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Geldnot bei StudierendenEin Armutszeugnis

Ein Drittel der Studierenden lebt unterhalb der Armutsgrenze. Was das Ganze noch schlimmer macht: Bafög-Empfänger:innen sind besonders gefährdet.

Der Studierende lebt nicht vom Brot allein Foto: Benjakon

Wenn am heutigen Mittwoch der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung im Deutschen Bundestag zusammenkommt, um über die Bafög-Reform der Ampelregierung zu beraten, wird er höfliches Lob und scharfe Kritik zu hören bekommen. Wie immer, wenn das Bafög novelliert wird und Ex­per­t:in­nen für eine Stellungnahme geladen sind.

Die Studierendenverbände werden anmerken, dass die Inflation die Erhöhung der Fördersätze (um fünf Prozent) frisst und dass auch der erhöhte Mietzuschuss (er liegt künftig bei 360 Euro) nicht der Realität auf dem Wohnungsmarkt entspricht. Das Studentenwerk wird fordern, das Bafög regelmäßig an die Einkommens- und Preisentwicklung anzupassen. Und die Hoch­schul­rek­to­r:in­nen werden bemängeln, dass das Bafög immer noch Studierende in Teilzeit ausschließt und mit Ende der Regelstudienzeit endet. Um nur ein paar Kritikpunkte zu nennen.

Die Bafög-Reform ist, da sind sich die Ex­per­t:in­nen weitgehend einig, ein Schrittchen in die richtige Richtung. An eine Reform, die den Namen verdient, wagt sich die Bundesregierung nicht. Wieder einmal. Man könnte an dieser Stelle jetzt einwenden, dass es sehr wohl wichtige Neuerungen beim Bafög gibt (etwa die Anhebung des Förderalters auf 45 Jahre). Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) jedenfalls wird nicht müde zu betonen, dass es ja bald noch einen zweiten Teil der Reform geben soll.

Wie dringend der ist, zeigt eine am Dienstag veröffentliche Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. 30 Prozent der Studierenden leben demnach in Armut, rund doppelt so viele wie in der Gesamtbevölkerung. Der Anteil armutsgefährdeter Studierender dürfte sogar noch höher liegen, argumentieren die Autor:innen. Denn die Daten stammen von 2019 – also noch von vor der Pandemie, die viele Minijobs und damit auch das Einkommen vieler Studierender gekillt hat.

Akademikerkinder in der Überzahl

Die Zahlen klingen dramatisch, doch so einfach ist es nicht. In Deutschland gilt als armutsgefährdet, wer monatlich weniger als 1.266 Euro zur Verfügung hat. Der familiäre Hintergrund spielt dabei keine Rolle. Dabei tut er das. Noch immer haben Kinder aus einem Akademikerhaushalt weit bessere Chancen, an einer Hochschule zu landen. Eine Studentin mit Ärzte-Eltern, die während des Studiums die Zweitwohnung der Eltern bewohnt und 1.000 Euro monatlich überwiesen bekommt, ist wohl kaum armutsgefährdet.

Hier zu differenzieren, ist wichtig. Denn viele Studierende bringen ja tatsächlich keine finanzielle Sicherheit aus dem Elternhaus mit. Genau der Fall also, für den Bafög vor mehr als 50 Jahren gegründet wurde. Wie sehr die Fördermaßnahme das Ziel verfehlt, die unterschiedlichen Startchancen auszugleichen, zeigt auch die Erhebung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes: Wer Bafög bezieht, ist im Vergleich zu Nichtbeziehern fast doppelt so wahrscheinlich von Armut betroffen. Dazu kommt, dass auch heute noch die Verschuldungsangst bei Studierenden aus Nichtakademikerfamilien überproportional hoch ist. Auch deshalb sind die Akademikerkinder an den Unis in der Überzahl.

Was also tun? Gegen die Verschuldungsangst gäbe es ein einfaches Mittel: das Bafög wieder in einen Vollzuschuss umzuwandeln – also eine finanzielle Leistung, die nicht zurückgezahlt werden muss. Dann müsste niemand davor Angst haben, nach dem Studium mit Tausenden Euro in der Kreide zu stehen. Mal sehen, ob sich die Ampel an ihr Koalitionsversprechen erinnert, den Anteil am Bafög, den Emp­fän­ge­r:in­nen nach dem Studium zurückzahlen müssen, zumindest zu verringern.

