GLS-Bank zu AfD-naher Stiftung: „Das passt einfach nicht“
Die GLS Bank hat der AfD-nahen Erasmus-Stiftung nach Protesten das Konto gekündigt. Der Pressesprecher über den Vorfall, die Werte der GLS und das Bankgeheimnis.
taz: Herr Lützel, die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung hat am Freitag bekannt gegeben, dass ihr das Konto bei der GLS Bank gekündigt wurde. Warum haben Sie das gemacht?
Christof Lützel: Zunächst einmal: Vor dem Hintergrund des mit unseren Kunden vereinbarten Bankgeheimnisses kann ich zu einzelnen Kunden keine Auskunft geben. Generell gilt aber: Die GLS Bank steht für eine weltoffene, tolerante und wertebasierte Bankarbeit, die aus unserer Sicht mit den von der AfD offen vertretenen Werten nicht vereinbar ist. Für eine Stiftung, die sich den Werten der AfD verbunden fühlt, möchten wir generell keine Dienstleistungen erbringen und keine Konten führen. Das passt einfach nicht.
Die Stiftung sagt, Sie hätten ihr am Donnerstag gekündigt. Da haben Sie mir gegenüber noch nicht einmal bestätigen wollen, dass es dieses Konto gibt. Wie kommt das?
Das liegt, wie gesagt, an dem Bankgeheimnis. Das ist übrigens etwas sehr Positives. Kein Kunde würde wollen, dass wir leichtfertig mit Kontodaten und Bankdetails umgehen. Das heißt aber auch: Ich darf nicht einmal darüber sprechen, wer ein Konto bei uns hat. Die Stiftung hat nun von sich aus die von uns ausgesprochene Kündigung bekannt gegeben. Ich sehe keine Veranlassung, das zu dementieren.
Sie sagten, die GLS Bank und die AfD passen nicht zusammen. Warum nicht?
Man muss sich ja nur die Bundestagsdebatten der vergangenen Tage anschauen, um die fremdenfeindlichen Äußerungen zu hören, die immer wieder von den Vertretern dieser Partei geäußert werden. Die GLS Bank ist durchaus für Meinungsfreiheit. Unsere gesellschaftspolitischen Meinungen sind aber mit denen der AfD überhaupt nicht vereinbar. Wir begrüßen zum Beispiel die Vielfalt. Als im Jahr 2015 viele Flüchtlinge ankamen, haben wir uns klar positioniert und waren in der Flüchtlingshilfe aktiv.
Die AfD hingegen hat vor allem Ängste geschürt. Aber auch an anderen Stellen passen wir nicht zusammen: Die AfD findet Atomkraft und den Braunkohleabbau gut. Wir haben dagegen seit unserer Gründung auf erneuerbare Energien gesetzt. Auch da passen wir nicht zusammen.
Einige Ihrer KundInnen sagen: „Ist doch super, wenn die Stiftung ihr Geld bei der GLS Bank hat. Dann werden mit ihrem Geld Projekte finanziert, die sie eigentlich ablehnt.“ Was sagen Sie dazu?
In der Theorie stimmt das schon, aber man muss auch immer gucken, wo das Geld herkommt. Das Leben ist voller Widersprüche und wir wägen immer wieder ab, ob Projekte wirklich zu unseren Zielen passen. Das ist in diesem Fall nicht so.
Christof Lützel, Jahrgang 1964, ist seit 19 Jahren Pressesprecher der GLS Bank. Seit 2005 ist er gewählter Mitarbeitervertreter im Aufsichtsrat.
Wenn die GLS Bank und die Erasmus-Stiftung nicht zueinander passen: Warum, glauben Sie, hat die Stiftung ihr Konto ausgerechnet bei Ihnen eröffnet?
Das ist uns auch ein Rätsel!
Wenn es nicht passt: Wie kam es denn dazu, dass dieses Konto überhaupt eröffnet wurde?
Wir eröffnen monatlich etwa 2.000 Konten, die meisten davon werden online eröffnet. Für uns ist nicht immer erkennbar, wofür ein Kunde steht. Auch der Bezug zu einer hinter einer Stiftung stehenden Person ist nicht immer vorab transparent. Wenn sich das ändert, handeln wir natürlich. Wir sind zudem immer dankbar, wenn wir von Kundinnen und Kunden Hinweise bekommen, dass Geschäftsbeziehungen offenbar nicht passen. Wir prüfen das immer und handeln kurzfristig.
Aber die Stiftung gibt es schon seit 2015 und sie wurde schon damals als AfD-Stiftung gegründet. Das findet man bei einer einfachen Internet-Suche heraus.
Ich kann die Kritik nachvollziehen, dass uns das hätte auffallen können. Allerdings ist es im Alltag, wenn hunderte Konten pro Woche eröffnet werden, nicht wirklich möglich, immer alle Hintergründe zu ermitteln. Viel wichtiger ist aber doch, dass unsere vielen Mitglieder und Kunden auf Dinge hinweisen, die nicht zu unserem Wertekanon passen und wir dann handeln.
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