem Krieg mit Geldern des bayerischen Innenministeriums gegründet und die Leitung zwei Ökonomen übertragen, die schon im Nationalsozialismus eine führende Rolle spielten. Heute wird das Institut zu zwei Dritteln direkt aus Steuermitteln finanziert, ein Drittel kommt aus einem "Freundesgesellschadt", der „Einzelpersonen, gewerbliche Unternehmen, Wirtschaftsverbände und Körperschaften des In- und Auslandes“ angehören. Da das Institut ein in Bayern anerkannter "gemeinnütziger Verein" ist, sind die privaten Zuwendungen steuerlich abzugsfähig.

         

        Immer wieder stand und steht das Institut in der Kritik, lediglich Hofberichterstattung für die bayerische Landesregierung und andere konservativ dominierte Landes- und Bundesregierungen zu machen.

         

        Hans-Werner Sinn war Präsident des Ifo-Institutes zwischen 1999 und 2016. Zu seinen denkwürdigsten Beiträgen zählt die Gleichsetzung der Kritik an deutschen Managern und Bankern im Zuge der globalen Finanzkrise von 2007 mit der Judenverfolgung des Dritten Reiches. Ein Vergleich, der unter anderem von Politikern aller Parteien, Personen des öffentlichen Lebens und vom Zentralrat der Juden scharf kritisiert wurde. Außerdem ist Sinn ein Gegner der Klimapolitik und noch 2014 bezeichnete er die Energiewende in Deutschland als Irrweg und formulierte "Die einzige Hoffnung der Menschheit war die Atomkraft". Eine Position, die man nach Tschernobyl noch als "gefährlich naiv" bezeichnen könnte, die aber nach Fukushima nur noch borniert, dumm und ohne jegliche politische Relevanz ist.

         

        Eine Gegendarstellung seiner These von den "teuren Migranten" findet sich hier: http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-11/zuwanderung-deutschland-folgen-fuer-sozialstaat

         

        Fraglich, wie hoch eigentlich die Belastung der Steuerzahler durch so ein Gefälligkeits-Institut mit mäßigem wissenschaftlichen Anspruch ist.

        • 8G
          83492 (Profil gelöscht)
          @cursed with a brain:

          Hallo Cursed With A Brain,

          der positive Nettobeitrag ergibt sich in der von der ZEIT referenzierten ZEW-Studion bei einer Zuwanderung, die ein höheres mittleres Qualifikationsniveau aufweist, als die bestehende Bevölkerung.

          Dazu Auszüge [1]:

          "Qualifizierte Zuwanderung kann dazu beitragen, die öffentlichen Haushalte nachhaltig zu finanzieren"

          ...

          "Die ZEW Studie zeigt allerdings, dass gesteuerte künftige Einwanderung ein Beitrag dazu sein kann, diese Lücke zu verringern und so die Bevölkerung fiskalisch spürbar zu entlasten."

           

          "Voraussetzung dafür ist, dass eine human- und arbeitsmarktorientierte Steuerung der Zuwanderung dazu beiträgt, dass künftige Einwanderer im Durchschnitt ein besseres als mittleres Qualifikationsniveau aufweisen."

           

          Dass diese Voraussetzungen für die Zuwanderung der Jahre 2015/16 gegeben sind, bezweifle ich.

           

          [1] http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/gutachten/ZEW_BeitragZuwanderungStaatshaushalt2014.pdf S. 3

          • @83492 (Profil gelöscht):

            Genau wie sinn verschweigen oder ignorieren auch Sie ganz bewußt den Bedarf an minder qualifizierten Arbeitskräften. Der wird durch Einheimische nicht mehr gedeckt, da diesen zu einem Großteil die Arbeit "zu anstrengend" und "zu gering entlohnt" erscheint. Das war schon in den sechziger Jahren mit den schweren Jobs z.B. im Bergbau und im Stahlwerk so.

            • 8G
              83492 (Profil gelöscht)
              @cursed with a brain:

              Ich ignoriere den Bedarf an minder qualifizierten nicht bewusst. Der ist auch nicht so

              groß. Hier mal aus [1]:

               

              "Die Arbeitslosenquote der Ungelernten ist etwa viermal höher als bei Menschen mit abge-

              schlossener Ausbildung. Der Anteil von Menschen ohne formalen Qualifikationsabschluss

              an allen Arbeitslosen steigt kontinuierlich an; in Westdeutschland liegt er im Hartz-IV-Sys-

              tem bereits bei mehr als 60 Prozent."

               

              Es ging in dem ZEIT Artikel auch darum, dass durch Zuwanderung die Sozialsysteme finanziert werden.

