Gedenkstein im Deutschen Technikmuseum: Eindrückliche Erinnerung
Mit einem 100 Jahre alten Stein begann die Recherche zur Druckerei Paul Pittius. Heute erinnert dieser an die NS-Verfolgung der Gebrüder Gerson.
„Das Druckverfahren basiert darauf, dass sich Fett und Wasser abweisen und die Farbe nur von den Motiven angezogen wird“, erklärt Krämer den Besucher*innen des Deutschen Technikmuseums in Kreuzberg, die am Donnerstag zur Einweihung eines Gedenksteins der Steindruckerei Paul Pittius gekommen sind.
2017 hatte das Museum die Steindruckwerkstatt von Dietmar Liebsch mitsamt Druckpresse, Arbeitsmaterial und 100 Lithografiesteinen erworben – darunter sechs Drucksteine der Pittius-Druckerei. Kurz nach der Übergabe begann die „Recherche zur Geschichte der Drucksteine“, berichtet Peter Prölß, der Leiter der Provenienzforschung des Museums.
„Wir haben die Pflicht, unrechtmäßig enteignete Gegenstände den ursprünglichen Eigentümern zurückzugeben“, ergänzt Joachim Breuninger, Vorstandsmitglied der Stiftung Deutsches Technikmuseum. Das gelte auch für die ausgestellten Drucksteine.
Spur der Steine
Die Steine stammen aus einer Anfang des 20. Jahrhunderts von den Brüdern Julius und Martin Gerson erworbenen Fabrik an der Köpenicker Straße in Mitte, in der hochwertige Grußkarten und Glanzbilder hergestellt wurden. Nach der Machtübergabe an die Nazis entschieden sich die Brüder – als Juden, Sozialdemokraten und Pazifisten in besonderer Gefahr –, die „Steindruckerei und Luxuskartenfabrik Paul Pittius“ an zwei langjährige Mitarbeiter*innen abzugeben. Beide wurden im Zweiten Weltkrieg verhaftet, verschleppt und ermordet.
Mitte der 1960er Jahre wurde das Unternehmen in der DDR schließlich aufgelöst und das Gebäude abgerissen. Allerdings konnte der Drucker Dietmar Liebsch einige der Drucksteine und andere Materialien retten und damit seine eigene Werkstatt aufbauen. Liebsch war es auch, der Stefan Krämer das Drucken mit den Pittius-Steinen beigebracht hatte.
Dass sechs der von Liebsch erworbenen Steine zur Pittius-Fabrik gehörten, „konnten wir durch aufgedruckte Werbeslogans erkennen“, sagt Peter Prölß. Anfänglich hätte es jedoch keine Spur zu den rechtmäßigen Erben gegeben. Erst nachdem das Museum den Fund der rund 100 Jahre alten Drucksteine öffentlich gemacht hatte, meldete sich mit Norbert Nicking ein Verwandter der Gersons, so der Forscher.
Erinnerungsprozess endet nicht
Gemeinsam mit Nicking ist es dem Technikmuseum gelungen, weitere Teile der Gerson-Familie ausfindig zu machen und mit der Enkelin von Julius, die heute in New York lebt, Kontakt aufzunehmen. „Miki Marcus' Wunsch war es, die Steine dem Museum zu hinterlassen, um an Julius und Martin zu erinnern“, sagt Prölß. Und: „Dass wir das mit den originalen Steinen machen können, ist eine große Ehre“.
An die Geschichte der Gerson-Brüder und die Steindruckerei Pittius erinnert heute ein bedruckter Stein in der Dauerausstellung Drucktechnik auf der zweiten Etage des Museums. Da die Fläche auf dem Druckstein nicht ausreicht, um die gesamte Historie abzubilden, hat das Museum nun zusätzlich die virtuelle Ausstellung „Drucksteine erzählen. Die Geschichte der Brüder Gerson und ihrer Steindruckerei Paul Pittius“ in der Deutschen Digitalen Bibliothek gestartet.
Neben den Steinen und der Online-Ausstellung soll am ehemaligen Fabrikstandort in der Köpenicker Straße 110 gegenüber des Clubs Tresor eine Gedenktafel zur Erinnerung aufgestellt werden. „Der Prozess der Aufarbeitung geht weiter“, sagt der Vorsitzende der SPD-Dahlem, Burkhard Zimmermann, der sich bereits für die Verlegung eines Stolpersteins für Julius Gerson engagiert hat.
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