Was die Armut betrifft: Da muss die Bundesregierung endlich die Frage beantworten, ob man vom Bafög leben können muss. Gegenüber der taz beantwortete Bildungsministerin Stark-Watzinger die Frage vor wenigen Tagen mit „grundsätzlich Ja“. Aber was das genau bedeutet, wenn das Bafög einfach nicht zum Leben reicht, bleibt ihr Geheimnis.

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17 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Nun versucht man auch noch mit der üblichen Taktik - ohne Namen zu nennen - die Rente mit 70 zum Thema zu machen.



    Das klappt, wenn sich die Menschen fast nur noch für Fußball interessieren!

    Leider haben wir keine besseren Leute in der Regierung. Politiker schaden mehr als sie nutzen. Es gibt wenige Ausnahmen und das liegt lange zurück!

  • Man sollte Armut nicht romantisieren, aber vielleicht gehört es auch zum Lernprozess für diejenigen, die nachher die höchsten Gehälter haben und die intellektuelle Elite bilden sollen als junge Menschen auch Mal die Erfahrung gemacht zu haben, jeden Euro zweimal umdrehen zu müssen, in sehr einfachen Verhältnissen zu leben, auf Auto und Fernreisen zu verzichten und sich einen eher proletarischen Nebenjob zu suchen, um sich Mal ein Bier in der Kneipe oder einen Kinobesuch leisten zu können. Dabei lernt man womöglich mehr, als im Hörsaal.

    • @Ruediger:

      Einer kam durch - Mentalität!



      Was soll das?



      Es ist viel besser, wenn es der breiten Bevölkerung gut geht. Wenn da nicht die irren Politiker wären, die unseren erarbeiteten Reichtum verschleudern und uns dann noch klarmachen wollen, dass es eine große Leistung ist, das Rentenniveau auf 48% zu halten. Das ist nicht nur absurd, das ist bizarr!

      Teeren und Federn ist ja nicht mehr erlaubt!

  • Rein statistisch gesehen lebte ich im Studium auch in Armut, während Gleichaltrige mit Lehre schon im Beruf standen und weitaus mehr Geld verdienten.

    Andererseits ist ein Studium immer noch die beste Voraussetzung für ein später deutlich höheres Einkommen. Und anders als gleichaltrige Handwerker müssen Studenten immerhin noch keine Steuern zahlen und haben immens mehr Freizeit oder zumindest deutlich mehr Selbstbestimmtheit.

    • @Suryo:

      Haben Sie schon mal eine Uni von innen gesehen?



      Studenten und Freizeit. Das haben die Obdachlosen auf den Parkbänken auch.



      Begreifen Sie es nicht?



      Das Klische studieren und später den dicken Job bekommen ist seit minestens 25 Jahren überholt.



      Befristung von Arbeitsverträge! Arbeitslosigkeit. Miese Renten.



      So sieht die Wirklichkeit für viele aus.

    • @Suryo:

      "...beste Voraussetzung für ein später deutlich höheres Einkommen."

      Na so ganz stimmt das nicht!!!



      Schon mal den Begriff "Überqualifizierung" gehört?



      Die Arbeitgeber wollen Top-Leistung aber möglichst wenig bezahlen.



      Auch im öffentlichen Dienst wird man gerne mal auf Stufe 1 zurückgeschraubt, nur weil man den Arbeitgeber wechselt - kein Witz!!



      .



      Dann schlagen noch die Befristungen zu Buche. Viele Akademiker sind eine zeitlang arbeitslos. Manche schaffen den Wiedereinstieg gar nicht mehr. Jung und weiblich ist angesagt!

      Am Ende des Berufslebens sieht es dann bitter aus.



      Warum? Weil wir solche Versager in der Politik haben und....nicht zu vergessen.... das St. Florians-Prinzip ersetzt vollständig die Solidarität unter den Beschäftigten!!!



      Alles erlebt!

  • Natürlich ist man als Student „armutsgefährdet“!



    War schon immer so und dagegen spricht auch nichts, da es ja nur eine vorübergehende Ausbildungszeit ist. Es spricht auch nichts gegen Studienkredite, um schneller den Abschluss zu erreichen.

    • @alterego:

      Wer pflanzt euch das in eure Gehirne ein, dass Studenten unbedingt darben müssen?

