Gegen Antisemitismus bei Islamkonferenz: Faeser fordert Aufschrei

Die Innenministerin will von Islam-Verbänden Klarheit gegen Antisemitismus. Zugleich wurde bei der Islamkonferenz mehr Muslimfeindlichkeit beklagt.

Zwei Männer und eine Frau im Gespräch in einem Saal

Fachtagung zur Islamkonferenz: Viel Frontalunterricht, wenig Dialog Foto: Bernd Elmenthaler/imago

BERLIN taz | Es reiche nicht, eine Synagoge zu besuchen und sich dort gegen Terror und Antisemitismus auszusprechen, sagte Nancy Faeser (SPD). Man müsse dies auch in den Moscheegemeinden und auf den Social-Media-Kanälen tun, richtete die Bundesinnenministerin an die großen Islam-Verbände. Es gebe zwar bereits Muslime und Moscheegemeinden, die sich gegen Antisemitismus engagierten. Deren Stimmen müssten aber lauter werden, so Faeser.

Faeser sprach am Dienstag zum Auftakt einer Fachtagung im Rahmen der Islamkonferenz, zu der Wissenschaftler, Politiker und Vertreter von islamischen Verbänden ins Bundesinnenministerium geladen waren. Ursprünglich sollte sich die Tagung dem Thema „Muslimfeindlichkeit“ widmen, dazu hatte ein von der Bundesregierung eingesetzter Expertenkreis im Sommer einen ausführlichen Bericht vorgelegt. Unter dem Eindruck der aktuellen Ereignisse wurde die Tagung aber kurzerhand um das Thema Antisemitismus erweitert, bis es am Ende das Programm dominierte.

Auf den Podien am Dienstag sprachen Vertreter der Regierung, von Wissenschaft und Sicherheitsbehörden, während Vertreter muslimischer Gemeinden lediglich im Publikum saßen und lauschten. Es hatte eine gewisse Anmutung von Frontalunterricht. Faeser warnte in ihrer Rede davor, den Kampf gegen Antisemitismus zu missbrauchen, um Hass gegen Muslime zu schüren.

„Wer jetzt Stimmung gegen Muslime macht unter dem Vorwand der Bekämpfung von Antisemitismus, der will uns spalten und nicht einen“, betonte sie. Zugleich müsse man anerkennen, „dass wir ein Problem mit Antisemitismus haben, der auch von Muslimen ausgeht“.

Faeser: Es darf keinen Generalverdacht geben

Mit Blick auf die Razzien gegen das Islamische Zentrum in Hamburg und weitere Einrichtungen in der vergangenen Woche betonte die Innenministerin, der Staat und seine Behörden handelten „nicht gegen eine Religion“, sondern „gegen islamistische Extremisten“. Es dürfe keinen Generalverdacht geben.

Ex-Bundespräsident Christian Wulff kritisierte in seinem Grußwort zur Fachtagung den Chef der türkischen Religionsbehörde Ali Erbas in Ankara, der Israel in einer Predigt als einen „rostigen Dolch“ im Herzen der muslimischen Welt bezeichnet hatte – auf dieses Niveau dürfe man nicht fallen, sagte Wulff. Er begrüßte die Stellungnahme der Türkischen Gemeinde, die den Terror der Hamas klar verurteilt habe. Und er warnte vor einem Anstieg an antisemitischen und antimuslimischen Anfeindungen seit dem 7. Oktober. „Ich selbst bekomme seitdem wieder mehr Hassmails“, berichtete er.

„Ein bisschen lehrmeisterlich“ seien die Grußworte gewesen, sagte die Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus aus Göttingen anschließend auf einem der Podien. Sie wünsche sich mehr Mitgefühl, und dass Menschen mehr zugehört werde. Von einem „Empathie-Gap“ sprach auch ihr Kollege Mathias Rohe, Jurist und Islamwissenschaftler aus Erlangen – das würden nicht nur viele Muslime, sondern auch viele Jüdinnen und Juden so empfinden.

Eine Mitarbeiterin der Türkischen Gemeinde, die sich aus dem Publikum zu Wort meldete, gab außerdem zu bedenken, dass ihnen die frühe und klare Positionierung nichts genützt habe: Ihr Verband wäre trotzdem zum Ziel antimuslimischer Anfeindungen geworden. „Terror ist Terror und darf nicht gerechtfertigt werden“, sagte Burhan Kesici, Vorsitzender des Islamrats, am Rande der Tagung zur taz. Sein Verband habe sich dazu klar geäußert. Man könne aber auch nicht so tun, als habe der Nahost-Konflikt erst am 7. Oktober begonnen. Er habe den Eindruck, das werde nicht so gerne gehört.

Ditib: Moscheegemeinden sensibilisiert

Noch schärfer kommentierte Eyüp Kalyon, der Generalsekretär des Ditib-Bundesverbands, Faesers Forderungen gegenüber der taz: Sein Verband habe Terror und Antisemitismus klar verurteilt – aus eigenem Antrieb, „weil es unseren Glaubens­prinzipien entspricht“. Auch zum Existenzrecht Israels habe man sich „unmissverständlich deutlich geäußert“ und die eigenen Moscheegemeinden „diesbezüglich sensibilisiert“. Durch die ständigen Appelle deutscher Politiker würden aber nicht nur die Verbände, sondern alle Muslime „als ‚potentiell antisemitisch‘ markiert und diskriminiert, gar dämonisiert“.

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