Geldstrafe gegen Linken-Politikerin: Urteil nach Tagebau-Aktion
Drei Jahre nach der Besetzung eines Tagebaus: Die sächsische Landtagsabgeordnete Juliane Nagel wird zu einer Geldstrafe verurteilt.
Etwa tausend Klimaaktivisten des Bündnisses „Ende Gelände“ hatten damals friedlich für einige Stunden den Kohleabbau blockiert und einen schnelleren Kohleausstieg gefordert. Zuvor hatten in den Sommern 2018 und 2019 Klimacamps im nahen und damals noch von Abbaggerung bedrohten Dörfchen Pödelwitz stattgefunden. Juliane Nagel nahm an der Tagebaubesetzung nach eigenen Angaben als parlamentarische Beobachterin teil. Das Gelände sei nicht abgezäunt gewesen.
Die Mitteldeutsche Braunkohle AG (Mibrag) überzog daraufhin identifizierte und prominente Teilnehmer mit Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs. Sie richten sich auch gegen Nagels Parlamentskollegen Marco Böhme, gegen einen Fotografen der Leipziger Volkszeitung und einen freien Leipziger Journalisten. Der Landtag hatte daraufhin die Immunität von Nagel und Böhme aufgehoben. Das Urteil gegen Juliane Nagel bildet den Auftakt mehrerer Verfahren.
Zuvor hatte allerdings das Amtsgericht Leipzig eine andere Teilnehmerin der Blockade mit dem auch von Nagels Anwältin vorgebrachten Argument freigesprochen, sie habe keine physische Sperre durchbrochen. In zweiter Instanz wurde sie dann doch bestraft, weil ihr Sachbeschädigung nachgewiesen werden konnte.
„Politiker des Establishments“
Die Linken-Abgeordnete spricht von einem besonderen „Verfolgungseifer“ der Mibrag. Sie versuche, Menschen an den juristischen Pranger zu stellen und einzuschüchtern.
Nach gegenwärtigem Stand will Nagel in Berufung gehen, obschon die verhängte Geldstrafe nahe an der Bagatellgrenze liegt. In sozialen Netzwerken und in Leserkommentaren von Medien wird Solidarität geäußert, aber auch die Frage diskutiert, ob der Einsatz für eine gute Sache einen Gesetzesbruch rechtfertige.
Die rechtsextremen Freien Sachsen bedauerten, dass die Höhe des Urteils keine abschreckende Wirkung entfalte und konstatierten mit Genugtuung, „dass auch Politiker des Establishments nicht straffrei ausgehen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten