Gasumlage und Schuldenbremse: Konfuse Signale der Ampel
Hier eine neue Gassteuer, dort eine Steuersenkung: die Bundesregierung produziert Wirrwarr. Über wachsenden Groll darf sie sich nicht wundern.
D ie Verstaatlichung von Uniper ist die entscheidende Wende in der Debatte um die Energiepreise. Denn die Gründe für die Gasumlage haben sich damit in Luft aufgelöst – auch wenn Finanzminister Christian Lindner das nicht wahrhaben will und Wirtschaftsminister Robert Habeck ein bisschen daran festhält.
Die Umlage sollte Gaslieferanten wie Uniper vor dem Bankrott retten. Dieses Argument hat sich mit der Verstaatlichung erledigt. De facto ist die Gasumlage, die 34 Milliarden Euro bringen soll, und in eineinhalb Woche eingeführt wird, nun eine Zusatzsteuer, mit welcher der Staat seine Verluste finanziert. Das ist verfassungsrechtlich fragwürdig – und politisch konfus. Gleichzeitig senkt die Ampel die Mehrwertsteuer auf Gas von 19 auf 7 Prozent. Hier faktisch eine neue Gassteuer, dort eine Senkung – die Regierung produziert ein Wirrwarr von sich widersprechenden Signalen und halbgaren Instrumenten. Sie darf sich über wachsenden Groll nicht wundern.
In der Krise wäre verlässliche Führung gefragt. Das Krisenmanagement der Ampel hingegen wirkt konfus. Die Regierung setzte auf eine Gasumlage, die einseitig Gaskunden für die Energiepreise zahlen lässt, Geringverdiener extrem belastet und anfangs handwerklich so mies gearbeitet war, dass auch profitable Konzerne davon profitiert hätten. Sogar nach der Uniper-Verstaatlichung ist die Ampel nicht in der Lage, die Gasumlage zu beerdigen und schnell einen Gaspreisdeckel vorzulegen.
Das größte Hindernis für eine rationale, effektive Bekämpfung der Krise sitzt in der Regierung selbst – und zwar in einer Schlüsselposition: im Finanzministerium. Lindner erweckt den Eindruck, alles in Schutt und Asche fallen zu lassen, wenn nur die Schuldenbremse bleibt. Denn ohne Gasumlage muss ja der Staat zahlen – und das darf nicht sein. Vielleicht sind Lindners kryptische Einlassungen die Vorbereitung für seinen Abschied von der Schuldenbremse. 2023. In Trippelschritten und in Zeitlupe. Zeit aber ist ein Luxus, den diese Regierung nicht hat.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ergebnis der Sondierungen
Auf dem Rücken der Schwächsten
Frauen und Krieg
Krieg bleibt männlich
Krieg im Nahen Osten
Definitionsmacht eines Genozids
Schwarz-Rote Finanzen
Grüne in der Zwickmühle
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
Schwarz-rote Sondierungen abgeschlossen
Union und SPD wollen gemeinsam regieren