      Wer Leistung bringt sollte bestens bezahlt werden!! BASTA!

      • @cuba libre:

        Das stimmt aber als Abiturient und Student leistet man nichts im Sinne von Produktivität, man konsumiert nur und kostet. Arbeitslose Akademiker findet man nur in den Fächern die keine gesellschaftliche Relevanz haben oder bei denen keine Nachfrage besteht. Wer länger als 12 Semester an der Uni rumgehangen hat , hat auch keine Chancen. Studenten darben auch nicht und hungern nicht. Es ist doch normal wenn ich mir mit einen weiteren Studenten ein Zimmer teile, da ich ja sowieso die meiste Zeit an der Uni oder in Bibliotheken verbringe. Trotzdem hat es vor 50 Jahren 4wöchentlich zu einem Rausch gelangt, zuerst mit Hon. Modell, mit Bafög und mit Ferienarbeit.

        • @Pepi:

          ".....man konsumiert nur und kostet."



          Mit Sicherheit falsch! Wir reden hier von Menschen!

          " Arbeitslose Akademiker findet man nur in den Fächern die keine gesellschaftliche Relevanz haben "

          Und wer bestimmt das? Informatik vor Germanistik? Wohl kaum. Wir brauchen fähige, weltoffene Menschen und keine Nerds!

          "Es ist doch normal wenn ich mir mit einen weiteren Studenten ein Zimmer teile"



          Nein, überhaupt nicht! Normal ist, dass ich in Ruhe als Student arbeiten kann in meiner Bude.

    • @alterego:

      Ich habe damals Vollkredit erhalten.



      Eigentlch müsste man vom Studium unter diesen Bedingungen abraten.

  • Hmm... Ist ALG 2 also Hartz 4 soviel höher? Der Student tut letztlich nichts für das Allgemeinwohl. Ich war vor 20 Jahren auch mal Student. Der Bafög-Satz war damals auskömmlich. ok, Urlaub war zelten und keine Flugreise. Wenn man noch einen 450 Euro Job am Samstag macht, würde man zusammen mit Bafög sogar auf die genannten Euro 1.266 kommen. Ich habe das damals nicht gemacht. Ich hatte aber kein Auto, ein Zimmer in einer Studenten-WG und war nicht drei, sondern ein Tag feiern in der Woche und das eher dort, wo der Eintritts- und Getränkepreis überschaubar war.

    Diskutieren kann man über die Rückzahlungspflicht, wenn dies nicht-Akademiker-Kinder vom studieren abhält.

  • Auf Urlaub, Auto und sonstigen Luxus zu verzichten, in WGs zu wohnen und jobben zu gehen, war schon immer Teil des Studiums. Insofern hat sich wenig geändert. Mit 1200 Euro kommt man eigentlich über die Runden.

    • @Jutta57:

      "Mit 1200 Euro kommt man eigentlich über die Runden"



      ..sagte der Imperator und warf den Hungernden ein Stück Brot vor die Füße.

      Sie sind doch hier aufgewachsen, oder? Und dann so eine Haltung? Ich verstehe das nicht.



      Ich schreibe nicht weiter, weil ich sonst ausfallend werde.

  • OMG, es hat sich noch immer NICHTS verbessert.. , Anfang der 90 erhielt ich elternabhängiges geringes Bafög, weil ich 6. Kind von sechs Kindern war und zuvor eine Ausbildung absolvierte. Schon damals zu wenig zum Sterben. Darum jobben, am Flughafen, in der Brauerei, Nachtschicht. Dadurch Verlängerung der Studienzeit und ne Menge Bafög Schulden. Bereue es aber nicht. Dennoch, es ist eine Schande, nach über 30 Jahren derselbe Sch....!

    • @000:

      Sie hätten Ihren Vater, nach Absprache, verklagen können. Da er schon eine Ausbildung ermöglicht hätte, hätte Ihnen der volle Bafög- Satz zugestanden. In den 70er-80er Jahren war das gängige Praxis. Mit Ferienarbeit und 4 Nachdiensten gab es weder Hunger noch Mangel. Allerdings waren die Parkplätze vor den Unis leer und Telefon und Kühlschrank hatte auch keiner.

    • @000:

      Stimme Ihnen voll zu. Mir ging`s genauso!



      Entscheiden tun aber diejenigen, die fest im Sattel sitzen.