Geiselübergabe in Gaza: Gruseliges Spektakel
Bei der Übergabe der toten Geiseln zeigt die Hamas einmal mehr ihr wahres Gesicht. Eine friedliche Koexistenz mit den Terroristen ist illusorisch.

D ie Fläche der Bühne, auf der die Hamas und andere militante Palästinensergruppen am Donnerstag vier Särge präsentieren, wird bis zum letzten Zentimeter für Propaganda genutzt. Vorne an der Bühne sind Raketenattrappen montiert, darauf steht „Sie wurden von US-Bomben getötet“. Davor ein Banner mit einem Bild getöteter israelischer Soldaten und der Aufschrift „Die Al-Aqsa Flut (die Anschläge vom 7. Oktober 2023, Anm. d. Red.) war unser Versprechen“.
Links neben der Bühne ein Banner mit der Überschrift „Zionistischer Nazismus in Zahlen“, hinten der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu als Vampir, rechts ein weiteres Banner, mit der Aufschrift „Die Rückkehr des Krieges = die Rückkehr eurer Gefangenen in Särgen“. In den Särgen liegen ein Säugling und ein Kleinkind. Auch die getötete Mutter der beiden Kinder sollte übergeben werden, doch später stellt sich heraus, dass es sich bei der Leiche nicht um die vermisste Schiri Bibas handelt. Allesamt waren sie unschuldig, im wahrsten Sinne des Wortes.
Die vierte Leiche ist die von Oded Lifshitz, der zur Zeit der Entführung 83 Jahre alt war und stets an Frieden mit den Palästinensern glaubte. Allein das zu wissen reicht, um mit Antipathie, Wut oder auch Hass auf die vermummten Kämpfer zu blicken. Die Hamas denkt, dass die Inszenierung ihrer Sache dient. Das Gegenteil ist der Fall. Die Hamas und die anderen Milizen machen nicht nur deutlich, was sie von den Geiseln und den Israelis auf der anderen Seite des Grenzzauns halten: Nazis, zu Recht ermordet.
Sie machen auch deutlich, dass sie weiterhin bereit sind, Leid und Tod über ihr eigenes Volk im Gazastreifen zu bringen. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende sagte der Premierminister der Palästinensischen Autonomiebehörde, Muhammad Mustafa, in ungewöhnlicher Deutlichkeit: „Die Hamas sollte nicht an der Macht sein, Punkt“. Und: „Sie hätte niemals den Gazastreifen übernehmen dürfen“.
Stärkung für die Autonomiebehörde
Was er so klar sagt, muss Realität werden. Die Palästinenser selbst müssen endlich die Kräfte aus ihrer Mitte, die ihrer gerechten Sache – einem eigenen Staat in friedlicher Koexistenz mit Israel – im Weg stehen, entfernen. Sie müssen dabei endlich selbst konsequent vorgehen. Wer das auch möchte, muss ihr diesen Raum geben: So geht etwa die Ankündigung des US-Präsidenten Donald Trump Gelder für den Sicherheitsapparat der Autonomiebehörde zu streichen, in die völlig falsche Richtung.
Aber auch die Hamas und ihre Verbündeten – der NATO-Staat Türkei und der westliche Partner Katar – müssen endlich konsequent unter Druck gesetzt werden. Was die Alternative ist, erläutern sowohl Netanjahu in seinen Reden, als auch die Hamas auf ihrem Banner: Krieg – und noch mehr Särge, die nach Israel zurückgebracht werden.
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