              Und das ist selbst bei Beschäftigung im Niedriglohnbereich zumindest für das Gesundheitssystem nicht der Fall:

               

              die durchschnittlichen Gesundheitsausgaben je Einwohner betrugen 2015 laut [2] 4213 Euro.

              Damit ein Versicherter keine Transferleistungen anderer Versicherter erhält,

              muss er/sie also mindestens 4213EUR pro Jahr an Beiträgen zahlen.

               

              Eine Person die für den Mindestlohn von 8,50 EUR/h brutto arbeitet, zahlt bei

              einem Beitragssatz von 14,6% aber nur etwa 2580EUR ein [3].

              Der Fehlbetrag muss durch Transferleistungen der Solidargemeinschaft gedeckt werden.

              Das Privileg, hier solidarisch sein zu dürfen, ist in der Privaten Krankenversicherung

              Versicherten leider verwehrt.

               

              Bitte das nicht falsch verstehen: das ist kein Argument für oder gegen Einwanderung.

              Ich möchte damit nur sagen, dass eine Zuwanderung wie sie in den Jahren 2015/16 geschah,

              nur durch humanitäre Motive begründet werden kann, keinesfalls mit wirtschaftlicher

              Entlastung der Sozialsysteme.

               

              [1] http://www.dgb.de/++co++ebcda7fa-1be2-11e5-90c2-52540023ef1a/arbeitsmarkt-aktuell-06-2015-Aussichtslos-Zur-Situation-Geringqualifizierter-auf-dem-Arbeitsmarkt.pdf

              [2] https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/Gesundheitsausgaben/Gesundheitsausgaben.html

              [3] 0,146*40h/Woche*52 Wochen*8,5 EUR/h=2581,28EUR

              • @83492 (Profil gelöscht):

                2015/16 sind fast ausschliesslich Flüchtlinge aus Kriegsgebieten nach Europa gekommen. Weitere Fluchtursachen waren Hunger und Unterdrückung. jemand der vor dem hungertod flieht, ist kein "Wirtschaftsflüchtling".

                 

                Und natürlich ist die Aufnahme nach dem Asylgesetz eine Aufnahme aus humanitären Gründen. Aber auch die "rechnet" sich, wenn die deutsche Mehrheitsgesellschaft den Geflüchteten die Chance zur Integration anbietet und sie als vollwertige, gleichberechtigte Mitglieder anerkennt.

                 

                Ihre Rechnung enthält meines Erachtens einen gravierenden Trugschluss, weil die privaten Krankenkassen bei Ihnen offenbar auf der Ausgabenseite, nicht aber auf der Einnahmeseite berücksichtigt wurden. Anders ausgedrückt, ein Großteil der von Ihnen angeführten 4213 Euro durchschnittlicher Aufwand (2014) werden durch private Kassen abgedeckt, Sie legen die Kosten aber komplett auf die gesetzliche Krankenversicherung um. Wäre dem so, hätten diese wohl kaum in den letzten Jahren einen Überschuss in mittlerweile zweistelliger Milliardenhöhe erwirtschaftet.

                https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2017/06/08/krankenkassen-weiterhin

                 

                Dass die Sozialsysteme durch den "Niedriglohnsektor" nicht gedeckt werden, liegt wohl einerseits in der Natur der Sache (Es können eben in einer Population nicht alle "über dem Durchschnitt" liegen). Der gravierende Abstand zwischen dem Gehalt und dem Aufwand für ein menschenwürdiges Dasein ist ein strukturelles Problem, das die Politik lösen muss, z.B. in dem ein Mindestlohn nicht nur eingeführt, sondern auch durchgesetzt wird (mit entsprechend scharfen Sanktionen für Gesetzesbrecher), in dem endlich Leiharbeit effektiv begrenzt und Scheinselbständigkeit bekämpft wird, etc.

                • 8G
                  83492 (Profil gelöscht)
                  @cursed with a brain:

                  "Ihre Rechnung enthält meines Erachtens einen gravierenden Trugschluss, weil die privaten Krankenkassen bei

                  Ihnen offenbar auf der Ausgabenseite, nicht aber auf der Einnahmeseite berücksichtigt wurden."

                   

                  Sie haben recht, ich habe die falsche Vergleichsgröße verwendet. Korrekterweise hätte

                  ich die Durchschnittsausgaben für gesetzlich Versicherte von 2856EUR/Jahr [1] ansetzen

                  müssen. Damit bleibt für Vollbeschäftigung mit Mindestlohn ein deutlich kleinerer Fehlbetrag von

                  ca 250EUR/Jahr.

                   

                  Ich hatte nicht erwartet, dass die Unterschiede zwischen privater und gesetzlicher KV so groß sind.

