Geheimdienstpersonalie „Corelli“: Tod unter geheimen Umständen
Die Bundesregierung schweigt zum Tod des langjährigen rechten V-Mannes „Corelli“. Eine Daten-CD wirft nun neue Fragen auf.
BERLIN/KARLSRUHE taz | Offiziell bestätigt ist bisher fast nichts. Weder der überraschende Tod des langjährigen V-Mannes Thomas R., Deckname „Corelli“, vor gut drei Wochen, noch die angeblich unerkannte Diabetes-Erkrankung, die den früheren Neonazi mit knapp 40 Jahren das Leben gekostet haben soll. Kenner der rechtsextremen Szene hatten dem ehemaligen Verfassungsschutz-Zuträger Thomas R. zugetraut, als Zeuge erhellende Fakten zum NSU-Skandal beizusteuern. Nun werfen stattdessen die unklaren Umstände seines Todes neue Fragen auf.
Doch selbst zu einfachsten Nachfragen schweigt das Bundesinnenministerium. Trifft es wirklich zu, dass Thomas R. Ende März tot aufgefunden wurde, wie der Spiegel Mitte April mit Berufung auf das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags meldete? Wo starb er? Wer fand die Leiche? Seit wann ist dem Bundesinnenministerium dieser Todesfall bekannt? Gibt es einen Obduktionsbericht – welche Todesursache wird darin genannt? War Thomas R. zum Zeitpunkt seines Todes tatsächlich in einem Zeugenschutzprogramm? Das Ministerium teilte auf taz-Anfrage dazu lediglich mit, die Regierung äußere sich „zu Inhalten der Tätigkeit der Nachrichtendienste und deren Arbeitsweise […] grundsätzlich nicht öffentlich, sondern nur gegenüber den zuständigen zur Geheimhaltung verpflichteten Gremien“.
Dabei könnten einige Fakten zu der Geheimdienstpersonalie helfen, die bereits sprießenden Verschwörungstheorien einzuhegen, ohne dass brisante Staatsgeheimnisse ans Licht kämen.
Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe immerhin bestätigte am Sonntag, ihr liege seit Anfang März eine CD vor, über die der Spiegel und zuvor bereits das neurechte Internet-Magazin eigentümlich frei (ef) berichtet hatten. Die CD mit insgesamt angeblich rund 15.000 Datensätzen – erstaunlicher Titel „NSU/NSDAP“ – soll dem Spiegel zufolge spätestens 2006 fertiggestellt worden sein. Einige Dateien seien dem damaligen V-Mann „Corelli“ zuzuordnen.
Die Bundesanwaltschaft habe nach dem Erhalt dieser CD umgehend das Bundeskriminalamt mit der inhaltlichen Auswertung beauftragt, bestätigte eine Sprecherin auf Anfrage der taz. Sie versicherte aber, abgesehen von dem Namenskürzel NSU habe die vorläufige Auswertung des Datenträgers „keinerlei inhaltliche Bezüge zum ’NSU‘-Verfahrenskomplex des Generalbundesanwalts ergeben“. Wie die Ermittler zu diesem Ergebnis kamen, ließ sie offen.
Nach Informationen des Spiegel hatten Behördenvertreter den ehemaligen Spitzel zu dieser bemerkenswert beschrifteten CD befragen wollen – fanden ihn aber tot vor.
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