Gaza-Proteste an Universitäten: Polizei beendet HU-Besetzung
Auf Anweisung des Berliner Senats hat die Polizei die Humboldt-Uni geräumt. Die Uni-Präsidentin verteidigt den Dialog mit pro-palästinensischen Gruppen.
Propalästinensische Aktivisten hatten am Mittwoch Räume der Humboldt-Universität aus Protest gegen Israel und zur Unterstützung der Palästinenser besetzt. Die Gruppe namens Student Coalition Berlin forderte von Berliner Hochschulen unter anderem, dass diese sich für einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand im Gaza-Krieg einsetzen und Druck auf die deutsche Regierung ausüben. Diese solle ein Waffenembargo gegen Israel verhängen und alle militärischen, finanziellen und diplomatischen Hilfen an Israel beenden.
Die Universitätsleitung duldete die Besetzung zunächst und setzte auf einen Dialog von Besetzern und Wissenschaftlern. Am Donnerstagabend dann räumte die Polizei auf Anweisung des Senats das besetzte Gebäude. Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) habe die Anweisung in Übereinstimmung mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) gegeben, sagte die Universitäts-Präsidentin Julia von Blumenthal. Berlins CDU-Bürgermeister dankte der Polizei am Abend auf der Plattform X für ihren Einsatz.
Uni-Präsidentin bedauert Entscheidung
Ein Teil der Aktivisten verließ die Räume freiwillig, ein weiterer Teil wurde von der Polizei hinausgeführt. 150 propalästinensische Aktivisten seien aus dem Gebäude geführt worden, hieß es am Abend von der Polizei, über Verletzte sei nichts bekannt.
Universitäts-Präsidentin Julia von Blumenthal äußerte angesichts der Räumung ihr Bedauern darüber, dass keine Verständigung erreicht worden sei. Den Versuch des Dialogs sah sie am Abend zumindest nicht als gescheitert an: „Ich bin nicht sicher, ob es gelungen wäre, aber ich hatte den Eindruck, dass wir einen guten Schritt gemacht haben mit diesem Dialog“, sagte sie. Ihr gehe es darum, das Leid aller Betroffenen zu sehen.
Zu Beginn der Räumung sagte sie, ihr sei es wichtig, in diesem Moment dabeizusein. Sie wolle den Studierenden zeigen, dass sie auch ihre Präsidentin sei, auch wenn sie viele der politischen Forderungen nicht teile und die Sachbeschädigung im Gebäude verurteile „und alles verurteile, was insbesondere bei unseren jüdischen Studierenden, aber auch bei anderen Mitarbeitenden und Studierenden des Instituts für Sozialwissenschaften als Bedrohung empfunden wurde“.
Justizminister kritisiert „Geschrei“
Bundesjustizminister Buschmann sagte zu den Protesten: „Es darf keine Bedrohung, keine Beleidigung, keine Billigung von Straftaten stattfinden.“ Gerade an Universitäten sollte das stärkere Argument zählen – und nicht das lautere Geschrei, sagte er der Funke Mediengruppe. Für das Leid in Gaza trage die islamistische Hamas die Verantwortung. Deutschland habe eine besondere Verantwortung gegenüber Israel.
Selbstverständlich könne sich auf die Meinungsfreiheit auch berufen, wer mit dieser Haltung nicht einverstanden sei. „Die Grenze ist dort erreicht, wo Gewalt ausgeübt oder zu ihr aufgestachelt wird, wo Persönlichkeitsrechte verletzt oder Kennzeichen terroristischer Organisationen verwendet werden“, sagte der Minister.
Der Justizminister verteidigte Polizeieinsätze in diesem Zusammenhang. „Universitäten sind besondere Orte – aber sie stehen nicht außerhalb des Rechts. Demonstrationen auf dem Uni-Campus unterliegen den gleichen Regeln wie andere Demonstrationen auch“, sagte er. „Deshalb ist es natürlich richtig, wenn die Polizei einschreitet, wenn es zu Rechtsverstößen kommt.“
Berliner CDU kritisiert Duldung
Die Berliner CDU hatte die Duldung der Besetzung durch die Uni-Leitung kritisiert. Diese könne zu weiteren Straftaten ermuntern. Die Berliner SPD-Fraktion hatte gefordert, „den strafbaren Handlungen und Sachbeschädigungen ein Ende“ zu bereiten. Auch die Gewerkschaft der Polizei hatte mitgeteilt, Universitäten als Orte des Austauschs und der Diskussion gäben niemandem das Recht, menschenverachtende und antisemitische Parolen zu grölen.
Die Stimmung bei der Räumung war aufgeheizt: Eine Aktivistin schrie auf dem Hof ihre Frustration heraus: „Meine Familie stirbt jeden Tag!“ Aus einer Demonstration in unmittelbarer Nähe waren über Stunden laute Rufe zu hören, etwa der Aufruf zur Gewalt oder die umstrittene Parole „from the river to the sea, palestine shall be free“. Manche meinen, dass sie Israel das Existenzrecht abspreche.
Nach dem Massaker der Hamas mit mehr als 1.200 Toten am 7. Oktober in Israel sind seither im Gaza-Krieg mehr als 35.000 Palästinenser ums Leben gekommen. Die Zahlen stammen von der palästinensischen Gesundheitsbehörde und können nicht unabhängig überprüft werden, gelten unter Experten aber als glaubhaft.
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