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Gebrauchte Kühlschränke in GhanaWeg mit den Stromfressern

Ghana verbietet den Kauf gebrauchter Kühlschränke. Damit will das westafrikanische Land Strom sparen. Elektroschrott wird trotzdem importiert.

Wie viele Tonnen alte Elektrogräte pro Jahr tatsächlich im Hafen von Accra anlanden, lässt sich nur schwer schätzen. Bild: dpa

COTONOU taz | Bisher ist es ein typisches Bild in den Geschäftsvierteln Accras gewesen: Auf den Bürgersteigen der ghanaischen Hauptstadt standen unzählige gebrauchte Kühlschränke und Gefriertruhen in der prallen Sonne und warteten für wenig Geld auf neue Besitzer. Seit Jahresbeginn soll damit Schluss sein.

Ein neues Gesetz verbietet den Verkauf von gebrauchten Kühlschränken, Gefriertruhen und Klimaanlagen in Westafrikas boomendem Wirtschaftsland. Ziel soll es sein, so betont die ghanaische Energiekommission, den Stromkonsum zu reduzieren und ein wenig für den Umweltschutz zu tun. Die Altgeräte enthalten schließlich für die Ozonschicht schädliches FCKW.

FCKW und Stromfresser hin oder her: Die Händlervereinigung für gebrauchte Kühlschränke will das neue Gesetz nicht so hinnehmen und verlangt eine Fristverlängerung. Dabei hätten sich die Händler bereits seit 2008 – damals wurde das Gesetz erlassen – auf die Umstellung vorbereiten können.

Laut Alfred Ofosu Ahenkorah, Generalsekretär der ghanaischen Energiekommission, hätten sie genügend Zeit erhalten, um ihre alten Geräte zu verkaufen und sich auf andere Waren zu spezialisieren. Doch die Händler befürchten nun: Mit dem neuen Verbot könnten tausende Menschen arbeitslos werden.

Genügend gebrauchte Gerätschaften

Dabei dürfte es in Ghana auch ohne Kühlschränke weiterhin genügend gebrauchte Gerätschaften geben. Jährlich wird tonnenweise Elektroschrott an die westafrikanische Küste gebracht. Hauptlieferant ist Europa. Doch auch die USA und Australien verschiffen die gebrauchten Geräte gerne nach Afrika. Neben Kühlschränken und Gefriertruhen sind es häufig Fernseher, Computer und Stereoanlagen.

Wie viele Tonnen pro Jahr tatsächlich im Hafen von Accra anlanden, lässt sich nur schwer schätzen. In den vergangenen zehn Jahren, so vermutet der Umweltaktivist und Journalist Mike Anane, habe die Menge eher zu- als abgenommen. Schärfere Verordnungen – bisher stammten diese hauptsächlich aus Europa – würden kaum dagegen helfen, auch nicht die neueste EU-Regelung, nach der bis zum Jahr 2016 45 Prozent aller Elektrogeräte recycelt werden sollen. Bis 2019 soll die Quote sogar bei 65 Prozent liegen.

„Eine positive Auswirkung davon haben wir bisher nicht gesehen. Eher das Gegenteil ist der Fall“, sagt Anane, der seit zehn Jahren die Entwicklung des Elektromülls in seiner Heimat dokumentiert und regelmäßig dagegen protestiert.

Seine Befürchtung geht sogar dahin, dass die nach Ghana gebrachten Mengen weiter ansteigen. „Ghanas Wirtschaft brummt“, sagt Anane. Vor allem seit der Ölförderung, die im Dezember 2010 begann, erlebt das Land einen Boom. Seit zwei Jahren gehört Ghana nicht mehr zur Gruppe der weltweit ärmsten Länder. Außerdem ist Ghana einer der wenigen politisch stabilen Staaten in Westafrika. Laut Anane werden deshalb immer mehr Güter ins Land gebracht.

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8 Kommentare

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  • M
    Michael

    Elektroschrott ist weiterhin definitionsgemäß elektrischer Schrott. Ein Kühlgerät, das funktioniert, selbst mit FCKW, ist aber kein Schrott. Was also hat die Diskussion des Themas "Elektroschrott" mit den "Stromfressern" im Titel zu tun? Schrott verbraucht keinen Strom, sondern oxidiert vor sich hin, gerne auch in der Sonne.

     

    Und dann "brummt" auch noch Ghanas Wirtschaft: "Seit zwei Jahren gehört Ghana nicht mehr zur Gruppe der weltweit ärmsten Länder.". Aha... der 2 ärmsten Länder? Der 90 ärmsten Länder? Auch werden "Güter ins Land gebracht". Aha, skandalös... Güter, nämlich funktionierende Kühlgeräte, oder Elektroschrott?

     

    Ach, wäre doch Ghana arm geblieben, dann würden diese bösen Afrikaner jetzt keine Kühlgeräte brauchen (Ironie) und weiter malerisch in der Sonne sitzen... neben ihren tonnenweise Elektroschrott-Kühlgeräten... damit es der Umwelt gut geht und die Lebensmittel weiter vor sich faulen können...

  • M
    Michael

    Na, das ist jetzt aber mal ein substantieller Artikel mit hohem technischem und journalistischem Sachverstand (Ironie). Da standen doch tatsächlich "unzählige gebrauchte Kühlschränke und Gefriertruhen in der prallen Sonne".

     

    Das klingt ja schon mal nach gruselig: Sonne und Gefriertruhen! Ein Widerspruch im inneren Umweltbewusstseinsgewissen!! Stromfresserei im Quadrat!!!

     

    Und da verbietet jetzt ein Gesetz deren Verkauf, da der Stromkonsum reduziert werden soll, weil die FCKW enthalten. Da frage ich mich jetzt aber, was diese Ausführungen illustrieren sollen: wie ist der Stromverbrauch mit dem FCKW assoziiert? FCKW ist ein Kältemittel, dessen Umweltschädlichkeit dann entsteht, wenn es in die Stratosphäre gelangt, weil es die Ozonschicht zerstört. Was hat das erstens mit dem Stromverbrauch zu tun?

     

    Und warum wird durch den Verkauf die Ozonschicht geschädigt? Wird die Umwelt nicht vllt vor allem dadurch geschädigt, weil immer mehr neue Kühlgeräte produziert werden und alte einfach fortgeworfen? Und dann wird auch noch, tatsächlich!, jährlich "tonnenweise Elektroschrott an die westafrikanische Küste gebracht". Da frage ich mich jetzt aber, wie viele Tonnen das denn so sein könnten... 2 Tonnen? Das wären dann ja gut und gerne 50 Kühlgeräte!!! Oder sogar 5? Weil, "wieviele Tonen pro Jahr tatsächlich im Hafen von Accra anlanden, lässt sich nur schwer schätzen". Aus diesem Grunde wird erst überhaupt keine Zahl genannt. Es bleibt also dem Leser überlassen, für sich eine Schätzung aufzustellen.

  • JM
    J. Murat

    Bevor hier die große Rassismus-, Globalisierungs- und Umweltschutz Diskussion ausbricht:

    Der Staat Ghana braucht seinen Strom für die Aluminiumwerke.

    Da sind Haushaltsgeräte egal welcher Qualität nur lästige Verbraucher.

  • D
    dondolo006

    Na ja - ich denke, man muss das doch um Einiges differenzierter sehen: Die meisten Ghanaer sind noch weit, weit davon entfernt, sich die deutschen/europäischen Supa-Dupa- Geräte leisten zu können. Insofern ist das erstmal ein Fortschritt. Würde man ihnen Neugeräte zu vernünftigen Preisen verkaufen, wären sie sicherlich glücklicher damit. Aber das wird noch einige Jahre dauern.

    Ich hatte vor einigen Jahren in Südostasien eine ähnliche Diskussion: Dort laufen massenhaft alte Mercedes als Taxis (wie in Afrika auch). Im Gegensatz zu den heutigen "umweltfreundlichen" Autos haben sie aber den Vorteil, dass sie noch repariert werden können. Das ist in diesen Ländern wichtiger als der neueste HiTech-Schrott!

  • R
    r.kant

    Und wenn man hier einem Ghanaer seine Altgeräte nicht verkaufen will gilt man als Rassist...

  • TL
    Tim Leuther

    Es geht wohl eher darum das sich die Ganaher weniger Elektrogeräte kaufen, als gas Sie sich gebrauchte kaufen.

  • Q
    quer-ulantin

    Am Besten man schafft alle Kühlschränke ab - dann wird noch mehr Strom gespart!

    Nee im Ernst: auch wenn die Wirtschaft in Ghana boomt, ist es der Wirtschaft noch nicht genug - sie will mehr BOOM!

    Erinnert an das Glühbirnenverbot :-(

  • M
    magy

    Nicht nur Ghana sondern ganz Afrika ist der Schrottplatz Europas.

     

    Liegt aber laut Fernsehberichten auch daran, das es genügend Einheimische gibt, die damit ein gutes Geschäft machen. Die eigenen Landsleute kaufen in Europa den Schrott auf und drüben wird Gewinn bringend verkauft Was dann mit dem Schrott passiert, interessiert dann keinen mehr, auch die Einheimischen nicht. Die Kinder die an solchen Schrottplätzen arbeiten (da es drüben keine Firmen gibt die so was erledigen könnten( verbrennen die Müllberge. Es wird nicht nur die Umwelt damit vergiftet, sondern auch die Kinder die dort arbeiten. Der einzige Gewinn der für die Kinder des Giftmülls dabei rum kommt, für das Kupfer aus den Drähten springen ein paar Cent raus, um ihre Familien damit zu unterstützen.

     

    Es kämen in ganz Afrika sogar reichlich Fernseher od. Computer usw. an, wo das Kabel sogar abgeschnitten wurde, was zeigt das ist Schrott. Aber in Teilen Europas (auch Deutschl.) will man sich die Kosten der Verschrottung sparen so gelangen solche Geräte auch nach Afrika.

     

    Der zweite Punkt ist, das es, so Fernsehdokumenta-tionen, viel zu wenig Zollbeamte gibt, welche die Kontainer richtig kontrollieren können. Wer Elektroschrott nach Afrika schickt soll hart, richtig hart bestraft werden. Auch die Firmen, die nicht dafür sorgen, das Schrott in den div. europ. Ländern verschrottet werden, wie auch die Händler, die diesen Schrott aufkaufen und nach Afrika schicken.