Game of Thrones 8. Staffel Zwischenfazit: Niemand kann den Tod besiegen
Bei Game of Thrones treten alle Held_innen gegen den Endboss an: eine epische, mitunter langweilige Schlacht der Lebenden gegen die Toten.
Staffelmitte, Zwischenfazit. Erfüllt die letzte Staffel von Game of Thrones die (geschrumpften, aber dennoch hohen) Erwartungen? Tatsächlich: Weitestgehend ja. Auf zwei eher vorbereitende Episoden folgt eine epische Schlacht: Der Nachtkönig mit seiner Untoten-Armee gegen die vereinigten Armeen fast aller Menschen in Winterfell. SPOILERWARNUNG – wer die Folge noch nicht gesehen hat und nicht verraten haben möchte, wie sie ausgehen wird, sollte jetzt nicht weiterlesen.
Natürlich erreicht Game of Thrones nicht mehr die Finesse der ersten Staffeln, schon mit der vorangegangen siebten Staffel gab es keine Buchvorlage mehr und alles steuerte deutlich auf den TV-tauglichen Klimax von Gut gegen Böse hin. Entsprechend plätscherten auch die ersten beiden Folgen der achten Staffel vor sich hin und bereiteten die epische End-Schlacht vor.
Diese Folgen „Ach, du auch hier auf Winterfell?“ und „Was ich Dir vor der großen Schlacht noch sagen wollte“ könnte man als kunstvolle Zusammenführung der Geschichten und der Protagonist_innen der vorangegangenen sieben Staffeln lesen. Aber leider ist wieder so viel gewollt und zurechtgebogen. Wie schafft es etwa Theon Greyjoy, innerhalb kürzester Zeit das Schiff mit seiner gefangengehaltenen Schwester ausfindig zu machen, sie zu befreien und dann schnell in Winterfell aufzutauchen?
Egal. Es geht hier nicht um Storyline-Details, sondern um den Kampf von Gut gegen Böse, den Kampf gegen den Tod. Naja.
Die Frauen prägen den Kampf
„Wir kämpfen gegen den Tod! Den kann ich nicht besiegen!“ schreit Sandor „The Hound“ Clegane verzweifelt zur Mitte der Folge im Schlachtgetümmel. Korrekt wäre gewesen: „Niemand kann den Tod besiegen.“ Und es ist das Glück der Lebenden, dass sie einen Niemand in ihren Reihen haben.
Arya Stark verschafft sich zwar nicht das Gesicht eines der Untoten, um am Ende die Schlacht zu entscheiden, wie zuvor spekuliert worden war. Doch es ist charmant, dass ausgerechnet sie mit einem Trick den Nachtkönig zur Strecke bringt, und nicht etwa Danaerys und Jon mit ihren Drachen. Immerhin hier bricht Game of Thrones mit den Traditionen des Genres (ein Hauch von Fantasy-Matriarchat) – ein Tod des Nachtkönigs durch das Schwert von Jon Snow, nachdem dieser durch Horden an Untoten gestapft war, um zu vollenden, was Danys Drache nicht geschafft hat, wäre nur schwer zu ertragen gewesen.
Schlimm genug, dass so viele Protagonist_innen die Schlacht überleben (wer stirbt, wer lebt? Hier eine Liste). Schon zur Mitte der Folge überrennen die Untoten die Burgmauern, Leute wie Ser Jamie, Sam und Ser Brienne stehen buchstäblich mit dem Rücken zur Wand gegen die Zombiemassen, und sie stehen und stehen und stehen bis ENDLICH die Zombies zu Staub/Eis zerfallen. Solch wundersames Überleben mag zwar schön für die Zuschauer sein, aber die selbst gesetzten Standards, eine weitestmöglich realistische Darstellung der Geschehnisse zu bieten, werden (mal wieder) nicht erfüllt.
Hätte dann nicht wenigstens Lyanna Mormont überleben können? Immerhin bleibt uns eine Turtelei von Theon und Sansa erspart, der ausgiebige Blickkontakt zwischen beiden vor der Schlacht (zweite Folge) ließ einen schon Schlimmstes befürchten.
Fast anderthalb Stunden Schlacht – vorspulen, bitte
Die große Herausforderung, die längste Schlacht der Filmgeschichte unterhaltsam zu erzählen, wird auch nicht komplett gemeistert. Wie schwierig das ist, zeigte schon die Schlacht um Helms Klamm im zweiten Teil der „Herr der Ringe“-Trilogie. Sie dauerte 40 Minuten und hatte eine eigene Dramaturgie (gut herausgearbeitet in einem Nerdwriter-Video) mit Momenten von Hoffnung und Verzweiflung, die die Spannung halten sollen (und es auch hier nicht immer vermochten).
Ähnlich versucht es Game of Thrones. Melisandre taucht auf und entzündet die Sicheln der Dothraki (Hoffnung!), deren Fackel-Angriff erlischt in der Ferne (Verzweiflung!). Danaerys und Jon greifen mit Drachen in die Schlacht ein (Hoffnung!), doch sie kommen im Sturm vom Kurs ab (Verzweiflung!). Daenerys' Drache speit Feuer auf den Nachtkönig (Hoffnung!), ihn juckt's nicht (Verzweiflung!), Jon stapft mit gezücktem Schwert los (Hoffnung!), der Nachtkönig erweckt einfach wieder alle Toten zum Leben (Verzweiflung!).
Sogar stille Momente gibt es, als Arya zur Schlachtmitte durch die Burg schleicht und Untoten ausweicht (wie den Velociraptoren bei Jurassic Park) – Szenen von allerdings beschränkter Sinnhaftigkeit mit dem einzigen Ziel, Arya und Lady Melisandre zusammenzuführen und den Zuschauenden in der Mitte der Schlacht ein kurzes Atemholen zu ermöglichen.
Insgesamt sind es tolle Szenen, aufwändig gedreht, was wahrscheinlich eine Kinoleinwand erfordern würde. Bei einem zweiten Gucken der Folge dürfte die Hand allerdings sehr in Richtung Vorspulen zucken.
Und nun: Viva Cersei?
Wenn das der Herr der Ringe wäre, würden jetzt drei Folgen voller Hochzeiten und Lobreden kommen, noch ein Abschlussgeplänkel mit Saruman im Auenland vielleicht (in den Büchern, nicht in den Filmen). Doch es ist Game of Thrones, der Kampf um den Eisernen Thron. Und auf dem sitzt weiterhin Cersei, sie ist nicht Saruman.
Ihre Strategie scheint aufzugehen: Sich aus dem Kampf gegen die Untoten heraushalten, um dann gegen die Reste des Siegers leichtes Spiel zu haben. Sie hat Söldnerunterstützung, wenn auch ohne Elefanten. Dany und Jon haben nur noch einen Drachen (oder doch zwei?), ihre Armeen sind vernichtet. Dass Daario Naharis aus dem Osten auftaucht, erscheint eher unwahrscheinlich. Zudem wird es jetzt Zoff um die Thronfolge geben: Eigentlich steht ja Jon vor Dany. Oder beide gemeinsam? Nicht gut.
Und so ist die Niederlage des Nachtkönigs zur Staffelmitte eine gute Nachricht: Wo die Schlacht von Gut gegen Böse geschlagen ist, kann jetzt das eigentliche Spiel der Throne weitergehen, der Kampf um den Eisernen Thron in Königsmund. Wermutstropfen: Den in Staffel Sieben getöteten Ränkeschmied Littlefinger wird man dabei arg vermissen.
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