Gegenangriffe zu Cyberattacken: Innenminister will zurückhacken
Eine mögliche Jamaika-Koalition will die Cyberabwehr zentralisieren. Innenminister de Maizière möchte auch Gegenangriffe starten können.
In ihren Sondierungen haben sich Union, Grüne und FDP bereits auf eine „bundesweit einheitliche Abwehr von Gefahren und Angriffen aus dem Cyberraum“ verständigt. Die digitale Sicherheit sei von „herausragender Bedeutung“, heißt es in einem Einigungspapier. Auch soll das BSI mehr Stellen erhalten.
De Maizière will aber noch mehr: Er plädiert auch für Gegenangriffe bei großen Cyberattacken, sogenannte Hack Backs. Ein allgemeiner Präventivschlag sei „unverhältnismäßig“, so der Minister. Stehe ein Angriff aber unmittelbar bevor, müsse dieser „vor Ort“ beendet werden. Das könne auch das Lahmlegen von feindlichen Servern bedeuten. Diese Fähigkeit sei für ein großes Land wie Deutschland geboten.
Schon im Frühjahr hatte die Bundesregierung Pläne für „Hack Backs“ gefasst, etwa für den Fall von Angriffen auf Stromanbieter oder den Bundestag. Die Sicherheitsbehörden fordern diese Möglichkeit schon länger. Das Vorhaben ist indes heikel. Oft werden für solche Attacken zivile Server gekapert, bei Gegenangriffen wären Kollateralschäden kaum auszuschließen. Auch ist unklar, wer das Zurückhacken ausführen soll. Das BSI? Die Bundeswehr? Die Geheimdienste?
De Maizière räumte ein, dass in diesem Punkt noch keine Einigung mit Grünen und FDP erfolgt sei. Auch eine rechtliche Prüfung der Regierung laufe noch. Der CDU-Mann aber mahnte: „Ich hoffe nicht, dass wir eine Entscheidung erst fällen, wenn ein Angriff erfolgt ist.“
600 Millionen Schadprogramme
BSI-Chef Arne Schönbohm warnte am Mittwoch vor einer weiter hohen Gefährdungslage der IT-Sicherheit. Inzwischen seien mehr als 600 Millionen Schadprogramme bekannt. Täglich kämen 280.000 Varianten hinzu, heißt es im BSI-Lagebericht. So wurden vor einem Jahr Router der Telekom lahmgelegt, eine Million Kunden konnten zeitweise nicht ins Internet. Im Frühjahr hatte dann die Ransomware-Attacke „Wannacry“ auch in Deutschland etliche Computer, darunter auch Rechner der Deutschen Bahn, verschlüsselt und für die Wiederfreigabe ein Lösegeld verlangt.
De Maizière appellierte an die Hersteller von Geräten, IT-Sicherheit früher zu berücksichtigen. Viel werde dort in Innovationen investiert, IT-Sicherheit aber stehe an letzter Stelle. Auch bei den Nutzern habe „Bequemlichkeit zu oft Vorrang vor der Sicherheit“. „Das Bewusstsein für IT-Sicherheit ist noch nicht auf dem Niveau, das wir uns wünschen.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator