Sommerwetter: Smog ade – doch kein prima Klima
Die Ozonbelastung ist trotz Hitzewetter in Deutschland nicht mehr so bedrohlich. Doch insgesamt bleibt das Gas ein Problem.
BERLIN taz | Das warme und sonnige Sommerwetter hat in diesem Jahr die Ozonbelastung in mehreren europäischen Städten ansteigen lassen. Darauf weist jetzt die Europäische Umweltagentur hin – und warnt vor gesundheitlichen Gefahren, vor allem für Kinder, Senioren und Menschen mit Atemwegserkrankungen.
Gleichwohl sind, insbesondere in Deutschland, die Ozonwerte zuletzt deutlich weniger gestiegen, als dies noch vor einigen Jahren bei ähnlichen Wetterlagen der Fall war. Es geht um die Belastung in Bodennähe, zu unterscheiden von der Ozonschicht am Himmel, die das Leben auf der Erde vor Sonneneinstrahlung schützt.
Europaweit stieg im Juli laut Umweltagentur die Zahl der Schwellenwertüberschreitungen gegenüber dem Vorjahr. Bei jeder vierten Messstelle in der EU gab es Alarm. Ab einer bestimmten Konzentration in Bodennähe alarmieren die Behörden, weil Ozonsmog gesundheitsschädlich ist.
In der ersten Julihälfte waren die Belastungen vor allem in Norditalien, Spanien und Südfrankreich hoch, in der zweiten Hälfte des Monats wurden auch im Norden Europas hohe Konzentrationen gemessen, so in Paris, in den Niederlanden, Belgien und im Westen Deutschlands. „Europa muss hart daran arbeiten, die Emissionen von Ozonvorläuferschadstoffen zu reduzieren, um die Gesundheit der Menschen zu schützen“, fordert Paul McAleavey, Emmissonsexperte der Umweltbehörde.
Ozon besteht aus drei Sauerstoffatomen. Es ist ein farbloses, giftiges Gas, das Menschen, Pflanzen und Materialien schädigen kann und zur Erderwärmung beiträgt. Es entsteht bei starker Sonneneinstrahlung durch photochemische Reaktionen aus Vorläuferschadstoffen – vor allem Stickoxiden und flüchtigen organischen Verbindungen. Quellen dieser Vorläuferschadstoffe sind der Verkehr und die Industrie.
Wetterabhängige Ozonkonzentration
Flüchtige organische Verbindungen werden bei der Verwendung von Lösungsmitteln freigesetzt, die in Farben, Klebstoffen oder Reinigungsmitteln zu finden sind. Wie viel Ozon in der Luft ist, hängt dabei auch vom Wetter ab: Ist es wolkig, entsteht trotz Vorgängerschadstoffen kaum Ozon. Bei Wind werden die Schadstoffe weit verteilt.
In Deutschland gab es in diesem Jahr bislang nur an wenigen Tagen Ozonalarm. Dies zeigt ein Blick auf Auswertungen des Umweltbundesamtes. Noch vor wenigen Jahren waren tagelang sehr hohe Konzentrationen gemessen worden. Dies habe einerseits am Wetter gelegen, erklärt Werner Reh, Verkehrsexperte beim Umweltverband BUND. „Zehn Tage Sonnenschein am Stück gab es noch nicht.“ Andererseits seien Autos und Laster dank moderner Filtertechnik immer sauberer geworden.
„Die Ozonspitzenkonzentrationen haben in den vergangenen Jahren, auch im Sommer 2013, im Vergleich zu früheren Jahren deutlich abgenommen“, freut sich Nikolai Fichtner, Sprecher des Bundesumweltministeriums. „Es gibt keinen Sommersmog mehr.“ Grund hierfür seien unter anderem die Verringerung der Emissionen von Stickstoffoxiden - etwa aus Industrieanlagen, Kraftwerken und dem Straßenverkehr – und flüchtigen Kohlenwasserstoffen. So habe bei Kraftfahrzeugen die sukzessive Verschärfung der Grenzwerte in Europa zu einer deutlichen Verringerung der Emissionen von Stickstoffoxid und Kohlenwasserstoffen geführt.
Gleichwohl gelte es, die Jahresmittelkonzentrationen von Ozon künftig weiter zu verringern, sagt Fichtner. Im Verkehrsbereich steht für ihn dabei die Einführung der neuen EU-Abgasnormen im Vordergrund: Für Pkws gilt ab 1. September 2015 verpflichtend „Euro 6“, für Lkws bereits ab kommendem Jahr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“