                   

                  [1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2907/umfrage/gesetzliche-krankenversicherung-entwicklung-leistungsausgaben/

      • @83492 (Profil gelöscht):

        Danke für den Link. Der Mann sollte Hans-Werner Unsinn heißen, finde ich.

         

        Nicht der Sozialstaat wirkt wie ein Magnet, sondern der Rechtsstaat Deutschland. Das wird man aber erst erkennen, wenn der Sozialstaat komplett abgeschafft ist und das Migrations-“Problem“ immer noch besteht. Erst dann sind auch die bürgerlichen Rechte dran. Und zwar so lange, bis Recht auch hierzulande (wieder) bloß eine Frage des Geldbeutels ist. Genau wie da, wo die „unqualifizierten Zuwanderer“ herkommen.

         

        Offenbar glaubt Hans-Werner (Un-)Sinn, dass er selber auch zu den per Geldbeutel Gesicherten zählen wird, wenn es mal so weit ist. Solche Leute genießen meistens eine krankhafter Selbstüberschätzung.

         

        Ja, es flüchten mehr unqualifizierte Menschen als qualifizierte. Warum? Weil diese Leute da, wo sie zuhause waren, nicht fair behandelt worden sind. Sie hatten nicht die selben Bildungs- oder Aufstiegschancen wie Kinder Reicher und Gebildeter und nicht die Macht, daran etwas zu ändern. Der Präsident des Ifo-Instituts will offenbar, dass Deutschland sich just an den Herkunftsländern der Migranten ausrichtet. Er glaubt wohl, wenn er und Seinesgleichen keine Sozialabgaben mehr leisten brauchen, können sie noch besser für sich selber sorgen und ihren Vorsprung weiter ausbauen. Gleichzeitig, mag er hoffen, wird Deutschland unattraktiv. Für die eingeborenen Habenichtse wie auch auch für die zugereisten. Der Präsident und seine Freunde könnten dann ganz unter sich sein wie auf einer Insel der Glückseligen. Bewacht von einer Roboter-Armee und bedient von sich selbst programmierenden Automaten bzw. einer kleinen, feinen Sklav*innenschar, die handverlesen wird für letzte menschliche Bedürfnisse der Herren.

         

        Je nun. Der Mann sieht ziemlich alt aus auf dem Bild. Ob er den Traum, dem er da folgt, noch live erlebt? Ich hoffe es. Dann nämlich tät er kurz vor seinem Ende noch bemerken: Es war kein Traum. Ein Albtraum war's, der leider Gottes nicht zu korrigieren ist in der Zeit, die noch bleibt.

        • 5G
          571 (Profil gelöscht)
          @mowgli:

          "Der Mann sollte Hans-Werner Unsinn heißen, finde ich."

          .

          .

          "Offenbar glaubt Hans-Werner (Un-)Sinn, ..."

           

          Unter Ihrem Niveau, werte/r MOWGLI, und das gleich doppelt.

           

          Uralte Regel: No jokes with names...

      • @83492 (Profil gelöscht):

        Hallo Limits2Growth,

         

        vorne weg: kannst mich auch duzen :)

         

        Vielen Dank für den Link, die Zahl von circa 750.000 Anträgen war mir bewusst. Interessanter finde ich die Zahl abzgl.der Rückführungen und freiwilligen Ausreisen.

         

        Aber ich glaube 200.000 Asylanträge, wie von der Union gewollt, ist arg wenig...

    • @Christian Wohlgemuth:

      Die Zahl kann ich ihnen leider nicht sagen - würde mich auch interessieren.

       

      Im Wahlkampf (Kanzlerduett) war aber allein beim Familiennachzug die Rede von ca. 300.000 Personen - nur für die Gruppe derjenigen Syrer die bisher "nur" subsidiären Schutz genießen.

  • Ich sehe den Widerspruch zwischen Simone Peters und Katrin Göring-Eckarts Äußerung nicht. Erstere stellt den Unionsplänen die grüne Position gegenüber, Letztere hebt hervor, dass es erstmal ein Fortschritt ist, überhaupt zu wissen, wie sie CDU/CSU die Flüchltingspolitik einer künftigen Regierung vorstellen und macht zugleich klar, dass das für die Grünen keine Option ist. Das mag zwar im Ton freundlicher sein, in der Sache ist daraus Uneinigkeit abzuleiten ist aber unredlich.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Gerd Müller:

      Naja es wird eine Koalition ergo Kompromisse geben, die Union gibt bei der Umweltpolitik nach und die Grünen bei der Flüchtlingspolitik. Problem gelöst jeder ist glücklich.