Gaslieferungen aus Russland: Putins Rubel-Trick mit Schlupfloch

Wie von Moskau angedroht, muss jetzt russisches Gas in Rubel bezahlt werden. Die Umsetzung kommt aber der EU zugute – vorerst.

Ein Gebäude, auf dem das Gazprom-Logo prangt.

Gazprom bekommt jetzt nicht mehr direkt das Geld für sein Gas, sondern über die Gazprombank Foto: Ute Grabowsky/imago

BERLIN taz | Das Gas fließt erst einmal weiter. So viel lässt sich sagen, trotz ständiger Kurswechsel auf russischer und Alarmglockengebimmel auf deutscher Seite. Am Donnerstag kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, ab Freitag müssten alle Unternehmen aus „unfreundlichen Staaten“, die russisches Gas kaufen wollen, Rubel-Konten eröffnen und von dort das Gas bezahlen.

Die Drohung ist nicht neu, aber es gibt nun ein Schlupfloch: Die importierenden Unternehmen können während der voraussichtlich einmonatigen Übergangsfrist ein Konto bei der Gazprombank eröffnen, die zum gleichnamigen russischen Staatskonzern gehört. Wenn sie dort in Euro oder Dollar einzahlen, wie in ihren Verträgen mit Gazprom vorgesehen, tauscht die Bank die Währung in Rubel um. Die Rubel kauft sie an der russischen Börse. An den Zahlungen ändert sich also nichts, der Umtausch findet auf russischer Seite statt.

Dass den Importeuren dieser Umweg erlaubt wurde, ist wohl ein Versuch der Gesichtswahrung Putins. Die G7-Staaten hatten sich geweigert, ihr Gas direkt in Rubel zu bezahlen, weil sie diese bei der Russischen Zentralbank hätten kaufen müssen. Damit würden sie ihre Sanktionen unterlaufen, aber vor allem der Zentralbank die Macht verleihen, den Umtauschkurs festzulegen. Die Gazprombank ist dagegen von den Sanktionen ausgenommen, weil sie die Gaslieferungen mit abwickelt. Ohnehin musste Gazprom 80 Prozent der ­eingehenden Euro- oder Dollar-Zahlungen in Rubel umtauschen. Dass es jetzt 100 Prozent sind, wird sich daher nicht maßgeblich auf die Stabilität des Rubel auswirken.

Unklar bleibt, wie die Gebühren der Kontoeröffnung und -führung und der genaue Wechselkurs ausgestaltet sind. Die Ökonomin Hella Engerer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung hält es für eher unwahrscheinlich, dass die russische Zentralbank der Gazprombank den Wechselkurs vorschreibt. Denn genau das war ja der Streitpunkt, der nun dem Vernehmen nach – sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch der italienische Ministerpräsident Mario Draghi hatten von einer Einigung berichtet – ausgeräumt ist.

Wirtschaftsministerium denkt über Enteignungen nach

Während der sich ständig ändernden Bedingungen für den Gaseinkauf arbeitet das Bundeswirtschaftsministerium an Plänen, ob und wie eine Enteignung deutscher Tochterfirmen russischer Energiekonzerne umzusetzen ist. Das berichten Handelsblatt und Bloomberg unter Berufung auf Insiderkreise. Die Gazprom-Tochter Wingas hat Bloomberg zufolge Probleme, neue Verträge zu schließen. Außerdem schieben einige Banken Überweisungen an das Unternehmen auf. Im Falle einer Zahlungs­unfähigkeit will das Ministerium sicherstellen, dass die Versorgung gesichert ist: Wingas beliefert 20 Prozent des deutschen Gasmarkts.

Ökonomin Engerer weist darauf hin, dass Gazprom und Rosneft aufgrund ihrer großen Marktmacht die Möglichkeit hätten, den Energiemarkt noch weiter zu destabilisieren. Darauf bereite sich die Bundesregierung nun vor.

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